Abberufung im Aufsichtsrat

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Urlaub des Aufsichtsratsmitglieds

In dem zugrunde liegenden Fall des OLG Karlsruhe wurde einem Arbeitnehmer, der durch seine Gewerkschaftszugehörigkeit im Aufsichtsrat vertreten war, unangemessenes Verhalten vorgeworfen. Dieses bestand darin, dass er Urlaub ohne vorherige Genehmigung nahm und im Anschluss relevante E-Mails manipulierte beziehungsweise löschte. Nachdem dies eingestanden wurde, erfolgte nicht nur eine außerordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses, sondern es erfolgte auch eine Abberufung als Aufsichtsratsmitglied, die vom Registergericht bestätigt wurde.

Wann wird ein Fehlverhalten im Aufsichtsrat relevant?

Fehlverhalten eines Aufsichtsratsmitglieds kann nach der Rechtsprechung des Oberlandesgerichts (OLG) Karlsruhe auch außerhalb seiner direkten Mandatsausübung abberufungsrelevant sein, sofern eine signifikante Verbindung zur Gesellschaft vorliegt. Dies wurde im Beschluss des OLG Karlsruhe vom 01.03.2022 (Az. 1 W 85/21) deutlich, der sich mit der Frage der verhaltensbedingten Abberufung auseinandersetzte. 


Das Gericht stellte fest, dass für eine Abberufung verwerfliches Verhalten nicht zwingend im Rahmen des Aufsichtsmandats erfolgen muss, sondern eine ausreichende Verbindung zur Gesellschaft und deren Beeinträchtigung als ausreichend erachtet wird.

Typische Streitverfahren betr. Aufsichtsrat

Setzt sich ein Aufsichtsratsmitglied gegen seine Abberufung zur Wehr, sieht das Verfahren in der Regel wie folgt aus:


Wenn die Aufsichtsratabberufung beim Handelsregister eingereicht  und dort bestätigt wird, reagiert das betroffene Aufsichtsratsmitglied wie folgt: Das Mitglied kann gegen den Beschluss des Registergerichts, der die Abberufung ausspricht, mit einer sofortigen Beschwerde vorgehen. Diese muss innerhalb einer gesetzlich festgelegten Frist eingereicht werden. Danach überprüft die Entscheidung des Registergerichts das Beschwerdegericht. Es prüft den Sachverhalt und die Rechtslage. Hierbei werden sowohl die Gründe für die Abberufung als auch die Einwände des Mitglieds berücksichtigt.


Das Gericht kann die Entscheidung des Registergerichts bestätigen, abändern oder aufheben. Im Falle der Bestätigung bleibt die Abberufung wirksam. Bei einer Aufhebung oder Abänderung könnte das Mitglied im Amt bleiben oder es werden neue Bedingungen festgelegt.

Wichtiger Grund zur Abberufung des Aufsichtsratsmitglieds

Gemäß § 103 Abs. 3 Aktiengesetz (AktG) kann die Abberufung eines Aufsichtsratsmitglieds aus wichtigem Grund erfolgen. Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn das Verbleiben des Mitglieds im Amt bis zum regulären Ende der Amtszeit für die Gesellschaft unzumutbar ist, beispielsweise durch erhebliche Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit des Aufsichtsrats.

Das OLG Karlsruhe stellte klar, dass neben der Verletzung von Organpflichten auch sonstiges Fehlverhalten, das die Gesellschaft oder deren Reputation schädigt, ein Abberufungsgrund sein kann. Dies unterstreicht die Notwendigkeit für Aufsichtsratsmitglieder, ihr Verhalten sowohl innerhalb als auch außerhalb ihrer Mandatstätigkeit zu überdenken, um negative Auswirkungen auf die Gesellschaft zu vermeiden.

Für die Praxis bedeutet dies, dass die Abberufung eines Aufsichtsratsmitglieds nicht nur auf direktes Fehlverhalten im Rahmen der aufsichtsrätlichen Tätigkeit zurückgeführt werden kann, sondern auch auf Handlungen, die außerhalb dieser Funktion liegen, sofern sie eine relevante Verbindung zur Gesellschaft aufweisen. Dies gilt insbesondere, wenn das Mitglied aufgrund anderweitiger Verpflichtungen, wie z.B. einer Gewerkschaftszugehörigkeit, im Aufsichtsrat sitzt.

ROSE & PARTNER – Hamburg, Berlin, Hannover, München, Köln, Frankfurt a.M., Köln 

Dr. Boris Jan Schiemzik, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht 

Der Verfasser dieses Artikels, Dr. Boris Jan Schiemzik ist mit seinem Team auf das Gesellschaftsrecht und Corporate Litigation spezialisiert. 

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Foto(s): ROSE & PARTNER


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