Notwehr oder Straftat? Wann ist Verteidigung erlaubt? ⚖️🚨

  • 3 Minuten Lesezeit

1. Einleitung: Darf ich mich verteidigen, ohne bestraft zu werden?

Ob auf der Straße, in der eigenen Wohnung oder im beruflichen Umfeld – jeder kann plötzlich in eine Situation geraten, in der er sich verteidigen muss. Doch wann ist Notwehr wirklich erlaubt? Und wann überschreitet die Verteidigung die Grenze zur Straftat?

Nach § 32 StGB ist Notwehr eine erlaubte Verteidigung gegen einen rechtswidrigen Angriff. Doch die Voraussetzungen sind streng geregelt. In diesem Ratgeber erfährst du, was das Gesetz erlaubt – und wann du Gefahr läufst, dich selbst strafbar zu machen.


2. Die gesetzliche Grundlage: Notwehr nach § 32 StGB

Notwehr ist in § 32 des Strafgesetzbuches (StGB) geregelt. Dort heißt es:

➡ Abs. 1: „Wer eine Tat begeht, die durch Notwehr geboten ist, handelt nicht rechtswidrig.“
Abs. 2: „Notwehr ist die Verteidigung, die erforderlich ist, um einen gegenwärtigen rechtswidrigen Angriff von sich oder einem anderen abzuwenden.“

Das bedeutet: Wer sich in einer Notwehrsituation verteidigt, macht sich nicht strafbar – aber nur, wenn alle Voraussetzungen erfüllt sind.

Drei zentrale Bedingungen müssen gegeben sein:

Ein gegenwärtiger, rechtswidriger Angriff

✅ Eine geeignete Verteidigungshandlung

✅ Keine Einschränkungen durch sozialethische Grenzen („Gebotenheit“)


3. Wann liegt eine Notwehrlage vor?

Damit eine Notwehrhandlung gerechtfertigt ist, muss eine Notwehrlage bestehen. Das bedeutet, dass ein rechtswidriger Angriff unmittelbar bevorstehen oder bereits stattfinden muss.

🔹 Der Angriff muss gegenwärtig sein

Ein Angriff ist gegenwärtig, wenn er unmittelbar bevorsteht, gerade passiert oder noch fortdauert.

Beispiel: Jemand hebt die Faust, um dich zu schlagen. Du darfst dich verteidigen, bevor du getroffen wirst.

Kein Notwehrfall: Jemand hat dich letzte Woche beleidigt. Wenn du jetzt zuschlägst, ist das keine Notwehr, sondern eine Körperverletzung.

🔹 Der Angriff muss rechtswidrig sein

Nur wenn der Angreifer kein Recht hat, dich anzugreifen, ist Notwehr erlaubt.

Beispiel: Ein Räuber entreißt dir deine Tasche. Du hältst sie fest und wehrst dich – das ist Notwehr.

Kein Notwehrfall: Ein Polizist nimmt dich fest. Hier darfst du dich nicht mit Gewalt wehren, denn die Festnahme ist rechtmäßig.


4. Welche Verteidigung ist erlaubt?

Die Verteidigungshandlung muss geeignet sein, um den Angriff abzuwehren oder zumindest abzuschwächen.

✔ Erlaubt: Jemand greift dich an, du stößt ihn weg oder schlägst zurück.
Nicht geeignet: Du beleidigst den Angreifer nur – das stoppt den Angriff nicht.

Tödliche Verteidigungsmittel (z. B. Messer, Schusswaffen) sind nur als letztes Mittel erlaubt!

➡ Beispiel: Ein Einbrecher greift dich an, du setzt Pfefferspray ein. Das ist in der Regel erlaubt.
Aber: Wenn du sofort mit einem Messer zustichst, wird genau geprüft, ob das wirklich notwendig war.


5. Wann ist Notwehr problematisch? – Die Grenzen der Selbstverteidigung

Nicht jede Notwehrhandlung ist automatisch straffrei. In bestimmten Fällen kann sie eingeschränkt sein.

⚠ Krasses Missverhältnis zwischen Angriff und Verteidigung

Notwehr darf zwar auch hart ausfallen, aber sie darf nicht völlig überzogen sein.

Beispiel: Jemand gibt dir eine Ohrfeige – du ziehst ein Messer und stichst zu. Das wäre keine Notwehr mehr, sondern eine unverhältnismäßige Reaktion.

⚠ Notwehr gegen Schuldunfähige (z. B. Kinder oder geistig beeinträchtigte Personen)

Hier erwartet die Rechtsprechung, dass zunächst mildere Abwehrmaßnahmen genutzt werden.

Beispiel: Ein verwirrter Mann greift dich an. Hier solltest du zunächst versuchen, auszuweichen oder ihn zu beruhigen, bevor du Gewalt anwendest.

⚠ Notwehrprovokation – Wer Streit sucht, verliert sein Notwehrrecht

Wer absichtlich eine Eskalation provoziert, kann sich oft nicht auf Notwehr berufen.

Beispiel: Jemand beleidigt absichtlich eine Gruppe von Menschen, um eine Reaktion zu provozieren – und schlägt dann zurück. Das wäre keine Notwehr.


6. Fazit: Notwehr ist ein starkes Recht – aber kein Freifahrtschein für Gewalt

📌 Merke:

Notwehr ist erlaubt, aber nur, wenn ein gegenwärtiger rechtswidriger Angriff vorliegt.Die Verteidigung muss geeignet sein – tödliche Mittel sind nur als letzter Ausweg zulässig.In bestimmten Fällen kann das Notwehrrecht eingeschränkt sein, z. B. bei Angriffen durch Schuldunfähige oder bei Notwehrprovokation.

Wer sich falsch verteidigt, kann sich selbst strafbar machen – und braucht möglicherweise rechtliche Unterstützung!


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