Muss ein Wegerecht immer im Grundbuch eingetragen sein?

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Nicht jedes Grundstück liegt unmittelbar an einer Straße und ist von dort problemlos zu erreichen. Gelegentlich ist es notwendig, dafür das Grundstück des Nachbarn zu überqueren, etwa über einen gemeinsamen Zufahrtsweg an der Grundstücksgrenze. 

Damit diese Nutzung dauerhaft und rechtssicher möglich ist, wird im Grundbuch eine sog. Grunddienstbarkeit, ein Wegerecht, eingetragen. Die Eintragung erfolgt im Grundbuch des „dienenden“ Grundstücks – des Grundstücks, das als Zufahrt benutzt werden darf – und meistens auch im Grundbuch des „herrschenden“ Grundstücks – also des Grundstücks, dessen Eigentümer dieses Wegerecht ausüben darf. 

Wird eines der Grundstücke später verkauft, kann der Käufer das Wegerecht erkennen und bei seinen Planungen berücksichtigen.

Aber was passiert, wenn sich die Eigentümer einvernehmlich über die Nutzung einer Zufahrt verständigt haben, ohne dass dafür ein Wegerecht eingetragen wurde?

Der Fall

Die Kläger sind Eigentümer von drei nebeneinander liegenden Grundstücken, die mit drei aneinander grenzenden Häusern bebaut sind. Die Grundstücke liegen zwar an einer Straße, die Garagen auf der Rückseite der Häuser sind jedoch nur über eine Zufahrt zu erreichen, die über das Grundstück des Nachbarn führt. Bauordnungsrechtlich sind die Garagen nicht genehmigt. 

Auch die Mülltonnen, die hinter den Häusern stehen, werden zur Abfuhr über das Nachbargrundstück nach vorne zur Straße gebracht. Jahrzehntelang ging das alles gut. Ein Wegerecht war im Grundbuch nicht eingetragen, aber die Nachbarn waren sich über die gemeinsame Nutzung der Zufahrt einig.

Dass änderte sich jedoch, als das Grundstück mit der Zufahrt verkauft wurde. Der neue Eigentümer, der Beklagte, kündigte die Nutzungsmöglichkeit auf und versperrte die Zufahrt. Das wollten die Kläger nicht hinnehmen. Sie beriefen sich darauf, dass die jahrzehntelange Nutzung der Zufahrt zu einem Gewohnheitsrecht geführt habe. Zumindest müsse ihnen ein Notwegrecht eingeräumt werden. 

Das BGB sieht in § 917 vor, dass der Nachbar dem Grundstückseigentümer gegen eine Entschädigung ein solches Notwegrecht einräumen muss, wenn eine Zufahrt für die ordnungsgemäße Benutzung des Grundstücks notwendig ist.

Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 24.01.2020, Az. V ZR 155/18):

Die Kläger hatten vor dem Oberlandesgericht noch Erfolg. Aber der Bundesgerichtshof (BGH) hob das Urteil des Oberlandesgerichts auf. Er stellte klar, dass es unter Nachbarn kein „Gewohnheitsrecht“ geben könne. Wegerechte, an die auch ein späterer Grundstückseigentümer gebunden sein soll, müssten im Grundbuch eingetragen sein. Dass der vorherige Eigentümer jahrzehntelang mit der Nutzung als Zufahrt einverstanden gewesen sei, binde den späteren Erwerber nicht.

Das Oberlandesgericht muss jetzt noch prüfen, ob den Klägern ein Notwegrecht zusteht. Auch für diesen Fall hat der BGH klare Voraussetzungen aufgestellt: Ein Notwegrecht zu den Garagen kommt nicht in Betracht, weil diese bauordnungsrechtlich nicht genehmigt sind. Und auch für den Transport der Mülltonnen sei ein Notwegrecht nicht erforderlich: Die Tonnen könnten auch durch die Hausflure nach vorn zur Straße gebracht werden. Wenn das nicht möglich sei, müssten sich die Eigentümer eben kleinere Mülltonnen besorgen.

Ein Notwegrecht komme nur unter engen Voraussetzungen in Betracht: Die Grundstücke müssen (1.) für eine umfangreiche gewerbliche Nutzung geeignet sein und (2.) das Be- und Entladen von Waren kann – anders als bei einem Kleingewerbe – nicht von der Straße aus durch die Häuser hindurch erfolgen.

Meine Empfehlung

Wenn Sie als Eigentümer eines hinterliegenden Grundstücks die Zufahrt über das Grundstück des Nachbarn benötigen: Bestehen Sie darauf, dass eine Grunddienstbarkeit (Wegerecht) in das Grundbuch eingetragen wird. Nur dann können Sie auf eine dauerhafte Nutzung der Zufahrt vertrauen, auch bei einem Eigentümerwechsel. 

Wollen Sie ein solches hinterliegendes Grundstück erwerben, dann achten Sie darauf, dass die Zufahrt im Grundbuch abgesichert ist.

Wenn Sie Eigentümer eines Vordergrundstücks sind: Eine Benutzung Ihres Grundstücks durch den Nachbarn müssen Sie nur dulden, wenn auf Ihrem Grundstück eine Grunddienstbarkeit eingetragen ist. 


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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