Mieter und Wohnungseigentümer: Gesetzlicher Anspruch auf Zustimmung zum Einbau einer E-Ladestation/Wallbox

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Wohnungseigentümer und Mieter

Sowohl Wohnungseigentümer als auch Mieter haben einen gesetzlich verankerten Anspruch auf Zustimmung zum Einbau einer E-Ladestation (Wallbox oder Wandladestation). Während der Wohnungseigentümer einen Anspruch auf Zustimmung gegen die Wohnungseigentümergemeinschaft hat, kann der Mieter eine Zustimmung gegenüber seinem Vermieter verlangen.

Nach einem aktuellen Urteil des Landgerichts München I v. 23.06.2022 - 31 S 1205/21 wird der Anspruch auf Zustimmung zum Einbau einer E-Ladestation gem. § 554 Abs. 1 BGB sehr mieterfreundlich und damit weit ausgelegt.

I. Anspruch des Mieters auf Zustimmung gegen den Vermieter

Der Mieter kann gemäß § 554 Abs. 1 S. 1 BGB verlangen, dass ihm der Vermieter bauliche Veränderungen der Mietsache erlaubt, die dem Laden elektrisch betriebener Fahrzeuge dienen. Verlangt der Mieter den Einbau der E-Ladestation, so trägt grundsätzlich dieser die Kosten hierfür, wenn vertraglich nichts anderweitiges vereinbart wird. 

Zwar ist der Anspruch des Mieters eindeutig gesetzlich geregelt, dennoch ergeben sich aus der überschaubaren Regelung viele Folgeprobleme, die unbedingt vorab zwischen Vermieter und Mieter vertraglich geregelt werden sollten. Eine vorherige vertragliche Regelung dokumentiert und begründet die Bedingungen und Umstände des Einbaus, der Nutzung und eines zukünftigen Rückbaus der E-Ladestation.

Ein Anspruch des Mieters auf Zustimmung zum Einbau besteht gemäß § 554 Abs. 1 S. 2 BGB nicht, wenn die bauliche Veränderung dem Vermieter auch unter Würdigung der Interessen des Mieters nicht zugemutet werden kann. Nicht geklärt ist, wann dem Vermieter ein Einbau nicht zugemutet werden kann. Dies bleibt vielmehr einer Einzelfallprüfung vorbehalten.

Folgende Fragen sollten vertraglich zwischen Vermieter und Mieter geregelt werden:

  • Wem steht nach Einbau der E-Ladestation das Eigentum daran zu?
  • Ist der Mieter nach Auszug zum Rückbau der E-Ladestation verpflichtet?
  • Gibt es nach Auszug des Mieters einen Ausgleichsanspruch für die E-Ladestation?
  • Wer übernimmt die erforderlichen Anpassungen/Kosten für evtl. baurechtliche Änderungen/Anpassungen beim Brandschutzkonzept?
  • Wer übernimmt die erhöhten Kosten für den Unterhalt des Gebäudes (z.B. höhere Versicherungsprämien)?
  • Wer haftet für Fehlfunktionen (z.B. Brand; Gebäudeversicherung oder KFZ-Versicherung sowie bei Beschädigung des Stromnetzes)?
  • Kann der Anbieter für die Errichtung der Ladestation frei gewählt werden?

Aktuelles Urteil des LG München I Endurteil v. 23.06.2022 - 31 S 12015/21 (Entgegen Vorinstanz: AG München vom 01.09.2021 (Az. 416 C 6002/21)):

Leitsatz: Der Anspruch des Wohnungsmieters auf Duldung der Installation einer E-Ladestation aus § 554 Abs. 1 BGB umfasst auch das Recht, den geeigneten Handwerker selbst auszuwählen und die konkrete Ausgestaltung des Anschlusses zu bestimmen. 

Allein der Umstand, dass aufgrund der Leitungskapazität zukünftig nicht alle Mieter über den Vermieter mit einer E-Ladestation versorgt werden können, begründet keine unzumutbare Härte für den Vermieter, der dem Anspruch auf Duldung entgegensteht.

Das Amtsgericht München hatte dies seinerseits mit Urteil vom 01.09.2021 anders gesehen, wurde jedoch in der Berufungsinstanz durch das Landgericht München I mit Urteil v. 23.06.2022 aufgehoben. 

Das nunmehr aufgehobene Urteil des AG München v. 01.09.2021 sah für Mieter keinen Anspruch auf Erlaubnis zur Errichtung einer Elektroladestation für Elektrofahrzeuge auf eigene Kosten durch eine von ihnen selbst gewählte Firma vor, wenn dadurch die Gefahr besteht, dass bei weiteren Ladestationen anderer Mieter eine Überlastung des Stromnetzes eintritt.

Das Landgericht München I sah dies -entgegen der Ansicht des AG München- anders und zeichnete mit Urteil vom 23.06.2022 mit dem Leitsatz eine gewisse Linie vor. 

Ob sich weitere Landgerichte in Bayern/Deutschland der "Münchner Gesetzesauslegung" des § 554 Abs. 1 BGB anschließen, bleibt abzuwarten. 

