Mobbing: Fürsorge- und Organsationspflichten des Arbeitgebers

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Fast jeder dritte Deutsche (29 %) gibt an, selbst schon einmal am Arbeitsplatz gemobbt worden zu sein. 17 % der Befragten haben bereits Mobbing bei Kollegen oder Vorgesetzten miterlebt. In der Regel erfolgte das Mobbing in direkter sozialer Interaktion (81 %).

I. Mobbing durch einen Chefarzt / Klinik muss Schadensersatz leisten

1.Die Entscheidung
Ein Oberarzt, der durch den Chefarzt seiner Abteilung in seiner fachlichen Qualifikation herabgewürdigt wird und deshalb psychisch erkrankt, hat gegen seinen Arbeitgeber Anspruch auf Schmerzensgeld. Die Entlassung des Chefarztes kann er im Regelfall nicht verlangen. Anspruch auf das Angebot eines gleichwertigen Arbeitsplatzes, an dem er nicht mehr den Weisungen des bisherigen Chefarztes untersteht, hat der Oberarzt nur dann, wenn ein solcher Arbeitsplatz in der Klinik vorhanden ist.

2. Der Sachverhalt
Der Kläger war in der Klinik der Beklagten als Neurochirurg beschäftigt. Seine Bewerbung um die Chefarztstelle blieb erfolglos. Die spätere Beklagte bestellte dann einen externen Bewerber zum Chefarzt, von dem sich der Kläger nach dessen Bestellung „gemobbt” fühlt.
Ein von der Beklagten in die Wege geleitetes „Konfliktlösungsverfahren” blieb erfolglos.
Der Kläger war dann wegen einer psychischen Erkrankung 7 Monate arbeitsunfähig.
Der Kläger verlangte, dass die Beklagte das Anstellungsverhältnis mit dem Chefarzt beendet, hilfsweise, dass sie ihm einen anderen gleichwertigen Arbeitsplatz anbietet, an dem er Weis-ungen des Chefarztes der Neurochirurgie nicht unterliegt. Außerdem verlangt er Schmerzens-geld. Er meinte, die Beklagte hafte dafür, dass der Chefarzt sein Persönlichkeitsrecht verletzt habe. Die Beklagte bestreitet „Mobbinghandlungen” des Chefarztes. Sie habe alles in ihrer Macht Stehende getan, um das Verhältnis zwischen Kläger und Chefarzt zu entspannen. Eine andere adäquate Tätigkeit für den Kläger sei nicht vorhanden.

3. Verfahrensgang

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers blieb erfolglos. Das Landesarbeitsgericht hat festgestellt, der Chefarzt habe „mobbingtypische Verhaltensweisen” gezeigt, die sowohl den zwischenmenschlichen Umgang als auch die Respektierung der Position des Klägers als Erster Oberarzt betroffen hätten. Dennoch hat es einen Schmerzensgeldanspruch verneint, weil der Chefarzt nicht habe erkennen können, dass der Kläger auf Grund der Auseinandersetzungen psychisch erkranken werde.

Der Senat hat das Berufungsurteil aufgehoben und den Rechtsstreit an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen, da der Chefarzt die psychische Erkrankung des Klägers schuldhaft herbeigeführt habe.

4. Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts
Für den Schmerzensgeldanspruch habe die Beklagte einzustehen, da der Chefarzt ihr Erfüllungsgehilfe sei. Über die Höhe des Schmerzensgeldes müsse das Landesarbeitsgericht entscheiden. Auch sei noch zu prüfen, ob der Kläger unmittelbar Ansprüche gegen die Beklagte habe, weil diese möglicherweise ihre Verpflichtung verletzt hat, den Kläger vor gesundheitlichen Beeinträchtigungen am Arbeitsplatz zu schützen.Der Arbeitgeber habe auch Organisations-pflichten zur Verhinderung von Mobbing.


II. Ausblick und Angebot


Die Mobbingverhinderung und -bekämpfung sind zentrale Aufgaben und Pfichten der Geschäftsleitung.

Wer nicht organisiert und vorsorgt, läuft Gefahr bei Mobbingfällen hohen Schadensersatz leisten zu müssen. Die Mobbingbekämpfung ist daher nicht nur eine soziale Herausforderung, sondern eine wirtschaftliche Notwendigkeit. Schadensersatzrisiken bestehen auch in Mobbingfällen, bei denen gleichgestellte Mitarbeiter sich mobben, also keine Führungsperson oder die Geschäftsleitung mobbt. Die Haftung besteht, auch in den Fällen, in denen die Geschäftsleitung von Mobbinghandlungen keine Kenntnis hat. 

Wer das Verhindern nicht  organisiert, muss haften.

Durch die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgericht ist beschrieben, wie derartige Ansprüche bewiesen und durchgesetzt werden können.

Für Mobbinghandlungen von Führungspersönlichkeiten haftet der Arbeitgeber, da die Führungspersonen Erfüllungsgehilfen sind. Hier gilt es,  die Führungspersönlichkeiten ordnungsgemäß auszuwählen, zu schulen und notfalls mit Abmahnung oder Kündigung das Mobbing zu verhindern.

Immer ist es sinnvoll,  rechtzeitig eine Mobbingvorsorge zu organisieren.
Bei Bekanntwerden von Mobbingfällen kann sofort ein Mediator eingeschaltet werden.

Hermann Kulzer MBA (Sozialmanagement)
Fachanwalt
Wirtschaftsmediator (Uni DIU)


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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