OLG: Online-Marktplatz wie eBay oder Amazon muss nicht verkehrsfähige Produkte sperren und zukünftig prüfen

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Auf Verkaufsplattformen wie eBay oder Amazon werden zum Teil, häufig von ausländischen Verkäufern, Produkte angeboten, die gefährlich sind und die nicht verkehrsfähig sind. Häufige Fehler sind

  • eine fehlende Herstellerkennzeichnung,
  • ein fehlendes CE-Zeichen oder
  • ein unzulässig angebrachtes CE-Zeichen oder konkrete
  • produktbezogene Informationspflichten am Produkt oder der Verpackung, wie z. B. bei Spielzeug, Medizinprodukten oder persönlicher Schutzausrüstung (PSA).

Zum Teil gibt es sehr spezielle Vorschriften, z. B. im Lebensmittelrecht oder bei bestimmten technischen Produkten, die einzuhalten sind. All diese Zertifizierungen und Informationspflichten sind kein Selbstzweck: Es soll unter allen Umständen gewährleistet sein, dass das Produkt sicher ist und den Verbraucher nicht schädigt. In der Regel ist der Vertrieb bei Kennzeichnungsmängeln schlichtweg verboten. hinzukommt, dass Produkte, bei denen z. B. eine CE-Kennzeichnung vorgeschrieben ist, bestimmte Voraussetzungen erfüllen müssen. Fehlt diese Kennzeichnung, kann oftmals davon ausgegangen werden, dass die gesetzlichen Vorgaben auch nicht eingehalten werden.

Viele Verkäufer, gerade bei Amazon empfinden es- zurecht- als erhebliche Wettbewerbsverzerrung, wenn gerade ausländische Anbieter preiswert nicht verkehrsfähige Produkte im gleichen Segment anbieten. Rechtskonformität und Verkehrsfähigkeit von Produkten, die auch immer etwas mit Sicherheit zu tun hat, kostet Geld. Die schlägt sich letztlich auch im Verkaufspreis nieder.

Ich melde für Verkäufer bei Amazon schon seit langem nicht verkehrsfähige Produkte, mit dem Ziel, dass die Produkte bei Amazon gesperrt werden. Weitere Information zur Sperrung nichtverkehrsfähiger Produkte bei Amazon habe ich hier zusammengefasst.

Ein grundsätzliches Problem ist, dass einige Produkte relativ schnell wieder online sind. Amazon fordert nach unserer Kenntnis von dem betroffenen Verkäufer Informationen an, aus denen sich ergibt, dass die Mängel beseitigt wurden. In der Praxis ist dies jedoch zum Teil in der Realität dann nicht der Fall. Die Produkte müssten in diesem Fall wiederum bei Amazon gemeldet werden.Nunmehr gibt es gegebenenfalls auch eine Alternative aus dem Wettbewerbsrecht:

OLG Frankfurt: Betreiber eines Online-Marktplatzes haftet für Rechtsverletzungen bei nicht verkehrsfähigen Produkten

Nach einer Entscheidung des Oberlandesgerichtes Frankfurt (OLG Frankfurt, Urteil vom 24.06.2021, Az: 6 U 244/19) kann ein Wettbewerber für den Fall, dass auf einer Plattform nicht verkehrsfähige und gefährliche Produkte angeboten werden auch Ansprüche gegenüber dem Plattformbetreiber geltend machen.

Worum ging es?

Auf der Plattform eBay waren sogenannte Schwimmscheiben angeboten worden, bei denen Name und Kontaktanschrift des Herstellers bzw. des Bevollmächtigten fehlte. Des Weiteren waren auf den Schwimmscheiben oder deren Typenschild keine CE-Kennzeichnung angebracht. Des handelte sich um Angebote chinesischer Herkunft. Bei den Schwimmschreiben handelt es sich rechtlich gesehen um persönliche Schutzausrüstung (PSA). Dem Kläger ging es auch um eine Prüfungspflicht der Plattform.

Das OLG bejahte diese Prüfungspflicht, nämlich in der Form, dass es der Plattform untersagt wurde, Angebote des Verkäufers zu schalten, bei denen auf den Lichtbildern (Produktbilder) das Fehlen der CE-Kennzeichnung und der Herstellerangaben zu erkennen ist.

Die nachfolgenden Ausführungen sind nach meiner Auffassung auch unproblematisch auf andere Plattformen, wie Amazon übertragbar.

Nicht neu ist für diesen Fall die Klarstellung des Senates, dass ein Verstoß gegen die Verpflichtungen aus der PSA-Verordnung (VO (EU) 2016/425) eine Marktverhaltensregelung ist und damit ein Verstoß auch wettbewerbswidrig ist. Insbesondere gibt es gem. Art. 11 Abs. 2 eine Überprüfungspflicht der Verkäufer, wenn diese PSA anbieten.

Haftung der Plattform aufgrund einer Verletzung einer wettbewerbsrechtlichen Verkehrspflicht

Das OLG nahm eine Haftung der Plattform unter dem Gesichtspunkt der Verletzung einer wettbewerbsrechtlichen Verkehrspflicht an. Folge ist eine Prüfungspflicht. Diese besteht für einen Plattformbetreiber erst ab Kenntnis des rechtswidrigen Inhalts.

