OLG München bestätigt Anwendbarkeit von § 130 OWiG im Konzern

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Der 3. Strafsenat des OLG München hat per Beschluss vom 23. September 2014 (3 Ws 599/14, 3 Ws 600/14) eine folgenreiche Entscheidung für Leitungsorgane von Konzernobergesellschaften getroffen.

Das Gericht hält es grundsätzlich für möglich, dass Konzernmütter nach § 130 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten (OWiG) für ihre Tochtergesellschaften haften können.

§ 130 OWiG setzt voraus, dass der Inhaber eines Betriebes oder Unternehmens vorsätzlich oder fahrlässig die Aufsichtsmaßnahmen unterlässt, die erforderlich sind, um in dem Betrieb oder Unternehmen Zuwiderhandlungen gegen Pflichten zu verhindern, die den Inhaber treffen und deren Verletzung mit Strafe oder Geldbuße bedroht ist, wenn eine solche Zuwiderhandlung begangen wird, die durch gehörige Aufsicht verhindert oder wesentlich erschwert worden wäre.

Diese Aufsichtspflichtverletzung stellt eine Ordnungswidrigkeit dar, die mit einer Geldbuße von bis zu einer Million Euro geahndet werden kann.

Die Frage, ob § 130 OWiG auf Konzernsachverhalte Anwendung findet, ist bislang nicht höchstrichterlich geklärt.

Der BGH ließ die Frage in einer Entscheidung aus dem Jahre 1981 offen.

Das OLG München ist der Ansicht, dass die Frage der Anwendbarkeit des § 130 OWiG auf Konzernsachverhalte nicht pauschal beantwortet werden könne, sondern dass auf die Umstände des Einzelfalls abzustellen sei.

Danach sind die tatsächlichen Verhältnisse im Konzern maßgebend, vor allem die Frage der tatsächlichen Einflussnahme der Konzernmutter auf die Tochtergesellschaft.

Das OLG München bejaht eine gesellschaftsrechtliche Aufsichtspflicht der Konzernmutter gegenüber der Tochtergesellschaft, wenn die Konzernmutter der Tochtergesellschaft Weisungen erteilt, die das Handeln der Tochtergesellschaft beeinflussen und dadurch die Gefahr der Verletzung betriebsbezogener Pflichten begründet wird.

In den Beschlussgründen verweist das OLG München explizit auf die wegweisende Dissertation des Münchner Wirtschaftsstrafrechtlers Dr. Christian Caracas („Verantwortlichkeit in internationalen Konzernstrukturen nach § 130 OWiG“) und schließt sich dessen Meinung an, wonach sich der Umfang der Aufsichtspflicht nach der tatsächlichen Einflussnahme richtet.

Der Beschluss des OLG München dürfte ein weiterer Anreiz für den Ausbau von konzernweiten Compliance-Strukturen sein.

Fortan ist mit einem erhöhten Haftungsrisiko der Holdinggesellschaft für Ihre – auch ausländischen – Tochtergesellschaften zu rechnen.

Daran schließt sich eine Reihe weiterer, noch ungeklärter Rechtsfragen an, zum Beispiel die Frage, ob sich deutsche Konzernobergesellschaften für Korruptionshandlungen von Entscheidungsträgern im Ausland ansässiger Tochtergesellschaften nach § 130 OWiG verantworten müssen, wenn deren Handlungen nach den Maßstäben des Sitzstaates kein strafbares Unrecht darstellen.

So ist zum Beispiel die Bestechung im geschäftlichen Verkehr (§ 299 StGB) in vielen Rechtsordnungen nicht strafbar. In Kolumbien ist die Bestechung eines Angestellten eines privaten Unternehmens (corrupción privada) erst seit dem 12. Juli 2011 mit Inkrafttreten des Antikorruptionsstatuts (Gesetz 1474/2011) strafbar.

Die Klärung derartiger internationaler konzernrechtlicher Fragestellungen wird infolge des Beschlusses des OLG München an Relevanz gewinnen.


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