II. Anspruch des Wohnungseigentümers gegen die Wohnungseigentümergemeinschaft auf Zustimmung

Der Einbau einer E-Ladestation stellt eine bauliche Veränderung von Gemeinschaftseigentum dar. Die Befestigung einer E-Ladevorrichtung bedarf immer Arbeiten am Mauerwerk und die Einrichtung oder einen Anschluss an die Stromversorgung. Der Einbau bedarf daher immer einer Zustimmung der Wohnungseigentümerversammlung.

Der einzelne Wohnungseigentümer kann dabei gem. § 20 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 WEG eine Zustimmung gegenüber der Wohnungseigentümergemeinschaft verlangen, da der Einbau einer E-Ladestation eine angemessene bauliche Veränderung darstellt. Die Kosten einer solchen baulichen Veränderung, die auf sein Verlangen durch die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer durchgeführt wurden, hat der der jeweilige Wohnungseigentümer zu tragen. Dafür stehen ihm auch ausschließlich die Nutzung der E-Ladestation zu.

Bereits bei Beschlussfassung sollten die Modalitäten des Einbaus und die Kostenfolgen geregelt werden. So kann die Wohnungseigentümergemeinschaft etwa beschließen wie E-Ladestationen generell errichtet werden sollen, ob der Verwalter Vergleichsangebote für den Einbau einholen soll oder jeder einzelne Wohnungseigentümer den Einbau der E-Ladestation selbst durchführen kann.

III. Häufige Problemstellungen in der Praxis

Meist wird ein Mieter einer Wohnung um Zustimmung zum Einbau einer E-Ladestation fragen und tritt hierfür an den Vermieter/Eigentümer der Wohnung heran.

Hier beginnt oft der erste Problempunkt: Der Wohnungseigentümer muss seinerseits bei der Eigentümerversammlung um Genehmigung hins. Einbau der E-Ladestation anfragen, § 20 Abs.2 S. 1 Nr. 2 WEG. Da in der Regel eine ordentliche Eigentümerversammlung nur einmal im Jahr stattfindet,  verzögert sich der Genehmigungsprozess erheblich. 

Da die Prozesse insoweit nicht transparent sind, gilt für den Mieter herauszufinden, inwieweit sich der Vermieter/Eigentümer auch ernsthaft um eine Genehmigung der baulichen Maßnahme durch die Eigentümerversammlung bemüht. So kann es durchaus vorkommen, dass der Vermieter die fehlende Zustimmung auf Eigentümerversammlung als Vorwand nimmt, um den Einbau einer E-Ladestation bzw. dessen Genehmigung abzulehnen/zu verzögern.

Lehnt die Eigentümerversammlung den Einbau der E-Ladestation unberechtigt ab oder verschiebt/verzögert die Entscheidung hierüber, stellt sich die Frage inwieweit der Eigentümer hiergegen vorgehen kann bzw. muss. Diese bleibt in der Praxis einer Einzelfallprüfung vorbehalten.

Nicht zu vergessen ist hierbei, dass ungenehmigte bauliche Veränderungen einer Rückbauverpflichtung unterliegen, die in der Regel von der Wohneigentümergemeinschaft gegenüber dem Eigentümer oder auch durch den Vermieter gegenüber dem Mieter verlangt werden könnte.

Zudem können bei Fehlfunktionen oder Störung der E-Ladestation und gleichzeitig fehlender Genehmigung der E-Ladestationen erhebliche haftungsrechtliche Risiken bestehen.

IV. Gerichtliches Vorgehen Eigentümer/Vermieter und Mieter

Verhältnis Wohnungseigentümer - Wohneigentümergemeinschaft:

Verlangt der Wohnungseigentümer gegenüber der Wohneigentümergemeinschaft den Einbau einer E-Ladestation, so müsste diese bauliche Maßnahme zunächst auf die Tagesordnung als Beschlussantrag gesetzt werden. Hier bietet es sich an auch grundlegende Fragestellungen (Firma/Kostentragung/Versicherung) zu klären.

Lehnt die Eigentümerversammlung den Beschlussantrag ab, gibt es die Möglichkeit hiergegen mittels Beschlussersetzungsklage vorzugehen.

Verhältnis Wohneigentümer/Vermieter - Mieter:

Verlangt der Mieter den Einbau einer E-Ladestation und verweigert der Vermieter dies unberechtigt, so kann der Mieter Klage auf Zustimmung zum Einbau einer E-Ladestation erheben. Von einem eigenmächtigen Einbau von E-Ladestation - ohne vorheriger Erlaubnis- ist hierbei abzuraten, da dadurch neben haftungsrechtlichen Themen auch der Bestand des Mietverhältnisses (Abmahnung/Kündigung) betroffen werden kann.

Herr Rechtsanwalt Felix Kushnir hat sich neben allgemeinen zivilrechtlichen Themen auch auf das Miet- und Wohnungseigentumsrecht spezialisiert und berät sowohl Wohnungseigentümer/Verwalter als auch Mieter/Vermieter.

Foto(s): Felix Kushnir

Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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