Neues Außenwirtschaftsgesetzes begründet Vetorecht bei Unternehmensübernahmen

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Die Bundesregierung will bei Übernahmen deutscher Unternehmen durch unliebsame Investoren aus dem Ausland das letzte Wort haben. Dafür hat das Kabinett kürzlich eine Änderung des Außenwirtschaftsgesetzes beschlossen. Diese Änderung zielt vor allem auf die immer finanzkräftiger werdenden und übernahmehungrigen Staatsfonds aus Staaten außerhalb der EU ab und soll verhindern, dass solche Fonds Einfluss auf sensible deutsche Wirtschaftszweige, wie etwa den Energie- und Rüstungssektor, nehmen.

Laut Außenwirtschaftsgesetz darf die Regierung bislang nur beim Verkauf deutscher Rüstungsfirmen sowie bei Aus- und Durchfuhr von Kriegsgerät mitreden. Durch die Änderung steht dem Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie nun ein Prüf- und Untersagungsrecht im Falle des Erwerbs von Beteiligungen durch gemeinschaftsfremde Unternehmen an deutschen Gesellschaften zu. Voraussetzung dafür soll sein, dass die öffentliche Sicherheit und Ordnung im Sinne gefährdet ist und der Erwerb zu einer Beteiligung von mindestens 25 Prozent der Stimmrechte am betroffenen Unternehmen führt.

Kritik am neuen Übernahmeschutz

Die öffentliche Kritik an dieser Änderung ließ nicht lange auf sich warten, so dass hier in einem Kurzüberblick die Reichweite der Novellierung untersucht werden soll.

Von einem „Gummiparagraphen“ ist schon die Rede, da eine eindeutige Definition der „öffentlichen Sicherheit und Ordnung“ kaum zu bewerkstelligen sei. So kann mit solch unscharfen Rechtsbegriffen einem gezielten Missbrauch ebenso der Weg geebnet werden wie einer expansiven Auslegung des Gesetzes.

Zudem droht der Bundesrepublik nun ein neues Vertragsverletzungsverfahren vor dem EuGH, da die Europäische Kommission bereits angekündigt hat, sie werde das Gesetz, welches zum Jahreswechsel 2008/2009 in Kraft treten soll, genau unter die Lupe nehmen. Insbesondere kommt hier eine Verletzung der EU-Grundsätze wie die Kapitalverkehrs- und Niederlassungsfreiheit in Betracht.

Offene Umgehungsmöglichkeiten für ausländische Staatsfonds

Auch scheint es, als hätte die Bundesregierung beim Entwurf dieses Gesetzes längst nicht alle Möglichkeiten einer Umgehung desselben im Blick gehabt.

So stellt sich die Frage, ob es für eine in Deutschland ansässige Tochtergesellschaft eines gemeinschaftsfremden Staatsfonds möglich ist, ein deutsches Unternehmen zu übernehmen, ohne jedoch in den Anwendungsbereich des Außenwirtschaftsgesetzes zu fallen. Darüber hinaus ist unklar, wann ein Erwerb von nationalen Unternehmen bzw. Geschäftsanteilen genau vorliegt.

Ein Blick auf den neu eingeführten § 53 des Außenwirtschaftsgesetzes bietet erste Hinweise für eine Beantwortung dieser Fragen. Demnach kann das Bundeswirtschaftsministerium auch den mittelbaren Erwerb von deutschen Unternehmen untersagen und darüber hinaus ebenfalls den Erwerb eines gemeinschaftsansässigen Unternehmens, an welchem ein Gemeinschaftsfremder mindestens 25 Prozent der Stimmrechte hält.
Das Gesetz sieht vor, dass bei der Berechnung des Stimmrechtsanteils des gemeinschaftsfremden Erwerbers diesem die Anteile anderer Unternehmen, die Anteile des deutsche Zielunternehmen besitzen, zuzurechnen sind, wenn der Erwerber so 25 Prozent oder mehr der Stimmrechte an dem anderen Unternehmen hält. Die Stimmrechte Dritter, mit denen der gemeinschaftsfremde Erwerber eine Vereinbarung über die gemeinsame Ausübung von Stimmrechten abgeschlossen hat, sind dem Erwerber ebenfalls zuzurechnen.

Somit beschränkt sich die Überprüfung der Behörde, ob sich ein ausländisches an ein deutsches Unternehmen „heranschleicht“, um der Genehmigungspflicht zu entgehen, auf zwei Tatbestände. Geprüft werden Erwerbe von Stimmrechten von Tochterunternehmen, die über deutsche Beteiligungen verfügen, sowie die Einflussnahme durch abgeschlossene Stimmbindungsverträge mit dritten Unternehmen, die ebenfalls Stimmrechte am betroffenen deutschen Unternehmen halten.

Bestehen bleibt damit für ein ausländisches Unternehmen aber die Möglichkeit, von einem in der EU ansässigen Unternehmen, welches etwa die Mehrheit an einem deutschen Unternehmen hält, Kaufoptionsrechte zu erwerben. Mit solchen Optionsrechten könnte sich ein ausländischer Fonds bereits bestimmenden Einfluss auf das deutsche Unternehmen sichern, ohne dass das Wirtschaftsministerium dagegen vorgehen könnte. Ebenso könnte dem unerwünschten Gast ein Nießbrauch an Aktien eingeräumt werden und die deutsche Kontrollbehörde könnte wieder nur tatenlos zusehen.
Letztendlich wären auch bei einer bloßen Treuhandschaft von deutschen Aktien, bei welcher der gemeinschaftsfremde Investor das Stimmrecht nach eigenem Belieben ausüben kann, der Exekutive für ein Vorgehen die Hände gebunden.

Denn all diese Fälle können auch nicht unter die von der untergesetzlichen Verordnung erwähnten „mittelbaren Erwerbe“ subsumiert werden. Dafür fehlt es bei einem etwaigen zielgerichteten, staatlichen Eingriff in die Privatautonomie der davon betroffenen Unternehmen an der erforderlichen Bestimmtheit. Eine solche ist jedoch oberste Voraussetzung für ein Einschreiten des Staates. Schließlich werden im deutschen Kapitalmarktrecht, z.B. im Wertpapierhandelsrecht und im Wertpapierübernahmerecht, die oben aufgezählten Umgehungsmöglichkeiten ausdrücklich gesetzlich geregelt. Wieso greift das Außenwirtschaftsgesetz nicht auf diese sich bewährte Regelungstechnik?

Das Ziel der Bundesregierung, ausländische Staatsfonds vom deutschen Markt fernzuhalten, kann daher, sollten die oben genannten Umgehungsmöglichkeiten nicht ausdrücklich erfasst werden, wohl kaum erreicht werden.

Unabhängig von der Frage, ob ein weitergehendes Gesetz wirtschaftspolitisch nicht durchsetzbar war oder aber wieder einmal gesetzgeberischer Pfusch die Erklärung für die Unvollständigkeit der Novelle ist, stellt die neue Regelung eine Halblösung mit vielen Umgehungsmöglichkeiten dar. Der Plan dieser ineffektiven Beschränkungsmöglichkeit sollte aufgrund der reputativen Nachteile für den deutschen Kapitalmarkt aufgegeben werden.


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