Pflichtteilsentziehung wegen „strafrechtlichen Verhaltens“

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Wird ein nächster Angehöriger des Erblassers durch eine letztwillige Verfügung enterbt, steht ihm grundsätzlich ein Pflichtteilsanspruch zu. Dies sichert ihm eine Mindestbeteiligung am Nachlass. 

Dieser Anspruch kann aber bei Vorliegen sehr enger Voraussetzungen auch entzogen werden. Trachtet der Berechtigte dem Erblasser oder einer ihm nahestehenden Person beispielsweise nach dem Leben oder hat er sich eines Verbrechens schuldig gemacht, kann eine Teilhabe am Nachlass für den Erblasser unzumutbar sein. Möchte ein Erblasser eine entsprechende Verfügung treffen, so ist es wichtig, dass der Entziehungswille aus dem Testament irgendwie verständlich hervorgeht. 

Es kommt auf die richtige Formulierung an, wie der folgende Fall, welcher vom OLG Düsseldorf zu entscheiden war, zeigt:

Der Erblasser hat durch handschriftliches Testament die Beklagte als Alleinerbin eingesetzt und in Bezug auf den Kläger verfügt: „Mein Sohn I hat durch sein strafrechtliches Verhalten und seine schriftliche Erklärung vor einem Anwalt, dass er jede Verbindung mit mir ablehnt, meines Erachtens einen Erbanspruch verwirkt“. Der Kläger macht im Wege der Stufenklage Pflichtteilsansprüche geltend.

Das OLG entschied, diese Verfügung könne nicht ohne Weiteres als Entziehung des Pflichtteils ausgelegt werden. Allein die Ausschließung von der gesetzlichen Erbfolge könne nicht ohne Weiteres auch als Pflichtteilsentziehung verstanden werden. Der Entziehungswille muss – etwa durch Wiedergabe von Gründen oder sonstigen Hinweisen – wenigstens schlüssig und unzweideutig aus dem Testament hervorgehen.

(vgl. OLG Düsseldorf – 1-7 U 134/18)

Auch die pauschale Formulierung „strafrechtliches Verhalten“ genügt den strengen Anforderungen der Pflichtteilsentziehung grundsätzlich nicht. Problematisch wird es, wenn der Pflichtteilsberechtigte mehrmals strafrechtlich verurteilt worden ist. Ohne Konkretisierung durch den Erblasser kann nach dem Ableben nicht eindeutig festgestellt werden, auf welches strafrechtliche Verhalten er Bezug nimmt. Es bedürfe der Angabe eines Sachverhaltskerns, als auch eine Darlegung der Umstände der Unzumutbarkeit, so das OLG. 

Eine Unzumutbarkeit soll etwa dann gegeben sein, wenn die Straftat „den persönlichen, in der Familie gelebten Wertvorstellungen des Erblassers in hohem Maße widerspricht.“ (Weidlich in Palandt, BGB, 78 Aufl.§ 2333 Rn.12).

An diesen Konkretisierungen fehlte es im oben genannten Fall. Der Erblasser hat dem Kläger sein Pflichtteilsrecht nicht durch das Testament entzogen. 

Die Entscheidung zeigt, wie wichtig fachkundiger Rat bei der Formulierung einer letztwilligen Verfügung ist. Als Fachanwältin für Erbrecht kenne ich die Tücken bei der Errichtung von Testamenten und helfe gerne, die richtige Verfügung zu Papier zu bringen.


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