Neues aus dem Arbeitsrecht: Ein Kirchenmitarbeiter muss nicht evangelisch sein

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Der Europäische Gerichtshof hat am 17.04.2018 (EuGH C-414/16 Vera Egenberger) eine wegweisende Entscheidung über die Anforderungen an die kirchliche Personalpolitik getroffen.

Da die Kirchen mit den ihnen angeschlossenen Institutionen als zweitgrößter Arbeitgeber in Deutschland gelten, hat das Urteil Signalwirkung und wird künftig in Einstellungsverfahren kirchlicher Träger zu berücksichtigen sein.

Im Fall „Egenberger“ bewarb sich die Klägerin auf eine vom Evangelischen Werk für Diakonie und Entwicklung ausgeschriebene Referentenstelle. Aufgabe war ein Projekt, welches die Erstellung eines Berichts zum internationalen UN-Abkommen zur Beseitigung jeder Form von rassistischer Diskriminierung zum Gegenstand hatte. 

In der Stellenausschreibung hatte der Arbeitgeber formuliert „Die Mitgliedschaft in einer evangelischen oder der ACK angehörenden Kirche und die Identifikation mit dem diakonischen Auftrag setzen wir voraus.“ Die Klägerin war aufgrund ihrer Qualifikation im Auswahlverfahren verblieben, wurde aber nicht zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen. Der schließlich eingestellte Bewerber hatte zu seiner Konfessionszugehörigkeit in den Bewerbungsunterlagen angegeben, dass er ein in der Berliner Landeskirche sozialisierter evangelischer Christ sei. 

Die Klägerin erhob daraufhin Klage beim Arbeitsgericht Berlin. Sie verlangte die Zahlung einer Entschädigung für die entgangene Einstellung nach § 15 Abs. 2 Antidiskriminierungsgesetz. Ihre Forderung in Höhe von 9.788,65 € begründete sie damit, dass die aus der Stellenausschreibung hervorgehende Berücksichtigung der Konfession im Bewerbungsverfahren nicht mit dem Diskriminierungsverbot vereinbar sei. Das Arbeitsgericht Berlin bejahte eine Benachteiligung, sprach aber nur eine teilweise Entschädigung zu. Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg wies die Klage ab. Auf die Revision wurde die Sache vom Bundesarbeitsgericht dem Europäischen Gerichtshof vorgelegt. Dieser entschied nun zugunsten der Klägerin.

In seiner Entscheidung hat der Europäische Gerichtshof betont, dass die Konfession von Bewerbern nicht Ausschlusskriterium bei jeder Stelle sein darf. Dabei hat das Gericht zwischen der kirchlichen Selbstbestimmung und den Rechten des Bewerbers abzuwägen. Die konfessionsgebundene Stellenausschreibung der Evangelischen Diakonie war diskriminierend. Kirchliche Arbeitgeber dürfen eine Religionszugehörigkeit nur fordern, wenn die Konfession für die Tätigkeit „objektiv geboten“ und bei dem Stellenausschreibungsverfahren die Verhältnismäßigkeit gewahrt ist.

Rechtsanwältin Nadja Semmler


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