Mein Sohn ist in Untersuchungshaft - Teil 2: Tipps für Angehörige

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Wenn sich ein Angehöriger oder Freund in Untersuchungshaft befindet, ist er dringend auf Hilfe von draußen angewiesen. In diesem Beitrag erklärt Rechtsanwalt Dr. Maik Bunzel, was Freunde und Angehörige tun können.

Besuche organisieren

Der Alltag in der JVA ist oft trist und lähmend. Eine wichtige Abwechslung sind hier Besuche. Wie viele Besuche pro Monat erlaubt sind, ist verschieden und hängt auch von den Kapazitäten der JVA ab. Zumeist besteht die Möglichkeit, den Gefangenen drei Mal für jeweils 45 Minuten im Monat zu besuchen. Pro Besuch können mehrere Besucher kommen. Sonderbesuche gibt es für nahe Angehörige. Im Ergebnis kann damit erreicht werden, dass der Inhaftierte wenigstens einmal pro Woche besucht wird.

Um dies realisieren zu können, benötigt jeder Besucher eine Erlaubnis, auch „Sprechschein“ genannt. Diese Erlaubnis gibt es beim Ermittlungsrichter oder Staatsanwalt. Hat der Inhaftierte seinen Strafverteidiger gegenüber den jeweiligen Angehörigen von der anwaltlichen Schweigepflicht entbunden, sollte er die erforderlichen Besuchserlaubnisse beantragen – ein guter Strafverteidiger erreicht hier meist (schneller) mehr als ein unerfahrener Angehöriger. Der Anwalt benötigt die Namen, Anschriften und Geburtsdaten der Personen, die den Betroffenen gemeinsam besuchen wollen (maximal drei Personen pro Besuch) – und zwar so, wie diese Daten auch im Ausweis des jeweiligen Besuchers stehen.

Liegt die Besuchserlaubnis vor, vereinbaren Sie mit der JVA einen Termin für den Besuch. Zu diesem Termin bringen Sie für die Einlasskontrolle Ihren Personalausweis mit. Außerdem empfiehlt es sich, Geld in Münzen dabei zu haben: In den meisten Anstalten können Süßwaren, Kaffee etc. für den Besuch gekauft und gemeinsam mit dem Gefangenen verzehrt werden.

Kleidung in der JVA

In der Untersuchungshaft darf – bis auf vereinzelte Ausnahmen – private Kleidung getragen und private Bettwäsche genutzt werden. Hierfür können Sie dem Betroffenen Wäsche bei einem Besuch mitbringen oder ein Wäschepaket schicken. Für jedes Wäschepaket benötigen Sie eine Wäschepaketmarke, die der Betroffene in der JVA beantragen muss. Sie können aber selbst die Initiative ergreifen, indem Sie bei der JVA anrufen und gezielt danach fragen.

Briefe und Pakete

Postsendungen an Untersuchungsgefangene werden fast immer kontrolliert. Die Zustellung dauert dadurch oft wochenlang. Denkbar ist außerdem, dass ein Brief gar nicht zugestellt wird, sondern als potentielles Beweismittel aufgehalten wird. Sie sollten deshalb in Ihren Briefen auf keinen Fall Themen behandeln, die für die Staatsanwaltschaft von Interesse sein könnten.

Briefmarken können Sie in der Regel mitschicken. Fragen Sie hierzu aber besser telefonisch bei der JVA nach und schreiben Sie im Brief, was Sie mitschicken, damit nichts abhandenkommt.

Achtung: Päckchen und Pakete darf der Inhaftierte nur zu festen Terminen empfangen. Außerdem benötigt er für jede Paketsendung eine Paketmarke, die er in der JVA beantragen und Ihnen übersenden muss. Sprechen Sie die Übersendung von Paketen daher unbedingt mit dem Inhaftierten ab – sonst hat er nichts davon!

Eine Ausnahme gilt allerdings bei Büchern und Zeitschriften: Kommen Pakete mit solchen Inhalten direkt von einem Buchhändler oder einem Verlag, dürfen sie dem Betroffenen zugestellt werden, wenn er vorher eine Genehmigung beantragt hat. Sie können daher Bücher oder Zeitschriften nach Rücksprache mit dem Inhaftierten selbst kaufen und unmittelbar in die JVA senden lassen.

Wohnung

Hat der Inhaftierte eine Mietwohnung, muss zunächst entschieden werden, ob der Mietvertrag gekündigt und die Wohnung aufgelöst werden soll. Entscheidend hierfür ist vor allem, ob eine Haftstrafe sicher absehbar ist. Sonst laufen ggf. hohe Schulden auf, die dem Inhaftierten den Start nach der Entlassung erschweren. Für die Verteidigung – zum Beispiel gegen das Argument einer vermeintlichen Fluchtgefahr – ist eine Wohnung demgegenüber von Vorteil. Beim Träger der Sozialhilfe sollte daher zunächst die Übernahme der Mietzahlungen beantragt werden. Hier kann auch vereinbart werden, dass die Miete unmittelbar an den Vermieter überwiesen wird, damit sie nicht in anderweitigen Kontenpfändungen verschwindet.

Der Antrag beim Träger der Sozialhilfe auf Übernahme der Mieten kann auch dann mit Erfolg gestellt werden, wenn der Betroffene bislang keine Sozialleistungen bezogen hat.

Bezieht der Betroffene also Arbeitslosengeld II („Hartz IV“), informieren Sie schnellstmöglich den Sachbearbeiter des Betroffenen beim Jobcenter über die Haftsituation! Andernfalls kommt es ggf. zu Sperren und hierdurch zu Mietrückständen. Diese Schulden zahlt der Träger der Sozialhilfe nicht.

Der Träger der Sozialhilfe übernimmt die Miete nur für einen begrenzten Zeitraum. Angemessen sind nach der überwiegenden Rechtsprechung der Sozialgerichte sechs Monate. Hat die obligatorische Haftprüfung nach sechs Monaten keinen Erfolg und stellt der Träger der Sozialhilfe seine Mietzahlungen ein, sollte die Miete, wenn möglich, fortan durch mehrere Personen gesichert werden. Sprechen Sie sich hierzu frühzeitig mit Verwandten, Freunden und Bekannten des Betroffenen ab. Kann die Miete so aufgebracht werden, kümmern Sie sich darum, dass sie regelmäßig und pünktlich beim Vermieter bezahlt wird.

Fragen?

Sie haben weitere Fragen zum Thema oder benötigen einen Strafverteidiger für einen Festgenommenen bzw. Untersuchungsgefangenen? Strafverteidiger Dr. Maik Bunzel ist im gesamten Bundesgebiet tätig und kann Ihnen helfen. In geeigneten Fällen übernimmt er die Verteidigung auch als Pflichtverteidiger. Ein Telefonat zur ersten Orientierung ist stets kostenlos. Rufen Sie einfach unter der nebenstehenden Telefonnummer in der Kanzlei an!


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