Nutzungsausfall nach einem Verkehrsunfall – was steht mir zu?

  • 4 Minuten Lesezeit

Was ist Nutzungsausfall?

Das Kraftfahrzeug als solches stellt einen geldwerten Vermögensbestandteil dar. Fällt dieser Vermögenswert für einen gewissen Zeitraum weg, entsteht ein ersatzpflichtiger Schaden. Ist das Fahrzeug nicht mehr fahrbereit oder nicht mehr verkehrssicher, kann der Geschädigte zwischen einem Mietfahrzeug und dem Nutzungsausfall wählen. Auch für den Zeitraum der Reparatur hat der Geschädigte einen Anspruch auf einen Mietwagen oder Nutzungsausfall. Den Nutzungsausfall kann der Geschädigte gegenüber dem Schädiger und dessen Haftpflichtversicherung geltend machen.

Wie berechnet sich der Nutzungsausfall?

Die Höhe des Nutzungsausfalls bemisst sich zum einen anhand des Pkw-Typs. Dazu dient die Tabelle namens Eurotax Schwacke. Anhand dieser Tabelle lässt sich die Höhe des Nutzungsausfalls pro Tag für die verschiedenen Fahrzeugtypen bestimmen. Die Tabelle unterteilt die Fahrzeugmodelle dabei in insgesamt 11 Gruppen (A-L). Ist das Fahrzeug älter als fünf bzw. zehn Jahre, wird regelmäßig eine Abstufung der Klasse vorgenommen. Zum anderen bemisst sich die Höhe des Nutzungsausfalls anhand der Dauer des Zeitraums, in der das beschädigte Fahrzeug nicht genutzt werden kann.

Kann ich den Nutzungsausfall auch bei einer fiktiven Abrechnung geltend machen?

Für die Geltendmachung der Nutzungsausfallentschädigung ist ein Nachweis einer konkreten Beeinträchtigung erforderlich. Eine solche Beeinträchtigung liegt nicht vor, wenn das Fahrzeug überhaupt nicht repariert wird, denn die Beeinträchtigung zeigt sich gerade durch einen Nutzungswillen des Geschädigten.

Was genau ist der Nutzungswille?

Voraussetzung für eine Ausfallentschädigung ist eine „fühlbare Beeinträchtigung“. Häufig wird von den Versicherungen der Nutzungswille bestritten, wenn der Geschädigte nicht zeitnah eine Reparatur durchführt oder ein Ersatzfahrzeug anschafft. Von der Rechtsprechung wird allerdings vermutet, dass zugelassene Fahrzeuge ständig genutzt werden sollen. Grundsätzlich besteht im Einzelfall aber die Möglichkeit, den Nutzungswillen durch Vortrag der Nutzungsgewohnheiten vor dem Unfall zu dokumentieren. Der Nutzungswille kann allerdings fehlen, wenn sich der Geschädigte unfallbedingt im Krankenhaus befindet, bettlägerig erkrankt ist, ihm der Führerschein entzogen wurde oder er sich im Urlaub befindet. Dies kann sich allerdings wiederum ändern, wenn nachgewiesen werden kann, dass das Fahrzeug regelmäßig von anderen Personen mitbenutzt wird. Handelt es sich um einen Totalschaden, muss der Geschädigte eine Ersatzbeschaffung nachweisen, da ansonsten das Fehlen des Nutzungswillens vermutet wird.

Was ist, wenn ein anderes Fahrzeug zur Verfügung steht?

Neben dem fehlenden Nutzungswillen erheben die Versicherungen gerne den Einwand, dass ein Zweitfahrzeug zur Verfügung stehe. Hintergrund ist, dass die Versicherung meint, der Geschädigte hätte die unfallbedingt verlorene Nutzungsmöglichkeit durch das andere Fahrzeug kompensieren können. Allerdings steht dem Geschädigten auch in diesen Fällen die Nutzungsausfallentschädigung zu, wenn das Zweitfahrzeug von einem Angehörigen ständig genutzt wird.

Wie kann ich die Reparatur nachweisen?

Der Nachweis der Reparatur ist auf verschiedene Weise möglich. Zum einen bietet es sich an, Fotoaufnahmen des reparierten Fahrzeugs mit einer aufgelegten Zeitung (zwecks Datums) vorzulegen. Zum anderen kann auch die Werkstattrechnung an die Versicherung übermittelt werden.

Für welchen Zeitraum bekomme ich Nutzungsausfall?

Ist das Fahrzeug nicht mehr fahrbereit, beginnt der Zeitraum der Nutzungsausfallentschädigung mit dem Tag des Unfalls. Ab diesem Zeitpunkt werden bis zu 14 Tage Nutzungsausfall erstattet. Der Geschädigte ist also gut beraten, das beschädigte Fahrzeug schnellstmöglich reparieren zu lassen. Unter Umständen kann aber auch zusätzlich noch eine Überlegungsfrist eingeräumt werden, wenn die Höhe des Schadens innerhalb der sogenannten 130-Prozent-Regelung liegt. Das ist dann der Fall, wenn sich die Kosten für die Reparatur zwischen 100 und 130 Prozent der erforderlichen Kosten für die Beschaffung eines gleichwertigen Gebrauchtwagens bewegen. Hintergrund ist, dass dem Geschädigten zusätzlich Zeit eingeräumt werden soll, um sorgfältig zu überlegen, ob er das Fahrzeug reparieren lassen möchte oder eine Neuanschaffung bevorzugt.

Bei einem wirtschaftlichen Totalschaden muss sich der Geschädigte regelmäßig um eine Ersatzbeschaffung kümmern. Da er bis zum Kauf sein altes Fahrzeug nicht nutzen kann, steht ihm ebenfalls für diesen Zeitraum Nutzungsausfall zu. Dieser Zeitraum wird regelmäßig auf 14 Tage bemessen. Allerdings muss hier beachtet werden, dass der Geschädigten erst nach Vorlage des Gutachtens weiß, in welcher Preisklasse eine Ersatzbeschaffung in Frage kommt. Insofern kommen hier häufig mehr als 14 Tage in Betracht, was allerdings immer wieder zu Streit mit den Versicherungen führt.

Wie verhält es sich, wenn ich das Fahrzeug gewerblich nutze?

Grundsätzlich steht dem Geschädigten in einem solchen Fall der Gewinnausfall zu. Allerdings muss der entgangene Gewinn konkret berechnet werden. Hierzu bietet es sich an, die Bezifferung mithilfe eines Steuerberaters vorzunehmen.

Fazit:

Das Thema Nutzungsausfall sorgt immer wieder für Streitigkeiten mit den Versicherungen. Regelmäßig wird der Nutzungsausfall als solcher oder aber die Dauer von den Versicherungen beanstandet. Die Versicherungen handeln dabei natürlich nicht im Sinne des Geschädigten, sondern im Sinne der eigenen Bilanz. Damit Sie wissen, was genau Ihnen zusteht und mit welchen Mitteln und Argumenten Sie Ihre Ansprüche durchsetzen können, empfiehlt es sich, einen Rechtsanwalt hinzuziehen. Trifft Sie keine Schuld an dem Verkehrsunfall, werden die Rechtsanwaltskosten von der Versicherung übernommen.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwalt Fabian Kierdorf

Beiträge zum Thema