Online-Marktplatz schuldet ZPÜ keine Geräte- und Speichermedienabgabe (BGH, Urt. 10.11.2022, I ZR 10/22 – rakuten.de)

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Mit Urteil vom 10.11.2022, Az. I ZR 10/22 – rakuten.de hat der Bundesgerichtshof BGH entschieden, dass Online-Marktplätze wie rakuten.de nicht als Händler und Importeure i.S.v. 54b Abs. 1 UrhG der Verpflichtung zur Zahlung der Geräte- und Speichermedienabgaben nach §§ 54 f. UrhG unterliegen.

Entgegen der Ansicht der klagenden Zentralstelle für private Überspielungsrechte (ZPÜ) ist Händler im Sinne des § 54b Abs. 1 UrhG nur, wer gewerblich Geräte und Speichermedien erwirbt und weiterveräußert, also Kaufverträge über diese Produkte abschließt, nicht aber ein Marktplatzbetreiber, der derartige Verkäufe nur vermittelt!

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Aus dem BGH-Urteil (Rz. 12 ff.):

b) Händler im Sinne des § 54b Abs. 1 UrhG ist, wer gewerblich Geräte und Speichermedien erwirbt und weiterveräußert, also Kaufverträge über diese Produkte abschließt ... Entgegen der Auffassung der Revision ist eine erweiternde Auslegung des Händlerbegriffs nicht veranlasst.

... Dieser Auffassung [der ZPÜ] kann nicht beigetreten werden.

(1) Die Gesetzgebungsgeschichte bietet keinen Anhaltspunkt für die Erstreckung des Händlerbegriffs auf Vermittlungsplattformen, die nicht selbst durch den Abschluss von Kaufverträgen in die Vertriebskette einbezogen sind. ...

Auch im Hinblick auf die sog. Ergebnispflicht bei der Gewährung des gerechten Ausgleichs für die Anfertigung von privaten Vervielfältigungen gem. Art. 5 Abs. 2 lit. b), Abs. 5 der europäischen InfoSoc-RiL 2001/29/EG ist es nach Ansicht des BGH nicht geboten, Online-Marktplätze, die nur die Vermittlung von Kaufverträgen über vergütungspflichtige Geräte und Speichermedien ermöglichen, der Gerätevergütung (§ 54 Abs. 1, § 54b Abs. 1, 2 UrhG) zu unterwerfen, BGH, a.a.O., Rz. 22 ff.:

(2) Die von der Revision befürwortete Erweiterung des Händlerbegriffs ist unionsrechtlich nicht geboten.

...

 Allerdings erlegen die vorgenannten Bestimmungen dem Mitgliedstaat, der die Privatkopieausnahme in seinem nationalen Recht eingeführt hat, eine Ergebnispflicht in dem Sinne auf, dass er im Rahmen seiner Zuständigkeiten eine wirksame Erhebung des gerechten Ausgleichs gewährleisten muss, der dazu bestimmt ist, den Urhebern den ihnen entstandenen Schaden insbesondere dann zu ersetzen, wenn er im Hoheitsgebiet dieses Mitgliedstaats entstanden ist, da diesen Bestimmungen sonst jede Wirksamkeit genommen würde (vgl. EuGH, GRUR 2011, 909 (juris Rn. 34) – Stichting de Thuiskopie; Urteil vom 8. September 2022 – C-263/21, GRUR 2022, 1522 (juris Rn. 69) = WRP 2022, 1496 – Ametic, mwN).

Die im Urheberrechtsgesetz vorgesehenen Regelungen über die zur Zahlung der Gerätevergütung verpflichteten Personen – Hersteller, Importeur, Händler – entsprechen diesen unionsrechtlichen Vorgaben. Es ist unionsrechtlich nicht geboten, Online-Marktplätze, die die Vermittlung von Kaufverträgen über vergütungspflichtige Geräte und Speichermedien ermöglichen, in den Kreis der Schuldner der Gerätevergütung aufzunehmen. Durch die Haftung der Hersteller, Importeure und Händler ist sichergestellt, dass der unionsrechtlich vorbestimmten Ergebnispflicht zur Erhebung des gerechten Ausgleichs genügt wird, weil sämtliche Stufen der Handelskette hiervon erfasst sind.

Soweit die Revision darauf verweist, die Geltendmachung von Vergütungsansprüchen gegenüber im Ausland ansässigen Händlern, die auf der Plattform der Beklagten Produkte anböten, sei erschwert, so ist darauf hinzuweisen, dass die Ergebnispflicht der Mitgliedstaaten nicht so weit geht, dass sie sicherstellen müssten, dass die Urheber die Gerätevergütung gegenüber einem im Inland ansässigen Vergütungsschuldner geltend machen können. Vielmehr genügt es, wenn sie die Gerätevergütung gegenüber einem im Ausland ansässigen Vergütungsschuldner geltend machen können, der die Geräte ins Inland eingeführt hat (vgl. BGH, Beschluss vom 7. Januar 2016 – I ZR 155/14, ZUM 2016, 755 (juris Rn. 17) unter Bezugnahme auf EuGH, GRUR 2011, 909 (juris Rn. 30 bis 41) – Stichting de Thuiskopie).

Schließlich komme mangels planwidriger Regelungslücke und fehlender vergleichbarer Interessenlage auch eine analoge Anwendung des § 54b Abs. 1 UrhG, wonach Importeure und Händler wie die Gerätehersteller der Abgabepflicht nach §§ 54 Abs. 1 UrhG unterliegen, nicht in Betracht, BGH, a.a.O., Rz. 29 ff. Und aus den gleichen Gründen ist der verklagte Marktplatz auch nicht als Importeur (Einführer) der auf dem Marktplatz gehandelten Vervielfältigungsgeräte und Speichermedien anzusehen (BGH, a.a.O., Rz. 30 ff.)

Insgesamt wurde die Klage der ZPÜ als vollständig abgewiesen. Marktplatzbetreiber unterliegen keiner Abgabepflicht nach den ´§§ 54 ff. UrhG. Das Urteil ist damit äußerst bedeutsam auch für die Anbieter von Cloud-Dienstleistungen, die ebenfalls von der ZPÜ auf Zahlung der Geräte- und Speichermedienabgaben in Anspruch genommen werden.

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