Parental alienation syndrome (PAS) / Eltern-Kind-Entfremdung

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Für die Entwicklung eines Kindes sind sowohl Vater als auch Mutter gleichwertig wichtig. Ohne den zweiten Elternteil kann ein Kind bestimmte Entwicklungsschritte nicht oder nur eingeschränkt vollziehen. Aus diesem Grund ist es bei Trennungs- und Scheidungskindern wichtig einen Umgang mit beiden Elternteilen zu ermöglichen. Nach § 1684 Abs. 2 BGB haben die Eltern alles zu unterlassen, was das Verhältnis des Kindes zum jeweilig anderen Elternteil beeinträchtigt oder die Beziehung erschwert. Eine Trennung der Eltern und der daraus entstehende Konflikt kann jedoch zu einer unnatürlichen Verweigerung des Kindes zu einem Elternteil führen. Das Kind lehnt den Kontakt zu dem Elternteil, mit dem es nicht zusammen wohnt, gänzlich ab, obwohl keine akute Bedrohungslage oder ein Missbrauch vorliegt.

Parental alienation syndrome (PAS), auf Deutsch Eltern-Kind-Entfremdung, soll eine Erklärung dafür bieten, warum sich das Kind von einem Elternteil entfremdet  und welche Rolle der betreuende Elternteil dabei spielt. Dieses Modell tritt fast ausschließlich bei Sorgerechtsstreitigkeiten auf.

PAS ist eine kindliche Folgestörung von schwer manipulativem Fehlverhalten eines Elternteils oder wichtigen Bezugspersonen. Es handelt sich dabei nicht um einen Elternstreit, sondern um einen systematischen, kindlichen Missbrauch mit dem Ziel den Kontakt zu dem anderen Elternteil abzubrechen. Es gibt drei wesentliche Symptome- die Mutter oder der Vater führt eine Symbiose mit dem Kind herbei und grenzt den anderen Elternteil, mit dem Ziel die emotionale Beziehung zwischen dem Kind und diesem zu zerstören, aus. Dritte wie Lehrer, Sozialarbeiter, Gerichtssachverständige oä. werden von dem ausgrenzenden Elternteil  mit eingebunden und instrumentalisiert.

PAS ist ein Erklärungsmodell, aber keine Grundlage zur Lösung des Konflikts. Wird PAS entdeckt, müssen Maßnahmen schnell ergriffen werden. Dem instrumentalisierenden Elternteil müssen Grenzen gesetzt werden, es herrscht eine Null-Toleranz-Grenze. In Fällen der leichten PAS bleibt das Kind grundsätzlich bei dem entfremdeten Elternteil, wenn es bisher schon bei ihm gewohnt hat.  Liegt eine schwerere Form von PAS vor, sollte ein Sorgerechtswechsel der beiden Elternteile durchgeführt werden. Mitunter kommt es vor, dass das Kind in Pflegefamilien untergebracht wird, damit es sich langsam wieder an den entfremdeten Elternteil annähern kann.

Beispiel aus der Rechtsprechung 

Den Eltern stand die gemeinsame elterliche Sorge zu, die Tochter lebte in dem Haushalt der Mutter. Das erstinstanzliche Gericht hat die elterliche Sorge auf den Vater übertragen, da die Mutter den Umgang der Tochter mit dem Vater verhindere. Das OLG war ebenfalls der Auffassung, die Übertragung des Sorgerechts auf den Vater entspreche dem Kindeswohl am besten, da die Mutter auch in Zukunft einen unbefangenen Kontakt mit dem Vater verhindern würde. Ein weiteres Unterbleiben von unbefangenen Umgangskontakt würde zu einer Schädigung des Kindes führen. In diesem Fall war es mithin erforderlich, die Tochter aus dem Haushalt der Mutter zu nehmen (OLG Frankfurt a.M. vom 19.04.2005- 6 UF 155/ 04).

Auch in anderen Fällen entschied das Gericht das alleinige Sorgerecht zu übertragen, wenn ein Umgangsboykott des einen Elternteils vorliegt (OLG Frankfurt a.M. vom 04.05.2000- AZ 3 UF 146/99; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 05.09.2005 II-4 UF 129/05).

Eine starke Entfremdung zu einem Elternteil hat erhebliche Folgen und prägen das ganze Leben des Kindes. Daher ist es wichtig, diese Entfremdung frühzeitig zu entdecken und dementsprechend entgegenzuwirken.

Nicht jedes Umgangsproblem stellt jedoch einen Fall von PAS dar, weshalb im Einzelfall genau zu untersuchen ist, ob eine Eltern- Kind- Entfremdung vorliegt. Allerdings ist auch eine Diagnose PAS zumeist unscharf, weshalb keine klaren, einheitlichen, rechtlichen Folgen zu ziehen sind. Das Kindeswohl steht jedoch in allen Fällen an oberster Stelle. Aus diesem Grund muss genau ermittelt werden, warum das Kind den Kontakt zu einem Elternteil gänzlich ablehnt. Es muss stets die beste Lösung für das Kind gesucht werden.


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