Pflichtteilsrecht: Notarielles Nachlassverzeichnis und Pflicht zur Vorlage

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Pflichtteilsberechtigte haben gegen die Erben einen Anspruch auf umfassende Auskunft über den Bestand und den Wert des Nachlasses zum Stichtag, das heißt zum Todestag. Dieser Auskunftsanspruch beinhaltet auch die Erstellung eines umfassenden Nachlassverzeichnisses, sei es privatschriftlich und/oder durch einen Notar.


Das Problem bei notariellen Nachlassverzeichnissen: Es findet sich oft nur schwerlich ein Notar


Wird der Erbe aufgefordert, ein notarielles Nachlassverzeichnis vorzulegen, dann stellt sich ihm, selbst bei besten Absichten, oft das Problem, dass ein Notar gar nicht so einfach zu finden ist. Für die meisten Notaren ist das oft kleinteilige und daher mühsame Erstellen eines Nachlassverzeichnisses keine beliebte Tätigkeit. Viele Notare weisen die Bitte ab, meist mit der Begründung, sie seien überlastet. Dass diese Begründung (oder oft auch Ausrede…) so nicht einfach akzeptiert werden muss, steht auf dem einen Blatt geschrieben. Auf dem anderen Blatt steht die wachsende Nervosität des Erben, der sich keiner Klage ausgesetzt sehen möchte.


Was die Rechtsprechung hierzu bisher sagte


Bei den Gerichten ist die Problematik bekannt. Sie gewähren den Erben Fristen zur Vorlage des Nachlassverzeichnisses, die von drei Monaten bis hin zu sechs Monaten reichen. Drei Monate mögen manchem Erben zu kurz, sechs Monate hingegen manchem Pflichtteilsberechtigten viel zu lang sein.


Was das OLG Brandenburg kürzlich entschieden hat


Das OLG Brandenburg entschied kürzlich, dass Pflichtteilsberechtigte eine Bearbeitungszeit von vier Monaten einplanen müssen (Beschluss v. 16.06.2023, Az. 3 W 57/23, BeckRS 2023, 1515, NJW-Spezial 2023, 456).

Geklagt hatte eine Pflichtteilsberechtigte, die der Erbin mit Anwaltsschreiben eine Frist zur Erstellung eines notariellen Nachlassverzeichnisses gesetzt hatte. Drei Wochen nach Ablauf dieser Frist meldete sich der Anwalt der Erbin und teilte mit, dass die Erstellung des Verzeichnisses in Auftrag gegeben worden sei. Nachdem sie nichts mehr gehört hatte, erhob die Pflichtteilsberechtigte drei Monate nach Ablauf der von ihr gesetzten Frist Klage gegen die Erbin. Diese erkannte den Anspruch der Pflichtteilsberechtigten an. Dies, so die Richter, sei ein sofortiges Anerkenntnis gewesen, so dass die Pflichtteilsberechtigte die Kosten des Rechtsstreits zu tragen habe. Die Erbin habe auch keinen Anlass zur Klage gegeben, so die Richter, denn zum einen hätte die Pflichtteilsberechtigte der Mitteilung des Anwaltes der Erbin Glauben schenken müssen, zum anderen hätte sie sich auch selbst nach dem Stand der notariellen Tätigkeit erkundigen müssen.




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