Online-Scheidung - eine zeit- und geldsparende Alternative?

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In der heutigen digitalen Welt scheint es fast alles online zu geben, einschließlich der Möglichkeit, sich scheiden zu lassen. Die „Online-Scheidung“ hat in den letzten Jahren immer mehr an Popularität gewonnen und bietet eine bequeme und effiziente Möglichkeit, eine Ehe aufzulösen. In diesem Artikel werden wir uns genauer mit der Online-Scheidung befassen, ihre Vor- und Nachteile untersuchen und herausfinden, ob sie die richtige Wahl für Sie ist.

1. Was ist eine Online-Scheidung?

Der Begriff "Online-Scheidung" kann irreführend sein, da es kein eigenes Online-Scheidungsverfahren gibt, bei dem die Ehe vollständig online vor einem Online-Gericht aufgelöst wird. In Deutschland gibt es nur ein Scheidungsverfahren, bei dem die Ehepartner persönlich vor einem Gericht erscheinen und von einem Familienrichter angehört werden müssen (§ 128 FamFG). Durch den technischen Fortschritt sind mittlerweile einige Elemente des Verfahrens online möglich. So muss der Scheidungsantrag inzwischen online eingereicht werden. In einigen Fällen kann der Scheidungstermin per Online-Meeting abgehalten werden. Dies ist jedoch noch selten der Fall und ob ein Termin per Online-Meeting möglich ist, entscheidet jeder Richter individuell. In den meisten Fällen müssen die Ehepartner noch persönlich vor dem Familiengericht erscheinen. Wenn im Internet eine "Online-Scheidung" angeboten wird, bedeutet dies also, dass Sie ausschließlich online mit Ihrem Anwalt kommunizieren können.

2. Wie läuft das Verfahren ab?

Der Ablauf eines solchen Online-Verfahrens ist unkompliziert: Sie füllen ein Formular Ihres Anwalts mit den für die Scheidung relevanten Daten aus und senden an ihn die Heirats- und ggfs. die Geburtsurkunden Ihrer Kinder. Der Anwalt erstellt dann den Scheidungsantrag, den er Ihnen als Entwurf per E-Mail zusendet. Nach Freigabe wird der Antrag beim Gericht eingereicht. Sie erhalten eine Kostenrechnung vom Gericht und sobald Sie diese bezahlt haben, wird der Scheidungsantrag dem anderen Ehepartner zugestellt. Anschließend werden die Rentenversicherungen vom Gericht kontaktiert, um Auskünfte zu den Rentenanrechten während der Ehezeit zu erhalten. Falls Sie in einem notariellen Ehevertrag auf den Versorgungsausgleich verzichtet haben oder die Ehe kürzer als drei Jahre ist und kein Ehegatte einen Antrag auf Versorgungsausgleich stellt, ist dieser Schritt nicht notwendig. Wenn die Rentenauskünfte vorliegen, wird der Scheidungstermin festgesetzt, zu dem Sie gemeinsam mit Ihrem Anwalt persönlich erscheinen müssen.

3. Vorteile der Online-Scheidung?

Die Online-Scheidung bietet viele Vorteile. Sie spart Zeit und ist äußerst bequem. Dank des Online-Verfahrens müssen Sie nicht lange auf einen Termin beim Anwalt warten und haben keine Anfahrtswege. Zudem können Sie unabhängig von den Bürozeiten bequem von Zuhause aus kommunizieren und Ihre Unterlagen übermitteln. Allerdings ist es wichtig zu beachten, dass bei einer Online-Scheidung keine Einsparungen bei den Verfahrenskosten möglich sind. Die gesetzlichen Gebühren sind abhängig vom Verfahrenswert und daher unabhängig von der aufgewendeten Zeit. Der Verfahrenswert wird vom Gericht festgesetzt und setzt sich vereinfacht dargestellt aus dem dreifachen Nettogehalt der Ehegatten zzgl. 5% des gemeinsamen Vermögens (nach Abzug von Schulden und Freibeträgen) zusammen. Es ist berufsrechtlich verboten, für ein Scheidungsverfahren weniger als die gesetzlichen Gebühren zu verlangen. Aus diesem Grund erhält der Anwalt bei einer Online-Scheidung immer die gleichen Gebühren, wie bei einer persönlichen Beratung. Die Möglichkeit, den Verfahrenswert um 30% zu reduzieren, wird oft beworben, ist jedoch in der Praxis selten umsetzbar und nur eine theoretische Option. Eine einvernehmliche Scheidung allein reicht nicht aus, um den Verfahrenswert zu reduzieren (vgl. BVerfG, Beschluss vom 12.10.2009, 1 BvR 735/09, OLG Hamm vom 08.01.2019, 9 WF 232/18). Der Antrag auf Reduzierung des Verfahrenswerts wird deshalb in den allermeisten Fällen abgelehnt.

4. Für welche Fälle eignet sich eine Online-Scheidung?

Nicht jede Scheidung ist für eine Online-Scheidung geeignet. Bei komplexen finanziellen Situationen, Eigentumsaufteilungen und Unterhaltsfragen empfiehlt sich der traditionelle Weg zum Anwalt. Eine Online-Scheidung ist jedoch geeignet, wenn sich beide Ehepartner einvernehmlich trennen möchten und keine größeren Streitigkeiten bezüglich des Vermögens, Unterhalts oder des Sorgerechts bestehen. Das ist in der Regel bei kurzen Ehen, fehlenden Vermögenswerten oder wenn alle Scheidungsfolgen in einer Vereinbarung geregelt sind, der Fall. Weiterhin eignet sich eine Online-Scheidung für Paare, die über eine lange Distanz getrennt sind. Wenn einer der Ehepartner beispielsweise in einem anderen Land lebt, ist es möglicherweise schwierig, die Scheidung persönlich abzuwickeln.

Obwohl eine vollständigen "Online-Scheidung" noch nicht ganz Realität ist, bietet die Möglichkeit, einige Schritte des Scheidungsverfahrens online zu erledigen, eine willkommene Alternative. Wenn Sie erwägen, sich scheiden zu lassen, sollten Sie sich mit einem erfahrenen Anwalt beraten, um herauszufinden, ob eine Online-Scheidung für Sie geeignet ist. Ich empfehle Ihnen, einen Anwalt aus Ihrer Region zu wählen, der auch Online-Beratung anbietet. Auf diese Weise können Sie die Vorteile einer digitalen Kommunikation nutzen. Sollte sich herausstellen, dass Ihre Scheidung nicht für eine reine Online-Kommunikation geeignet ist, können Sie jederzeit ohne Mehrkosten auf eine persönliche Beratung umsteigen. Bei uns können Sie diese Kombination nutzen. Egal, für welche Option Sie sich letztendlich entscheiden, wir gestalten die Scheidung so stressfrei wie möglich für Sie, um Ihnen den Übergang in ein neues Leben zu erleichtern. Kontaktieren Sie uns gerne direkt über Anwalt.de, per E-Mail oder Telefon.

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Foto(s): Rechtsanwälte Wissing Heintz Gehrlein PartGmbB

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