Darf ich als Mieter oder Eigentümer ohne Zustimmung des Vermieters/der WEG eine (Mini-)Solaranlage am Balkon anbringen?

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Zur Senkung der Strompreise oder für den Klimaschutz nimmt die Nachfrage nach kleinen steckfertigen Photovoltaikanlagen oder Solaranlagen (Balkonkraftwerke), die auf dem Balkon oder der Terrasse angebracht/platziert werden können, immer stärker zu. Auch wenn das auf den ersten Blick gut klingt, bleiben aus juristischer Sicht viele Fragen dazu offen. Nicht selten wird ohne Zustimmung des Vermieters/der WEG ein BKW installiert und mündet am Ende im Rechtsstreit vor Gericht.

Aktuelle Rechtslage

Aktuell haben weder Mieter noch Wohnungseigentümer, die Mitglied einer WEG sind, einen Anspruch auf eigenständige Installation eines solarbetriebenen Balkonkraftwerks. Vielmehr ist die Zustimmung des Vermieters/der WEG notwendig.

Für Eigentümer im Rahmen einer WEG:

Ob Eigentümer einer Wohnung innerhalb einer WEG ohne weitere Zustimmung ein Balkonkraftwerk anbringen dürfen, richtet sich nach dem Wohnungseigentumsgesetz.

Eine Zustimmung der WEG zur Anbringung des Balkonkraftwerks ist dann erforderlich, wenn es sich bei der Installation des Balkonkraftwerks um eine bauliche Veränderung handelt, § 20 Abs. 1 WEG.

Bedeutsam ist, ob das BKW unter Bohrungen ans gemeinschaftliche Mauerwerk angebracht wird oder das äußere Erscheinungsbild des Gebäudes verändert (AG Konstanz, Urteil v. 09.02.2023 – 4 C 425/22 WEG). In beiden Fällen handelt es sich um eine bauliche Veränderung, die durch Beschluss der WEG auf der Eigentümerversammlung oder durch Umlaufbeschluss bewilligt werden müsste.

Einige Eigentümer kommen auf den Gedanken eine Konstruktion zu wählen, die keine Bohrungen bzw. Einwirken auf das Mauerwerk erfordert. Letztlich bleibt zu prüfen, ob das Balkonkraftwerk das äußere Erscheinungsbild des Gebäudes ändert. Dies ist häufiger Streitpunkt und stellt je nach Lage und Ausrichtung des Balkons eine Einzelfallentscheidung dar.

Auch der Gesetzgeber hat zutreffend erkannt, dass die Installation eines Balkonkraftwerks eine bauliche Veränderung -aufgrund Veränderung des äußeren Erscheinungsbilds- darstellen kann (siehe Herbstkonferenz vom 10.11.2022, 93. Konferenz der Justizminister Beschluss TOP I.12 Nr. 2 -).

Bringt der Eigentümer ein Balkonkraftwerk ohne Zustimmung der WEG an seinen Balkon an, so besteht die Gefahr, dass die WEG einen Anspruch gegen den Eigentümer auf Rückbau des Balkonkraftwerks und Ersatz der dadurch entstandenen Schäden durchsetzen wird. Eine Zustimmung kann jedoch auch nachträglich von der Wohnungseigentümergemeinschaft eingeholt werden. Seit der Reform des WEG von 2020 genügt die Mehrheit der auf der Eigentümerversammlung anwesenden Mitglieder der WEG.

Für Mieter einer Wohnung:

Ob es für die Installation eines Balkonkraftwerks einer Zustimmung des Vermieters bedarf, richtet sich zunächst nach dem zwischen Mieter und Vermieter geschlossenen Mietvertrag. Für die Anbringung eines Balkonkraftwerks fehlt es jedoch häufig im Mietvertrag an einer Regelung, sodass auf die allgemeinen Regelungen des Bürgerlichen Gesetzbuches zurückgegriffen werden muss.

Aktuelle erstinstanzliche Rechtsprechung:

Die Notwendigkeit einer Zustimmung hängt davon ab, ob die Installation eines Balkonkraftwerks auf dem Balkon  als „von der Wohnnutzung umfasst“ angesehen werden kann. Das Amtsgericht Stuttgart hat sich mit Urteil v. 30.03.2021 (Az.: 37 C 2283/20) damit beschäftigt und in der Anbringung des Balkonkraftwerks eine vertragswidrige Nutzung grundsätzlich angenommen.

