Neues Grundsatzurteil: Bekommt ein Bachelor nochmals BAföG?

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Ein Kollege und ich sind für unsere Mandanten in einer wichtigen Frage bis vor das Bundesverwaltungsgericht (BVerG) gegangen. Zwei Fälle, bei denen es um dieselbe Frage ging: Steht einem Bachelor erneut Bafög zu, wenn er / sie nach Unterbrechung im selben Fach den Diplom-Studiengang anschließt? Sogenannten Quereinsteigern also?

Erster Fall: Der Kläger erwarb im September 2012 an einer Berliner Uni den Bachelor im Studiengang Architektur, er arbeitete danach rund anderthalb Jahre in einem Architekturbüro. Zum Sommersemester 2014 startete er dann an der TU Dresden den Diplomstudiengang Architektur im 8. Semester.

Zweiter Fall: Der Kläger schloss im Juli 2011 an einer Uni in Nordrhein-Westfalen den Bachelorstudiengang Physik erfolgreich ab, und begann zum darauffolgenden Wintersemester ebenfalls an der TU Dresden im 7. Semester den entsprechenden Diplomstudiengang. Die erbrachten Studienleistungen vom Bachelor wurden beiden Klägern voll angerechnet. Ihre Anträge auf erneutes BAföG lehnte das Studentenwerk jedoch ab, auch ihre Widersprüche blieben erfolglos. Der Anspruch auf BAföG sei durch den Abschluss der Ausbildung erschöpft, hieß es. Wieso das?

Das Oberverwaltungsgericht war ebenso wie vorher das Verwaltungsgericht der Meinung, in beiden Fällen bestehe sehr wohl ein Förderungsanspruch, und zwar durch das Bologna-Modell (§ 7 Abs. 1a Bundesausbildungsförderungsgesetz – BAföG). Danach müssten Masterstudiengänge, die auf den Bachelor aufbauen, als Teil der beruflichen Erstausbildung gefördert werden. Ergo: Das Begehren der Kläger ist berechtigt, BAföG ja.

Und wie entschied nun das BVerG?

Soviel vorab: Ein bisschen kurios. Es befand zunächst, dass den Klägern der Anspruch NICHT grundsätzlich nach dem Bologna-Modell zusteht. Denn der Gesetzgeber wollte den Grundanspruch auf Förderung einer beruflichen Erstausbildung nicht auf Quereinsteiger in ein Diplomstudium nach Erwerb des Bachelors erstrecken. Dann urteilte es jedoch: Das Diplomstudium der Kläger ist dennoch aus Gründen der Gleichbehandlung und damit wegen besonderer Einzelfallumstände (§ 7 Abs. 2 Satz 2 BAföG) förderungsfähig. Sonst wären die Kläger nämlich gegenüber anderen benachteiligt, deren Zweitausbildung gefördert wird, wenn sie nach einem berufsqualifizierenden Abschluss eine Ausbildung aufnehmen, die sie fachlich weiterführt (§ 7 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BAföG). Hierfür gäbe es keinen Rechtfertigungsgrund. Zumal die volle Anrechnung des Bachelor-Studiengangs belegt, dass dieser Teil des Diplomstudiums ist und die Kläger somit nicht länger gefördert werden, als wenn sie diesen Studiengang gleich ergriffen hätten. Mit Verlaub: Bisschen mit der Kirche durchs Dorf begründet, doch in Ordnung. 

Am Ende hat sich lange Weg durch die Instanzen gelohnt, nur das zählt. Und übrigens nicht nur für unsere beiden Mandanten. Viele weitere Quereinsteiger werden durch die Urteile nun künftig BAföG beim Diplomstudium erhalten. Darüber freuen wir uns sehr!

Ihr Rechtsanwalt

Gerhard Rahn, Dresden / deutschlandweit

BVerwG 5 C 10.17 (Architektur), BVerwG 5 C 12.17 (Physik)


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