Arzthaftung: Was ist zu tun, wenn Sie eine Patientenklage in Ihrer Praxispost finden?

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Die Zahl der Arzthaftungsklagen ist in den letzten Jahren stetig gestiegen. Für die allermeisten Ärzte ist es aber – zum Glück – keine Routine, wenn eine Klage zugestellt wird. Die überwiegende Mehrheit der betroffenen Ärzte trifft es persönlich hart, wenn sie die oftmals mit scharfer Feder ausgeschmückten Vorwürfe des Patienten und seine Forderungen in geballter Form in der Klageschrift lesen.


Auch wenn es schwerfällt, die professionelle Distanz zu wahren. Als Erstes müssen Sie – unabhängig von den Inhalten der Vorwürfe – mit kühlem Kopf sicherstellen, dass Sie die richtigen Schritte einleiten, um erfolgreich in den Gerichtsprozess zu starten.


  1. Verteidigungsfrist beachten!


Die einzige Frist, die bei der Klage zunächst allein in Ihren Verantwortungsbereich fällt, ist die zur Anzeige Ihrer sogenannten „Verteidigungsbereitschaft“. Diese beträgt zwei Wochen ab Zustellung und ist nicht verlängerbar. Da der Zustellungszeitpunkt für die Berechnung maßgeblich ist und dieser auf dem Briefumschlag vermerkt ist, müssen Sie diesen Umschlag bitte unbedingt aufbewahren und nicht entsorgen. Auch wenn es bei der Verteidigungsbereitschaft noch nicht um Inhalte, sondern nur um die reine Mitteilung geht, dass Sie sich gegen die Klage verteidigen möchten, ist diese prozessual sehr wichtig. Unterbleibt die fristgerechte Anzeige, so können Sie ein sogenanntes Versäumnisurteil kassieren. Sie müssen also sicherstellen, dass Sie innerhalb dieser Frist einen Anwalt finden, der das Mandat und damit die Anzeige der Verteidigungsbereitschaft für Sie übernimmt.

  1. Umgehende Kontaktaufnahme mit dem Haftpflichtversicherer


Sie sollten wegen des oben genannten Fristlaufs nach Möglichkeit umgehend Kontakt mit Ihrem Haftpflichtversicherer aufnehmen und diesem eine Kopie/einen Scan der Klageschrift und des Umschlags zukommen lassen. Geben Sie in keinem Fall eigenständig Stellungnahmen oder gar Haftungszusagen gegenüber dem Patienten(anwalt)/dem Gericht ab. Damit gefährden Sie Ihren Versicherungsschutz.

Die Haftpflichtversicherung ist Herrin des Verfahrens und entscheidet darüber, durch wen Sie sich im Prozess anwaltlich vertreten lassen dürfen. Dafür trägt die Versicherung aber auch die anfallenden Rechtsanwaltskosten. Die meisten Versicherungsgesellschaften respektieren die Wünsche ihres Versicherungsnehmers, solange der jeweilige Wunschanwalt auch – so wie ich – den Fachanwaltstitel für Medizinrecht trägt.

Wenn Sie nicht unmittelbar mit der Klagemeldung bei Ihrem Versicherer Wünsche äußern, so teilt dieser Ihnen ohne vorherige Abstimmung irgendeinen seiner Kooperationsanwälte zu. Zu diesem haben Sie nicht zwingend einen guten Draht, da Sie ihn nicht selbst, nach ihren eigenen persönlichen Bedürfnissen ausgesucht haben. Bei dem Verhältnis zwischen Anwalt und Mandant ist es letztlich so wie bei dem Verhältnis Arzt und Patient: es muss nicht nur fachlich, sondern auch menschlich passen.

