Patientenakte: was muss ich als Arzt beachten, wenn ein Patientenanwalt mich kontaktiert?

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Wenn ein Patient Sie über seinen Anwalt kontaktieren lässt, um die Übersendung von Kopien seiner Patientenakte bzw. Übermittlung eines Datenträgers mit den entsprechenden Daten anzufordern, so sind einige Fallstricke zu beachten:


  1. Fallstrick: Vollmacht und Schweigepflichtentbindung kontrollieren

Im ersten Schritt müssen Sie zunächst überprüfen, ob der Anwalt sich

-überhaupt durch eine entsprechende Vollmacht legitimiert und

- Ihnen zusätzlich eine Schweigepflichtentbindung zu seinen Gunsten in Bezug auf die in Ihrem Hause erfolgte Behandlung vorlegt.

Nur unter diesen beiden Voraussetzungen darf ein Versand an den Anwalt veranlasst werden. Anderenfalls verstoßen Sie gegen die berufs- und strafrechtlich verankerte ärztliche Schweigepflicht. Fehlt eines der Dokumente, sollten Sie den Anwalt innerhalb der von ihm gesetzten Frist bitten, dieses nachzureichen. Alternativ können Sie dem Patienten auch persönlich die angefragten Unterlagen zukommen lassen. Die letztgenannte Variante bietet sich ebenso an, wenn Sie an der Ihnen vorgelegten Schweigepflichtentbindungserklärung inhaltiche Zweifel haben. Beim Versand an den Patienten statt an den Anwalt sind Sie immer auf der sicheren Seite.

  1. Fallstrick: Klage auf Herausgabe der Patientenakte

In der anwaltlichen Praxis erleben wir es immer wieder, dass Behandler entsprechende anwaltliche Anfragen ignorieren oder die Dokumentation teilweise zurückhalten und dann verwundert über unangenehme Post vom Gericht sind. Gem. § 630 g BGB besteht auf Seiten des Patienten ein jederzeitiges Recht auf Einsicht in die vollständige Akte. Sie können nur dann die Einsichtnahme bzw. Übersendung von Abschriften verweigern, wenn therapeutische oder sonstige erhebliche Gründe entgegenstehen. Letzteres kommt fast nur im Bereich der Psychiatrie/Psychologie vor.

Halten Sie sich also nicht an die gesetzte Frist, kann der Patient Sie in aller Regel erfolgreich auf Herausgabe der Abschrift der Patientenakte verklagen. Da die meisten Patienten zudem heutzutage rechtsschutzversichert sind, ist die Hemmschwelle äußert gering, den ohnehin schon außergerichtlich tätigen Anwalt unmittelbar mit einer Herausgabeklage zu beauftragen.

Anders als Haftungsprozesse werden diese Herausgabeklagen auch äußerst zügig von den Gerichten zu Ihren Lasten abgewickelt. Es empfiehlt sich also nicht, anwaltliche Patientenaktenanfragen auf die lange Bank zu schieben.


3. Fallstrick: nachträgliche Änderungen der Patientenakte

Es ist auch dringend davon abzuraten, an der Akte nachträgliche Veränderungen oder Ergänzungen vorzunehmen, wenn Sie Post vom Anwalt erhalten. Nachträgliche Veränderungen der Akte müssen in jedem Fall als solche kenntlich gemacht werden (§ 630 f Abs. 1 BGB). Im Idealfall nutzen Sie eine Praxissoftware, bei der nachträgliche Änderungen ohnehin nur so vorgenommen werden können, dass das Datum der Änderung und auch der vorherige Inhalt weiter erkennbar bleiben. Der Beweiswert der Dokumentation wird ansonsten insgesamt erheblich eingeschränkt oder gar aufgehoben (vgl auch BGH, Urteil vom 27.04.2021, Az. VI ZR 84/19). Wenn ein befasstes Gericht Manipulationen am Akteninhalt feststellen sollte, droht im schlimmsten Fall zudem eine Abgabe der Akte an die Staatsanwaltschaft wegen Prozessbetrugs.


Oftmals ist die Anfrage zur Herausgabe der Patientenakte ein Anzeichen für einen drohenden Haftungsprozess, auf den Sie sich gegebenenfalls schon aktiv mit entsprechender Beweissicherung vorbereiten können.

Kontaktieren Sie mich gerne, um von Anfang an die richtigen Weichen für einen erfolgreichen Haftungsprozess zu stellen!  


Dr. Christina Thissen

Rechtsanwältin, Fachanwältin für Medizinrecht

thissen@voss-medizinrecht.de

www.voss-medizinrecht.de

Tel: 0251/4888350

Foto(s): Voß.Partner Medizinrecht

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