Metastasen in der CT übersehen: 35.000 Euro

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Mit gerichtlichem Vergleich vom 02.10.2015 hat sich eine Arnsberger Radiologiepraxis verpflichtet, an meinen Mandanten 35.000 Euro zur Abgeltung sämtlicher Ansprüche zu zahlen.

Der 1939 geborene Rentner litt seit 2010 unter einem Nierenzellkarzinom links. Es erfolgte eine transperitoneale Nephrektomie links mit Lymphadenektomie. Das damalige initiale Tumorstadium wurde mit pT3a, pN2 (zwei von vier Lymphknoten), L0, V2, R0, M0, klassifiziert. Ein im Dezember 2010 computertomographisch gesichertes Lymphknotenrezidiv wurde im Januar 2011 durch eine lumbale Lymphadenektomie paraaortal links operiert. Im Januar 2014 zeigte sich eine fortgeschrittene ossäre Metastasierung in HWS, BWS, LWS und Os sacrum mit intraspinalen Tumoranteilen in Höhe BWK3 bis BWK5 mit Myelonkompression.

Es ergab sich der Verdacht auf ein Lymphknotenrezidiv, weshalb eine palliative Radiatio der Wirbelsäule durchgeführt werden musste. Im Dezember 2014 erfolgte eine Hemilaminektomie in Höhe BWK3 bis BWK5 links mit Tumorresektion, die eine Weichteilmetastase des bekannten Nierenzellkarzinoms erbrachte. Anschließend erfolgte eine Radatio mit einer Gesamtdosis von insgesamt 36 Gy in Höhe BWK2 bis LWK1.

Die im Rahmen der Tumornachsorge durchgeführten CT-Untersuchungen des Abdomens und des Beckens im Februar 2013 und Oktober 2013 beschrieben, dass kein Anhalt für ein Rezidiv bzw. eine Metastasierung bestehe. Wegen zunehmender Rückenschmerzen stellte sich der Mandant Anfang 2014 stationär vor. Es wurde eine fortgeschrittene ossäre Metastasierung des Nierenzellkarzinoms mit Metastasen in der Brust- und Lendenwirbelsäule sowie des Os sacrums und der Rippen diagnostiziert. Anschließend kam es zu einer Paraplegie mit sensibler Querschnittssymptomatik.

Der Mandant hatte dem Radiologen vorgeworfen, grob fehlerhaft bei den CT-Untersuchungen von Februar und Oktober 2013 die offensichtlich bereits zu diesem Zeitpunkt bestehende Metastasierung übersehen zu haben. Wäre bereits im Februar 2013 die richtige Diagnose gestellt worden, wäre noch eine nervenschonende Operation bzw. Therapie möglich gewesen. Die Anfertigung einer Computertomographie des Thoraxes und eines Knochenszintigramms wären medizinisch zu fordern gewesen. Die dramatischen Komplikationen im Januar 2014 wären ihm anschließend erspart geblieben.

Der gerichtliche Sachverständige hat bestätigt: Bei den CT-Aufnahmen von Februar 2013 und Oktober 2013 käme eine dringend metastasensuspekte Raumforderung zwischen der Aorta und der V. cava zur Darstellung. Eine weitere, etwas kleinere Raumforderung finde sich auf selbiger Höhe paraaortal links. Obwohl die Untersuchungen ohne Kontrastmittel durchgeführt worden seien, wäre die Raumforderung bereits nativ diagnostisch eindeutig und insbesondere im Vergleich zu den Voraufnahmen als neu aufgetreten zu erkennen. Gerade vor dem Hintergrund der bekannten Anamnese mit einem lymphogen metastasierten Nierenzellkarzinom links hätten die retroperitonealen Lymphknoten angrenzend an die Aorta und die V. cava besonders betrachtet werden müssen. Der Befund sei im Verlauf größenprogredient, was den Metastasenverdacht erhärte. Das Übersehen sei nicht verständlich. Wie allerdings bei rechtzeitiger Befundung die weitere onkologische Behandlung durchgeführt worden wäre, entzog sich der Kompetenz des radiologischen Sachverständigen.

Unter Verzicht auf ein weiteres onkologisches Gutachten haben sich die Parteien auf einen Gesamtbetrag von 35.000 Euro wegen der offenen Fragen zur Kausalität zwischen dem groben Behandlungsfehler und der weiteren onkologischen Behandlung geeinigt.

(Landgericht Arnsberg, Vergleich vom 02.10.2015, AZ: I-5 O 21/14)

Christian Koch, Fachanwalt für Medizinrecht



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