Nach Auffassung des Amtsgerichts Stuttgart würde dem Vermieter dem Grunde nach ein Anspruch auf Rückbau/Beseitigung gem. § 541 BGB zustehen. Allerdings kann sich der Vermieter nach Ansicht des Amtsgerichts Stuttgart trotzdem -unter bestimmten Voraussetzungen- nicht mehr ohne weiteres auf eine vertragswidrige Nutzung berufen. Der Mieter hat vielmehr nach § 242 BGB ein Duldungsanspruch gegenüber dem Vermieter, da dem Mieter ein Anspruch auf Genehmigung der Installation der Solaranlage zustehen würde.

Laut einem älteren Urteil des Amtsgerichts München (Az. 214 C 2481/90) gehört sogar eine Solaranlage auf einer Terrasse zum vertragsgemäßen Gebrauch „Wohnen“. Es zeichnet sich jedoch ab, dass auch mit der technischen Entwicklung von Solaranlagen ältere Urteile keine rechtssichere Basis für eine aktuelle Beurteilung der Rechtslage haben.

Zusammenfassung für Mieter:

Nach aktuellem Stand müsste der Mieter – um Rechtstreitigkeiten zu vermeiden- beim Vermieter eine Einwilligung für die Installation eines Balkonkraftwerks einholen. Nach Ansicht des Amtsgerichts Stuttgart hätte der Mieter sogar einen Anspruch auf Zustimmung.

Ein Anspruch auf Zustimmung könnte insbesondere dann bestehen, wenn die Installation des Balkonkraftwerks fachgerecht erfolgt ist, das äußere Erscheinungsbild des Gebäudes nicht beeinträchtigt wird, keine nachteiligen Folgewirkungen der Baumaßnahme zu befürchten sind, die Anlage leicht zurückzubauen ist und keine Gefahr von ihr ausgeht (vergleiche Rechtsprechung zu Parabolantennen: BGH, Urteil v. 16.11.2005 – VIII ZR 5/05).

Der Vermieter könnte eine Zustimmung zur Installation eines Balkonkraftwerks nicht mehr ohne gewichtigen Sachgrund versagen.

Referentenentwurf im Deutschen Bundestag zum Ausbau von BKW

Der Gesetzgeber hat ausgehend von der Konfliktlage erkannt, dass der Ausbau von Balkonkraftwerken nun auch gesetzlich neu geregelt werden muss. Dies wurde in dem Referentenentwurf vom 25.05.2023 im Deutschen Bundestag zum beschleunigten Ausbau von Balkonkraftwerken (20/6905, BalKraftBeschG) deutlich.

Nach den Entwürfen sollen Mieter gegenüber Vermietern bzw. (Mit-)Eigentümer gegenüber der Wohnungseigentümergemeinschaft einen Anspruch auf Anbringung und Nutzung eines Balkonkraftwerks haben.

Im Rahmen des Referentenentwurfs wird vorgeschlagen neue rechtliche Regelungen hierfür im BGB zu schaffen (entsprechend den aktuellen Regelungen zum Anspruch auf Einbau von E-Ladestationen § 554 BGB).

Bisher wird der angestrebte beschleunigte Ausbau von Balkonkraftwerken nämlich durch die erforderliche Zustimmung von Vermietern und Wohnungseigentümergemeinschaft ausgebremst.

Damit sind zwangsläufig Änderungen des BGB und WEG erforderlich. Mietrechtlich soll § 554 Abs. 1 BGB, im WEG die Liste des § 20 Abs. 2 WEG ergänzt werden.

Mit beiden Gesetzesänderungen soll bezweckt werden, dass sowohl Mieter als auch (Mit-)Eigentümer einen Anspruch auf die Installation einer Steckersolaranlage haben. Daneben soll durch den Referentenentwurf der Widerspruch aufgehoben werden, dass der Mieter gegen den Vermieter nach neuer Rechtsprechung oftmals einen Anspruch auf Genehmigung zur Installation eines Balkonkraftwerks hat. Der Mieter aber durch fehlenden Anspruch des Eigentümers gegenüber der WEG trotzdem zum Rückbau des Balkonkraftwerks gebracht werden kann.

Herr Rechtsanwalt Felix Kushnir hat sich neben allgemeinen zivilrechtlichen Themen auch auf das Miet- und Wohnungseigentumsrecht spezialisiert und berät sowohl Wohnungseigentümer/Verwalter als auch Mieter/Vermieter.

Foto(s): ©Adobe Stock/Maryana


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