Wenn Ihnen die eigene Wahlmöglichkeit wichtig ist, dann teilen Sie Ihrer Versicherung also besser unmittelbar Ihren Wunsch mit. Ihren Wunschanwalt kontaktieren Sie dann am besten auch schon parallel, damit er für Sie die Frist zur Anzeige der Verteidigungsbereitschaft im Blick behält und notfalls- sollte es bei der Versicherung in der Bearbeitung zu Verzögerungen kommen – auch bei Gericht für Sie fristwahrend die Verteidigungsbereitschaft anzeigt. Sollten Sie keinen Wunschanwalt haben und die Versicherung sich zwei Tage vor Ablauf der Frist noch nicht gemeldet haben, dann müssen Sie dringend beim Versicherer nachhaken. Ist am Tag des Fristablaufs noch immer keine Reaktion erfolgt, dann kontaktieren Sie sofort morgens notfällig einen Anwalt, damit Sie nicht wie oben geschildert ein Versäumnisurteil kassieren.


  1. Vorbereitung der Unterlagen für die Klageerwiderung


Die Versicherung und auch Ihr Anwalt werden Sie darum bitten, Kopien/Scans der vollständigen Patientendokumentation und eine persönliche Stellungnahme zu den Vorwürfen zur Verfügung zu stellen. Hier gilt: nehmen Sie keine nachträglichen Veränderungen an der Dokumentation vor und geben Sie eine wahrheitsgemäße Stellungnahme ab, auch wenn Ihnen ein Behandlungs- oder Aufklärungsfehler unterlaufen sein sollte. Ihr Anwalt muss vollständig im Bilde sein, damit er Sie erfolgreich im Prozess vertreten kann.

Da Sie gem. § 630 f BGB nur verpflichtet sind, in der Patientenakte sämtliche aus fachlicher Sicht für die derzeitige und künftige Behandlung wesentlichen Maßnahmen und deren Ergebnisse aufzuzeichnen, ist es bei einem Haftungsprozess sinnvoll, abseits der Behandlungsdokumentation Zusatzinformationen zu den tatsächlichen Abläufen als Gedächtnisstütze zu erstellen. Oft liegen zwischen der maßgeblichen Behandlung und der Klage allerdings viele Jahre. Soweit Sie überhaupt noch konkrete Erinnerungen an die Behandlung bzw. Befundung haben, sollten Sie ein Gedächtnisprotokoll erstellen. Darin sollten Sie den Behandlungsablauf und besondere Umstände im Detail schriftlich aufarbeiten: War der Patient in Begleitung? Hat er besondere Fragen gestellt? Wie lange hat das Gespräch gedauert? Welche nichtärztlichen Mitarbeiter waren bei der Behandlung mit anwesend? Gibt es besondere Gründe z.B. für lückenhafte Dokumentation etc. Dieses Gedächtnisprotokoll ist nur für Sie und Ihren Anwalt bestimmt. Es wird nicht Bestandteil Patientenakte und ist damit auch nicht vom Einsichtsrecht des Patienten umfasst.


Richten Sie sich darauf ein, dass ein Arzthaftungsprozess sich durchaus über mehrere Jahr hinziehen kann, auch wenn die vom Patienten erhobenen Vorwürfe aus Ihrer Sicht völlig haltlos sind. In der Regel wird vom Gericht ein Sachverständigengutachten eingeholt, nachdem Ihr Anwalt auf die Klage inhaltlich erwidert hat und es findet im Laufe des Prozesses mindestens ein Gerichtstermin statt, in dem etwaige Zeugen und häufig auch der Sachverständige angehört werden. Sie werden üblicherweise zu einem solchen Termin auch persönlich geladen.


Da ein Gerichtsprozess belastend ist, achte ich als Anwältin bei meinen Mandanten besonders darauf, dass diese sich während des ganzen Zeitraums persönlich gut begleitet fühlen.

Nehmen Sie gerne Kontakt mit mir auf, wenn Ihnen eine Klage zugestellt wurde oder sich außergerichtlich ein Haftungsfall anbahnt. In Abstimmung mit Ihrer Haftpflichtversicherung nehme ich Ihre Verteidigung gerne in die Hand.


Rechtsanwältin Dr. Christina Thissen

Fachanwältin für Medizinrecht

Mail: thissen@voss-medizinrecht.de

www.voss-medizinrecht.de

Tel: 0251/4888350

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