Pflegeheim auf einmal Alten-WG?

  • 2 Minuten Lesezeit

In letzter Zeit lässt sich beobachten, dass Pflegeheime ihren Bewohnern mitteilen, dass sich das Konzept des Pflegeheims geändert habe. Man sei nun Alten-WG, was aber angeblich für die Bewohner nur Vorteile hätte.


Tatsächlich gilt aber: Vertrag ist Vertrag.


Im Regelfall haben die Bewohner einen Vertrag nach dem Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz geschlossen.  Dieses speziell für Altenpflegeanlagen geltende Gesetz enthält ganz besondere verbraucherschützende Regelungen, die die Bewohner von Altenpflegeanlagen schützen sollen. Dazu zählen:

• Zwingende Schriftform

• Abweichungsverbot von den sozialrechtlichen Vorgaben und Standards

• Kündigungsgründe für Betreiber abschließend geregelt


Die bloße Mitteilung, dass man nun halt eine Alten-WG sei und die alten Verträge nicht mehr gelten würden, sollten Sie also nicht einfach ergeben hinnehmen. Regelmäßig sind solche Mitteilungen unwirksam und sollten dringend genau überprüft werden.


Beispiel:

• Ernst bewohnt seit mehren Jahren das Pflegeheim Seniorenherbst und hat den Pflegegrad 4. Auf einmal erhält seine vorsorgeberechtigte Ehefrau Erna die Mitteilung, das Heim werde jetzt neuer und schöner zur Altenwohnanlage mit WG-Charakter umgebaut. Die Bewohner könnten zusammen in Gemeinschaften leben, natürlich gäbe es aber einen Bereitschaftsdienst. Der Pflegedienst werde durch ein neues Unternehmen erfolgen, allerdings werde sich im Personal nichts ändern, da der Pflegedienst jetzt durch die Seniorenherbst-Pflege-GmbH erfolgt. Auch die nervigen Begutachtungen durch die Behörden seien jetzt nicht mehr nötig und zusätzlich könne man jetzt Rosinenbrot und Katenschinken zum Essen bestellen. Ansonsten bleibe es wie vorher, man müsse jetzt halt mit der Pflegekasse mehrere Verträge abrechnen.

• Erna ist allerdings nicht so ganz glücklich. Der Bereitschaftsdienst besteht aus einer Person für die ganze Wohnanlage und das Rosinenbrot kostet noch einmal 2 Euro extra pro Portion. So ganz hat sie auch nicht verstanden, ob jetzt der alte Vertrag einfach weg ist und warum das so gut ist, wenn die Behörden nichts mehr kontrollieren. Allerdings hat sie große Angst und natürlich wurden auch schon einmal die höheren Preise vom Konto abgebucht.


Lösung:

• Ein Vertrag nach WBVG ist nur schriftlich, handschriftlich von den Vertretungsberechtigten unterschrieben und unter Angabe eines wichtigen Grundes zu kündigen.

• Es hat also überhaupt keine wirksame Kündigung stattgefunden. Zudem ist auch kein wichtiger Grund ersichtlich. Eine völlige Unwirtschaftlichkeit i.S. des Ruins bei Beibehalten des alten Wohnheimkonzepts müsste das Heim darlegen und beweisen. Die Entgelte, d.h. die Leistungen der Kasse und den Eigenanteil hat Ernst immer vollständig gezahlt.

• Das Heim sollte also unter einer Frist dazu aufgefordert werden, zu bestätigen, dass der alte Vertrag ungehindert fortbesteht. Sollte das Heim dies verweigern, kann nach hiesiger Auffassung auf Feststellung und ggf. schon überzahlte Zusatzbeträge geklagt werden.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwalt Björn Thies

Beiträge zum Thema