Neue EU-Richtlinie: Beiordnung Pflicht­ver­tei­diger schon im Vorver­fahren

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Bislang wurde über die Beiordnung als Pflichtverteidiger erst nach Anklageerhebung entschieden. Damit ist nun Schluss. Die sogenannte PKH-Richtlinie der EU sieht vor, dass die Entscheidung über die Bewilligung von Prozesskostenhilfe und die Beiordnung eines Pflichtverteidigers schon frühzeitig im Vorverfahren zu treffen ist. Die EU-Richtlinie ist seit dem 25. Mai 2019 unmittelbar geltendes Recht, weil die Richtlinie nicht rechtzeitig von Deutschland umgesetzt worden ist.

Die EU-Richtlinie (Richtlinie (EU) 2016/1919 des europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Oktober 2016 über Prozesskostenhilfe für Verdächtige und beschuldigte Personen in Strafverfahren sowie für gesuchte Personen in Verfahren zur Vollstreckung eines Europäischen Haftbefehls) stärkt die Verfahrensrechte von Beschuldigten, indem ihnen schon frühzeitig die Unterstützung eines beigeordneten Rechtsbeistands gewährleistet werden muss. Nach ihr muss sichergestellt sein, dass beschuldigte Personen, die nicht über ausreichende finanzielle Mittel zur Bezahlung eines Rechtsbeistands verfügen, Anspruch auf Prozesskostenhilfe haben.

Vorgesehen ist, dass die Entscheidung über die Bewilligung oder Ablehnung von Prozesskostenhilfe unverzüglich und spätestens vor einer Befragung durch die Polizei, eine andere Strafverfolgungsbehörde oder eine Justizbehörde oder vor der Durchführung einer der in Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe c genannten Ermittlungs- oder Beweiserhebungshandlungen bewilligt wird (Art. 4 Abs. 5 der Richtlinie).

Die bisherige Praxis, über die Pflicht­ver­tei­di­ger­bei­ordnung erst nach Ankla­ge­er­hebung zu entscheiden, ist mit der Richt­linie unter keinem recht­lichen Gesichts­punkt mehr vereinbar.

Die Rechtsprechung des BGH, nach der dem Beschuldigten im Vorverfahren kein Antragsrecht auf Pflichtverteidigerbestellung gemäß § 141 Abs. 3 Satz 1 bis 3 StPO zustehen soll, sondern stets ein Antrag der Staatsanwaltschaft zwingend vorausgesetzt sei (BGH Beschluss vom 9.9.2015 – 3 BGs 134/15 = NJW 2015, 3383 = NStZ 2016, 114 = StV 2016, 133; BGHSt 47, 233) ist mit Ablauf der Umsetzungsfrist der Richtlinie (EU) 2016/1919 überholt.

Neure­gelung gilt seit 25. Mai 2019

Die Umsetzungsfrist dieser Richtlinie ist bereits am 25. Mai 2019 abgelaufen (Art. 12 Abs. 1 der Richtlinie), das heißt seit diesem Tag ist die Richtlinie – da es an einem innerstaatlichen Umsetzungsgesetz bisher fehlt – unmittelbar geltendes Recht.


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