OLG Karlsruhe: Ansprüche im Diesel-Abgasskandal noch nicht verjährt!

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Als weiteres Oberlandesgericht hat nun auch das OLG Karlsruhe mit seinem Urteil vom 09.07.2021 (Az.: 13 U 168/21) bestätigt, dass Ansprüche, welche im Rahmen des Diesel-Abgasskandals entstanden sind, gem. § 852 BGB noch nicht verjährt sind.

Im Verfahren vor dem OLG Karlsruhe hatte der Kläger im Jahre 2015 einen VW Touran, welcher mit dem Motor EA 189 ausgestattet war, als Neuwagen erworben. Noch im selben Jahr trat der VW-Abgasskandal an die Öffentlichkeit. Auch der erworbene VW Touran des Klägers war vom Abgasskandal betroffen. Der Kläger ließ das daraufhin von der VW AG angebotene Software-Update aufspielen; vor Gericht zog er jedoch erst im Jahre 2020.


Verfahren in zweiter Instanz erfolgreich 

Das Verfahren erster Instanz ist für den Kläger aufgrund der Einrede der Verjährung erfolglos geblieben. Auch ein (Rest-)Schadensersatzanspruch gem. § 852 BGB ist abgelehnt worden.

Nachdem der Kläger gegen dieses Urteil Berufung eingelegt hatte, lässt sich nun ein Erfolg verzeichnen. Das OLG Karlsruhe hat die Beklagte, die VW AG, zur Zahlung eines bestimmten Betrages Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des betroffenen Fahrzeugs verurteilt.

Der Schadensersatzanspruch gem. §§ 826, 31 BGB wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung wurde vom Senat bejaht.

Auf den ersten Blick erscheint dieser Anspruch jedoch verjährt.

Im Rahmen der Regelverjährung von 3 Jahren, beginnt die Frist mit Ende des Jahres zu laufen, in welchem der Kläger von den anspruchsbegründenden Tatsachen Kenntnis erlangt hat oder aufgrund grober Fahrlässigkeit nicht erlangt hatte, vgl. §§ 195, 199 I BGB.

Im vorliegenden Falle hatte der Kläger bereits im Jahre 2015 Kenntnis vom Diesel-Abgasskandal und durch das Aufspielen des Software-Updates, auch von der Betroffenheit seines Fahrzeugs erlangt. Damit würde die Verjährungsfrist ab Ende 2015 bis zum Ende des Jahres 2018 laufen. Da die Klage jedoch erst im Jahre 2020 bei Gericht eingereicht worden ist, wäre dies verspätet geschehen und der Schadensersatzanspruch folglich verjährt.


§ 852 BGB – Der Rettungsring der Verbraucher 

Doch sei nicht zu vergessen, dass die Regelverjährung nicht greift, wenn die Rechtsgrundsätze der ungerechtfertigten Bereicherung durchgreifen.

So heißt es in § 852 1 BGB:

„Hat der Ersatzpflichtige durch eine unerlaubte Handlung auf Kosten des Verletzten etwas erlangt, so ist er auch nach Eintritt der Verjährung des Anspruchs auf Ersatz des aus einer unerlaubten Handlung entstandenen Schadens zur Herausgabe nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung verpflichtet.“

Im Falle vor dem OLG Karlsruhe waren gerade diese Voraussetzungen gegeben. Die VW AG hatte durch eine unerlaubte Handlung, die vorsätzliche sittenwidrige Schädigung gem. § 826 BGB, etwas von dem Kläger erhalten – und zwar den Kaufpreis.

Damit ist dieser unter Berücksichtigung des endgültig verjährten Anspruchs von der Beklagten zurückzuzahlen. Jedoch sind die gezogenen Nutzungen, also die gefahrenen Kilometer, vom Anspruch abzuziehen.

Zusätzlich können Besitzer eines betroffenen Fahrzeugs aufatmen – die Verjährungsfrist des § 852 BGB beträgt 10 Jahre ab Kaufvertrag.


Erfreulicher Ausblick für verjährt geglaubte Ansprüche 

Das OLG Karlsruhe ist nun das zweite Oberlandesgericht, welches den „kleinen“ Schadensersatz gem. § 852 BGB im Rahmen der Verjährungsproblematik bejaht.

Damit besteht ein weiteres verbraucherfreundliches Urteil, welches verjährt geglaubte Ansprüche wieder ans Tageslicht hervorholt. Immer fester wird der Weg, welchen die Oberlandesgerichte ebnen, damit die Verbraucher ein erfolgreiches Verfahren im Abgasskandal führen können.


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