LG Münster will Berufung eines Online Casinos wegen Rückzahlung von Online Casino Verlusten zurückzuweisen

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In einem weiteren von unserer Kanzlei geführten Verfahren hat das Landgericht Münster mit einem Hinweisbeschluss vom 17.08.2022 mitgeteilt, dass es beabsichtige, die Berufung eines Online Casinos gegen ein Urteil des Amtsgerichts Münster, mit welchem ein Online-Glücksspiel Anbieter aus Malta zur Rückzahlung sämtlicher saldierter Verluste des Spielers verurteilt worden ist, zurückzuweisen.

In der Zeit von Mai 2019 bis Oktober 2019 hatte der Kläger in einem Online-Casino eines Anbieters aus Malta unter Berücksichtigung von Gewinnen 4.986,00 € bei Online-Glücksspielen in Form von virtuellen Spielautomaten (sog. "Slots") verloren. Über eine deutsche Konzession verfügte der Online-Glücksspiel-Anbieter in diesem Zeitraum nicht. 

Zunächst erklärte sich das Gericht für international zuständig und deutsches Recht für anwendbar. 

Des Weiteren erkannte das Gericht dem Kläger einen bereicherungsrechtlichen Rückforderungsanspruch zu, da das Veranstalten und Vermitteln von Glücksspielen im Internet nach dem seinerzeit gültigen Glücksspielstaatsvertrag verboten war. Der beklagte Anbieter verfügte über keine deutsche Erlaubnis für das Veranstalten und Vermitteln öffentlicher Glücksspiele. Eine Malta-Lizenz sei ohne Belang. 

Dieses Verbot stehe auch im Einklang mit geltendem Europarecht. Nach der Rechtsprechung des EuGH sei es Sache jedes Mitgliedstaats zu beurteilen, ob es im Zusammenhang mit den genannten legitimen Zielen erforderlich ist, Tätigkeiten im Glücksspielbereich vollständig oder teilweise zu verbieten, oder ob es genügt, sie zu beschränken und zu diesem Zweck mehr oder weniger strenge Kontrollformen vorzusehen. 

Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus dem Umstand, dass nach der Neuregelung des GlüStV 2021 die Möglichkeit der Erlaubnis für bestimmte Online-Glücksspiele besteht. Damit hätten die Länder gerade nicht zum Ausdruck gebracht, dass sie das Totalverbot von Online-Glücksspielen ihrerseits als unzulässig betrachten.

Dem Rückforderungsanspruch könne auch nicht entgegengehalten werden, dass sich der Kläger selbst ggfls. gesetzeswidrig verhalten hätte. 

Zunächst führte die Kammer zutreffend u. a. wie folgt aus:

"Es ist auch zu berücksichtigen, dass die Beklagte selbst sehr ausführlich zur Rechtswidrigkeit des generellen Verbots von Online-Glücksspielen vorgetragen hat. Soweit sie zugleich die Behauptung aufstellt, dem Kläger sei klar gewesen, dass seine Teilnahme am Glücksspiel verboten sein könne und er eine Beteiligung am „unterstellt“ verbotenen Glücksspiel billigend in Kauf genommen habe, wird bereits aus der Formulierung die der Argumentation der Beklagten immanente Widersprüchlichkeit deutlich. (...). 

Aus der Widersprüchlichkeit der Argumentation der Beklagten ergibt sich auch, dass ihr Verweis auf Medienberichterstattung und Fernsehwerbung nicht etwa zu der Annahme führt, der Kläger habe die Verbotswidrigkeit seines Handelns erkannt. Warum der Kläger als rechtlicher Laie ohne weiteres zu einer zutreffenden Einsicht über die Illegalität von Online-Glücksspielen hätte gelangen können, während die Beklagte diese über mehrere Seiten ihrer Schriftsätze in Abrede stellt, erschließt sich der Kammer nicht."

Wörtlich heißt es des Weiteren u. a. wie folgt weiter:

"Darüber hinaus – hierauf stellt die Kammer nur ergänzend ab – kommt die Kondiktionssperre in Fällen wie dem vorliegenden bereits nach dem Schutzzweck der verletzten Norm nicht zur Anwendung. Ein Ausschluss der Rückforderung, wie ihn § 817 S.2 BGB eigentlich vorschreibt, würde die Anbieter von Online-Glücksspielen zum Weitermachen geradezu ermutigen, denn sie könnten die erlangten Gelder – ungeachtet der zum streitgegenständlichen Zeitpunkt herrschenden Illegalität ihres Geschäftsmodells und somit der Nichtigkeit des Vertrages – behalten. Dies entspricht mittlerweile der wohl überwiegenden instanzgerichtlichen Rechtsprechung (...), der sich die Kammer – auch unter Berücksichtigung entgegenstehender Entscheidungen – anschließt. Soweit die Beklagte in diesem Zusammenhang meint, eine teleologische Reduktion der Kondiktionssperre des § 817 S. 2 BGB würde im Gegenteil dazu führen, dass der Anreiz für den Spieler zur Teilnahme am Glücksspiel verstärkt würde, weil geradezu jegliches Verlustrisiko wegfallen würde, so überzeugt dies nicht."

Im Übrigen könne sich der Online-Glücksspiel-Anbieter auch nicht auf eine Entreicherung berufen, denn dieser Einwand scheitere schon an der bestehenden eigenen Kenntnis vom Fehlen des Rechtsgrundes des Anbietens der eigenen Online-Glücksspiele.


Nachdem sich erstinstanzlich inzwischen eine herrschende Meinung gebildet hat, welche Rückzahlungsansprüche von Geschädigten beim illegalen Online-Glücksspiel bejaht, zeichnet sich dies nunmehr auch zweitinstanzlich bei den Berufungsgerichten ab. 

Weitere Informationen zu diesem Thema finden Sie unter: https://www.redell.com/blog

Sollten Sie auch Verluste beim Online-Glücksspiel erlitten haben, melden Sie sich gerne unverbindlich bei uns über rechtsanwalt@redell.com. Ihre Anfrage wird selbstverständlich vertraulich und diskret behandelt.


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