Der Betreiber eines Online-Marktplatzes muss daher, wenn er auf eine klare Rechtsverletzung hingewiesen worden ist, das konkrete Angebot unverzüglich sperren. Des Weiteren besteht eine Verpflichtung, gleichartige Verletzung in Zukunft zu verhindern. Genau dieser Aspekt ist neu

Verpflichtung zur Sperrung von weiteren rechtswidrigen Angeboten auch ohne erneuten Hinweis

Nach Ansicht des OLG Frankfurt besteht, wenn bei einem Verkäufer bereits einmal ein Produkt als nicht verkehrsfähig gemeldet wurde, die Verpflichtung des Plattformbetreiber, weitere Angebote desselben Verkäufers mit denselben Produkten zu überprüfen, bevor diese freigeschaltet werden. Die Überprüfung hat, sodass OLG, anhand der vom Verkäufer genutzten Produktbilder zu erfolgen.

Was dies in der Praxis bedeutet, zeigt der vorliegende Fall: Es ging um Schwimmschreiben ohne CE-Kennzeichnung und ohne Herstellerkennzeichnung. Beide Informationen müssen auf dem Produkt stehen. Der Plattformbetreiber ist daher verpflichtet, zu überprüfen, ob auf dem Produktbild des bereits aufgefallenen Verkäufers bei demselben Produkt (in diesem Fall CE-Kennzeichnung und Herstellerkennzeichnung) auf dem Produkt erkennbar sind.

Dem Plattformbetreiber ist ferner zuzumuten, über eine entsprechende Filtersoftware Angebote derjenigen Accounts zu ermitteln, bei denen in der Vergangenheit rechtsverletzende Angebote bereits angezeigt wurden. Eine Kontrolle, ob aus den Bildern oder dem Angebotstext eine formelle Erfüllung der Kennzeichnungspflicht hervorgeht, sei zumutbar. Nicht zumutbar ist dagegen die Überprüfung, ob die Kennzeichnung zu Recht angebracht worden ist.

Plattform ist aus der Haftung bei falschem Produktbild

Ebenfalls Gegenstand der Entscheidung des OLG ist ein Sachverhalt, bei dem auf dem Produktbild eine CE-Kennzeichnung der Schwimmscheibe angezeigt wurde. Es handelte sich hierbei um eine Falschangabe, tatsächlich enthielt das Produkt keine CE-Kennzeichnung. Da nach Ansicht des OLG Frankfurt die Plattform anhand vorliegender Produktbilder eine Überprüfung vornehmen muss, besteht keine Haftung der Plattform, wenn der Verkäufer falsche Produktbilder vorliegt.

Es muss sich um offensichtlich erkennbare Mängel am Produkt selbst handeln. Im vorliegenden Fall sah das OLG keine Prüfungspflicht bei der Frage, ob dem Produkt (was vorgeschrieben ist) eine EU-Konformitätserklärung beigefügt war.

Fazit

Die Reichweite und die Relevanz der Entscheidung des OLG Frankfurt ist kaum zu unterschätzen: Eine Plattform wie Amazon z.B. sperrt zwar Produkte, wenn diese mit einer entsprechenden Dokumentation gemeldet werden und nicht verkehrsfähig sind. Eine ernsthafte Kontrolle findet jedoch nicht statt. Die Entscheidung des OLG Frankfurt kann hier den Haftungsmaßstab von Verkaufsplattformen Plattformen deutlich verschieben. Wünschenswert ist jedenfalls, dass Verkaufsplattformen proaktiv überprüfen, ob die angebotenen Produkt überhaupt verkehrsfähig sind.

Jedenfalls ist die Entscheidung gutes Argument gegenüber Amazon, sich nicht nur mit den konkret als nicht verkehrsfähig gemeldeten Produkten zu beschäftigen, sondern ganz grundsätzlich dafür Sorge zu tragen, dass ein Verkäufer diese Produkte nur noch dann anbieten kann, wenn er zumindest Produktfotos vorliegt, die bei äußeren Kennzeichnungsmerkmalen erkennen lassen, dass das Produkt konform ist.

Ich unterstütz Sie bei der Meldung nicht verkehrsfähiger Produkte, insbesondere auf der Plattform Amazon.

Zu mir und meiner Tätigkeit

Ich berate als Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz in meiner Kanzlei Internetrecht-Rostock.de seit vielen Jahren Internethändler zu vielen Aspekten des E-Commerce.

Die Kanzlei Internetrecht-Rostock.de informiert auf ihrer gleichnamigen Internetseite seit mehr als 20 Jahren mit inzwischen über 3.000 Beiträgen über Themen für Online-Händler und berät eine Vielzahl von Online-Händlern bei der Absicherung ihrer Auftritte.

Sie möchten nicht verkehrsfähige Produkte ihrer Wettbewerber bei Amazon sperren lassen?

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Johannes Richard
 Rechtsanwalt
 Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz



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