Mietfreies Wohnen und Immobilienkredit im Unterhaltsrecht

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1. Der Vorteil mietfreien Wohnens im Unterhaltsrecht

Das mietfreie Wohnen in einer im Eigentum stehenden Immobilie oder aufgrund eines Nießbrauch- oder Wohnrechts stellt im Unterhaltsrecht einen Vermögensvorteil dar, welcher im Unterhaltsrecht zu berücksichtigen ist.

Dies geschieht durch den Ansatz eines sog. Wohnwerts als zusätzliches Einkommen neben einem Einkommen aus Erwerbstätigkeit.

Ursache dieser Handhabung liegt in den in den Unterhaltsleitlinien festgelegten Selbstbehaltssätzen, d.h. dem Einkommen, das dem Unterhaltspflichtigen zur Wahrung seines eigenen Lebensunterhaltes selbst verbleiben muss. Darin werden (zugegebenermaßen der Realität nicht entsprechende) Bedarfssätze für Wohnraum (und Heizung) vorgesehen. Die festgelegten Selbstbehaltssätze gelten jedoch auch für diejenigen, die mietfrei in einer eigenen Immobilie wohnen, sodass bei Immobilieneigentümern in der Folge ein höherer Eigenanteil am Erwerbseinkommen in der Unterhaltsberechnung nicht für den Unterhalt eingesetzt werden müsste, sondern selbst zur Verfügung steht.

Um dieser Ungleichbehandlung zuvorzukommen wurde durch die Rechtsprechung das Institut des Wohnwerts geschaffen, um damit den Vorteil aus der mietfreien Nutzung der unterhaltsrechtlichen Berücksichtigung zuzuführen.

Der Wohnwert beträgt grds. die objektive Netto-Marktmiete, d.h. der Kaltmiete ohne umlegbare Betriebskosten. In der Praxis bestimmt man diesen in der Regel anhand des objektiven Mietspiegels.

Lediglich beim Trennungsunterhalt wird für eine Übergangszeit – meist bis zum endgültigen Scheitern der Ehe (z.B. Stellung des Scheidungsantrags, Ehevertraglicher Auseinandersetzung) nur ein angemessener Wert angesetzt, wenn ein Verkauf oder eine Vermietung der Immobilie nicht zumutbar ist.

Der Wohnwert beträgt dann lediglich die für eine entsprechend kleinere Wohnung gleichen Standards zu bezahlende objektive Marktmiete. Bei dieser Bewertung ist insbesondere auch auf etwaige weitere Personen (wie z.B. Kinder, die mit in der Immobilie wohnen) Rücksicht zu nehmen, d.h. eine Miete für entsprechend größeren Wohnraum als für einen Single anzusetzen.

Ausnahmen werden insbesondere beim kostenlosen Wohnen in der Immobilie Dritter ohne entsprechende Gegenleistung gemacht. Nach der Rechtsprechung handelt es sich insoweit um freiwillige Leistungen Dritter, die kein unterhaltsrechtliches Einkommen darstellen.

2. Abzugspositionen vom Vorteil mietfreien Wohnens

Der Vorteil aus dem mietfreien Wohnen soll aber unterhaltsrechtlich nur insoweit ausgeglichen werden als der Eigentümer billiger lebt als der Mieter

Verbrauchsabhängige Kosten kürzen den Wohnwert deshalb nicht. Sie stellen allgemeine Lebenshaltungskosten dar, welche auch durch einen Mieter neben einer Miete zu erbringen sind. Hierzu zählen z.B. Heizung, Strom, Gas, Wasser, Abwasser und Müllabfuhr.

Dies gilt auch für verbrauchsunabhängige Nebenkosten, soweit diese seitens des Vermieters auf einen Mieter umgelegt werden dürfen. Hierzu zählen z.B. Grundsteuer, Brandversicherung, Haushaftpflichtversicherung; im Ergebnis alle Nebenkosten außer Verwalterkosten und Kontoführungsgebühren.

Abzugsfähig sind jedoch notwendige Instandhaltungskosten als Lasten des Grundeigentums. Diese sind jedoch von Kosten für wertsteigernde Ausbauten und Modernisierungen abzugrenzen, welche grds. nicht abzugsfähig sind.

Wichtigster Abzugspunkt beim Wohnwert sind jedoch mit der Immobilie in Zusammenhang stehende Immobiliendarlehensraten.

Die dabei bezahlten Zinsen sind immer vom Wohnwert abzuziehen. Diese stellen nach ganz überwiegender Meinung das „Entgelt“ für das Darlehen dar, und sind auch bei Mieteinnahmen uneingeschränkt als Werbungskosten abziehbar.

Bei Tilgungsanteilen ist grds. zu unterscheiden zwischen Allein-Eigentum und Mit-Eigentum der Ehegatten.

  • Im Falle von Miteigentum sind die Tilgungsleistungen zu berücksichtigen, da die Darlehenstilgung eine gemeinsame Vermögensbildung darstellt und beiden Ehegatten zu Gute kommt.

Erfolgt die Berücksichtigung der Darlehensrate auch für den anderen Ehepartner damit in der Unterhaltsberechnung, kommt ein anderweitiger Ausgleich, z.B. über den Gesamtschuldnerausgleich nicht in Betracht.

  • Steht die Immobilie im Alleineigentum wurde nach früherer Rechtsprechung eine Berücksichtigung der Tilgungsraten im Falle des gesetzlichen Güterstandes der Zugewinngemeinschaft ab dem Zeitpunkt der Rechtshängigkeit des Scheidungsverfahrens verneint. Dies, da der andere Ehepartner an der einseitigen Vermögensbildung, ab diesem Zeitpunkt nicht mehr über den Zugewinnausgleich partizipiert.

Nach neuer Rechtsprechung sieht der BGH die weitere Tilgungsleistung zwar als einseitige Vermögensbildung an, die grds. nicht berücksichtigungsfähig ist, hat seine bisherige Rechtsprechung aber insofern konkretisiert, dass eine einseitige Vermögensbildung erst dann vorliegt, wenn und soweit die Abzahlungen (d.h. Zins und Tilgung) den Wohnwert übersteigen. Verbleibt trotz vollem Abzug ein Restwohnwert, wird lediglich dieser als Wohnwert berücksichtigt.

Dieser Rechtsprechung ist beizupflichten, da letztendlich die Ersparnis des „Eigentümers“ nicht vorhanden ist, soweit dessen Vorteil durch die Pflicht zur Zahlung von Darlehensraten gemindert ist. Er wohnt nur insofern billiger als die übliche Miete seine Raten übersteigt.

Übersteigen die Darlehensraten den anzusetzenden Wohnvorteil kommt auch nach der Zustellung des Scheidungsantrages der Abzug der weiteren Darlehensraten als zulässige Altersvorsorge in Betracht.

Stellt man es daher geschickt an, können unterhaltsrechtlich beim Ehegattenunterhalt die gesamten Darlehensraten abgezogen werden.


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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