Mehrere Abmahnungen an 1 Tag – wohin geht die Reise?

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Regelmäßig treffe ich folgende Konstellation an: Der Mandant sucht mich auf. Er bringt nicht nur eine Abmahnung zum ersten Beratungsgespräch mit, sondern häufig 2, 3 oder sogar noch mehr Abmahnungen.

Mitunter weist der Sachverhalt die Besonderheit auf, dass sämtliche Abmahnungen am gleichen Tag ausgestellt und übergeben wurden, hingegen verschiedene zeitliche Sachverhalte in der Vergangenheit betreffen. Seltener trifft auch der Fall ein, dass sämtliche Sachverhalte am gleichen Tag stattgefunden haben (sollen).

Man darf dem Arbeitgeber nichts unterstellen. Nichts an vermeintlicher Motivation, die hinter den Abmahnungen steckt, nichts an Verfolgung eines bestimmten Zwecks mit den übergebenen Abmahnungen, häufig unmittelbar vor den Feiertagen, nicht selten kurz vor Weihnachten.

In der anwaltlichen Praxis ist mir noch kein Fall dieser Art begegnet, bei dem der Arbeitgeber nicht das eigentliche Ziel verfolgt hat, das Arbeitsverhältnis zu beenden. 

Unabhängig vom Zustand der Rechtmäßigkeit der einzelnen Abmahnungen stellt sich die Frage, warum überhaupt 3 und mehr Abmahnungen ausgesprochen worden sind, wo doch bereits nach Ausspruch einer Abmahnung nur der Wiederholungsfall der Pflichtverletzung für den grundsätzlich berechtigten Ausspruch der Kündigung gegeben sein muss?

Regelmäßig ist es in diesen Konstellationen so anzutreffen, dass der Arbeitgeber mit der multiplen Abmahnung ein Zeichen senden möchte, dass regelmäßig lautet: „Ich möchte das Arbeitsverhältnis beenden“. Jeder Rechtsstreit gegen die Rechtmäßigkeit dieser Abmahnungen hat in den letzten 12 Jahren in meiner Tätigkeit dazu geführt, dass im Rahmen der gerichtlichen Auseinandersetzung das Arbeitsverhältnis gegen Zahlung einer Abmahnung beendet worden ist.

Aus Interessensicht des Anwalts ist natürlich der maßgebliche Ratschlag derjenige, gegen die Abmahnungen tätig zu werden.

Aus Sicht des Mandanten, der partout am Arbeitsverhältnis festhalten möchte, ist dieser anwaltliche Rat nicht interessengerecht. Da keine Frist zur Ergreifung von Mitteln gegen die Abmahnung gesetzlich gegeben ist, kann der abgemahnte Arbeitnehmer auch völlig problemlos die Abmahnungen zur Kenntnis nehmen und erst zu einem späteren Zeitpunkt deren Rechtswidrigkeit anprangern.

Dennoch sollte fachanwaltlicher Rat eingeholt werden.

Lassen Sie sich dabei aber nicht von den Interessen des Rechtsanwalts lenken bzw. haben sie die Interessen des beratenden Anwalts im Blick. Diese müssen nicht deckungsgleich mit Ihren Interessen sein. 

Gute fachanwaltliche Beratung zeigt sich auch darin, dass der Rechtsanwalt die unterschiedliche Interessenlage offen anspricht und den Mandanten nach seinem verfolgten Rechtsschutzziel befragt, um dann gemeinsam mit dem Mandanten die Stoßrichtung anwaltlichen Vorgehens herauszuarbeiten.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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