Mercedes-Abgasskandal: OLG Schleswig-Holstein entscheidet zum Thermofenster

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Mit dem Urteil des OLG Schleswig-Holstein vom 28.08.2020 – 1 U 137/19 positioniert sich das OLG Schleswig dass ein Thermofenster eine unzulässige Abschalteinrichtung sein kann.

  • Abgasskandal bei Mercedes/Daimler

Seit dem Jahre 2015, als der Volkswagen-Konzern öffentlich den Einsatz einer unzulässigen Motorsteuerungssoftware eingestand, sind Politik und Justiz mit der Aufarbeitung des sogenannten Diesel-Abgasskandals beschäftigt – und es ist noch lange kein Ende des Skandals abzusehen. 

Denn nicht nur die Marken des Volkswagen-Konzerns sollen Emissionswerte durch den Einsatz einer unzulässigen Abschalteinrichtung beschönigt haben, um die jeweilige Typengenehmigung der Euro-Abgasnorm 5 bzw. 6 zu erhalten und umweltbewusste Käufer mit niedrigen Emissionswerten anzulocken. Jüngst sind auch Fahrzeuge des Daimler Konzerns – dieMercedes-Benz Marke – von freiwilligen, als auch verpflichtenden Rückrufen durch bzw. in Absprache mit dem Kraftfahrtbundesamt zur Kalibrierung der Motorsteuerungssoftware betroffen. 

  • Thermofenster als unzulässige Abschalteinrichtung? 

Im Gegensatz zum Volkswagen-Konzern, sind die Fahrzeuge der Daimler AG mit einem sogenannten Thermofenster ausgestattet, welches sich in der technischen Ausgestaltung von der Abschalteinrichtung in den Motoren EA 189 des Volkswagenkonzerns unterscheidet. 

Bei dem Einsatz eines Thermofensters funktioniert die Abgasrückführung (AGR-System) lediglich innerhalb eines knapp kalkulierten Temperaturfensters von 20-25 Grad Celsius. Außerhalb dieses Temperaturfensters wird die Abgasreinigung erheblich gemindert bzw. gänzlich ausgeschaltet. 

Anzumerken ist dabei, dass auf dem Prüfstand eine Temperatur von 25 Grad Celsius vorherrscht, während die Durchschnittstemperatur in Deutschland 8,5 Grad Celsius beträgt. Ergo war bereits bei der Konstruktion des Thermofensters abzusehen, dass die Abgasreinigung unter normalen Betriebsbedingungen in Deutschland nicht vollumfänglich funktionieren wird. 

Die Daimler AG beruft sich bei dem Einsatz dieser Abschalteinrichtung hinsichtlich deren Zulässigkeit auf Ausnahmevorschriften zum Schutz des Motors. 

Diese Auffassung ist bislang auf große Zustimmung in der Rechtsprechung gestoßen – jedenfalls habe die Daimler AG, im Gegensatz zur Volkswagen AG, ihre Kunden nicht wissentlich schädigen wollen, womit Ansprüche der betrogenen Käufer oftmals abgelehnt wurden, ohne die Frage der Unzulässigkeit des Thermofensters abschließend zu beurteilen. 

  • Rechtsprechungswende

Diese Rechtsprechungspraxis könnte nunmehr nach dem Urteil des OLG Schleswig-Holstein vom 28.08.2020 – 1 U 137/19 ein Ende finden. Dieses entschied nämlich, dass den betroffenen Käufern Schadensersatzansprüche gegen die Daimler AG zustehen können und die erstinstanzlich angerufenen Gerichte dem von dem Kläger angebotenen Sachverständigenbeweis über die von ihm behaupteten unzulässigen Abschalteinrichtungen nachgegangen werden müsse, da ein ausreichend substantiierter Vortrag vorgelegen habe. 

Der Kläger hatte Schadensersatzklage gegen die Daimler AG zunächst beim Landgericht Lübeck aufgrund des im Jahr 2011 erfolgten Kaufs eines Mercedes C 300 CDI zum Preis von 35.490,00 Euro erhoben. Das Fahrzeug war mit dem Motor des Typs OM 642 ausgestattet und von einem „freiwilligen“ Rückruf betroffen. 

Das Landgericht Lübeck hatte die Klage abgelehnt; woraufhin das OLG Schleswig-Holstein das Urteil aufhob und an das Landgericht zurückverwies. Das Thermofenster könne grundsätzlich als unzulässige Abschalteinrichtung nach Art. 5 Abs. 2 VO 715/2007 angesehen werden – das Landgericht muss dazu Sachverständigenbeweis erheben. 

  •  Ihre Rechte 

Die Rechtsanwaltskanzlei Meyer vertritt Sie bundesweit zur Geltendmachung ihrer Schadensersatz- und Gewährleistungsrechte gegenüber Händler und Hersteller ihres Fahrzeugs. 

Bereits im Zuge des Volkswagen-Skandals konnten wir für unsere Mandanten zahlreiche Fälle gewinnen und die Rechte der betrogenen Käufer geltend machen. Auch hinsichtlich der Daimler AG sind bereits von uns vertretene Klagen bei den Landgerichten Lübeck, Kiel, Schwerin und einigen mehr anhängig. 

Ihnen können dabei Ansprüche auf Rückzahlung des Kaufpreises unter Anrechnung der Gebrauchsvorteile, verbunden mit der Rückgabe des Fahrzeugs, zustehen oder, alternativ, eine Einmalzahlung bei Verbleib des Fahrzeugs in ihrem Eigentum. 

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