OLG Nürnberg kippt Widerrufsbelehrung aus dem Jahre 2010!

  • 2 Minuten Lesezeit

Darlehenswiderruf – Erneut verbraucherfreundliche Entscheidung (OLG Nürnberg Fürth Urt. v.11.07.2016 – Az. 14 U 1780/15)

Mit Urteil vom 11.07.2016 hat nun auch das OLG Nürnberg Fürth – Az. 14 U 1780/15 zu dem brisanten Thema „Verbraucherdarlehenswiderruf“ Stellung genommen.

Entschieden wurde über die Rechtswidrigkeit einer fehlerhafte Widerrufsbelehrung aus dem Jahr 2010. Die relevante Widerrufsbelehrung enthielt die Formulierung, dass die Frist nach Abschluss des Vertrags beginne, aber erst nach Erhalt aller Pflichtangaben nach § 492 II BGB.

Das Gericht beurteilte dies, als nicht ausreichend, den Fristbeginn verlässlich und mit zumutbarem Zeitaufwand zu ermitteln. Dem Verbraucher werde nicht verdeutlicht, wie viele und welche Pflichtangaben er eventuell noch erhalten muss. Diese Situation sei vergleichbar mit der durch den BGH bereits als fehlerhaft beurteilten Formulierung „frühestens mit Erhalt dieser Belehrung“. Auch reiche eine beispielhafte Benennung weniger Pflichtangaben nicht aus, der Belehrung den Charakter als pauschalen Appell an den Verbraucher, selbst den Fristbeginn zu bestimmen und entsprechend zu subsumieren, zu nehmen.

Selbst die Tatsache, dass die streitgegenständliche Widerrufsbelehrung mit dem Muster in Anlage 6 zu Artikel 247 § 6 EGBGB a. F. übereinstimmt, rechtfertige – nach Ansicht des OLG Nürnberg-Führt – nicht die unzureichenden Angaben zur Widerrufsfrist, denn auch das Muster enthalte keine tauglichen Fristangaben.

Weiter stellte das Gericht fest, dass sich die Beklagte nicht auf die Gesetzlichkeitsfiktion gem. Artikel 247 § 6 II 3 EGBGB a. F. stützen könne. Die in Ziffer 11 des Darlehensvertrags enthaltene Widerrufsinformation weise nicht die Form auf, die zur Erlangung der Gesetzlichkeitsfiktion erforderlich ist. Die Klausel werde insgesamt nicht hinreichend hervorgehoben, da sie sich ohne sichtbare optische Abweichung in den übrigen Vertragstext einfüge und der Widerrufstext sich über zwei Seiten ziehe.

Das OLG Nürnberg Fürth verneint auch den Einwand einer unzulässigen Rechtausübung. Es fehle an Umständen, auf die die Beklagte ein Vertrauen darauf hätte bilden können, die Kläger würden von ihrem Widerrufsrecht keinen Gebrauch machen (Umstandsmoment). Nicht ausreichend für dieses Vertrauen ist nach gerichtlicher Beurteilung das Verhalten eines Kunden, der von seinem Widerrufsrecht keine Kenntnis hat. Allein der Umstand, dass sich der Kunde vertragstreu verhält, lasse nicht die Annahme zu, dieser würde auch in Kenntnis seines Widerrufsrechts von der Geltendmachung dieses Rechts absehen.

Auch hätte die Beklagte selbst die Widerrufsfrist zum Laufen bringen können, indem sie von der Möglichkeit der Nachbelehrung Gebrauch gemacht hätte. Dies sei ihr auch zumutbar, da der Mangel der Belehrung aus ihrer Sphäre stamme und sie dazu gesetzlich verpflichtet war ordnungsgemäß zu belehren.

Zudem sei es auch unerheblich, aus welchen Gründen der Widerruf erfolgt ist. Dies lasse sich dem Gesetz entnehmen, wonach die Ausübung des Widerrufsrechts nicht an eine Begründungspflicht geknüpft ist (vgl. § 355 I 2, § 495 II BGB a. F.). Der Verbraucher dürfe dieses „ewige Widerrufsrecht“ zu seinen Gunsten nutzen, ohne sich dadurch dem Vorwurf rechtsmissbräuchlichen Verhaltens auszusetzen.

MPH Legal Services (RA Dr. Martin Heinzelmann, LL.M., (Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht). MPH Legal Services vertritt Darlehensnehmer in Widerrufsfällen bundesweit.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwalt Dr. Martin Heinzelmann LL.M.

Beiträge zum Thema