Pflichtverteidiger

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Was ist ein Pflichtverteidiger und arbeitet er für das Gericht oder für den Mandanten?

Diese beiden Fragen werden häufig gestellt, und am besten lässt sich die Aufgabe des Pflichtverteidigers wie folgt erklären:

Begriffserklärung

Als Pflichtverteidiger bezeichnet man einen Verteidiger, der vom Strafgericht dem Beschuldigten oder Angeklagten beigeordnet wurde, da dieser das zwingende Recht hat, verteidigt zu werden. Das Gesetz spricht in diesen Pflichtverteidigungsfällen von einer notwendigen Verteidigung.

Wann liegt diese notwendige Verteidigung vor?

Im § 140 StPO (Strafprozessordnung) sind die Fälle einer notwenigen Verteidigung aufgezählt. Die relevantesten Fälle (nicht abschließend) der notwendigen Verteidigung sind:

  • die Hauptverhandlung im ersten Rechtszug findet beim Landgericht oder Oberlandgericht statt. Das bedeutet, dass die Staatsanwaltshaft nach Abschluss ihrer Ermittlungen direkt beim LG oder OLG anklagt. Die Straferwartung beim LG beginnt beispielsweises ab 4 Jahre Freiheitsstrafe aufwärts. In diesem Fall muss der Angeklagte verteidigt werden. 
  • Wenn dem Beschuldigten ein Verbrechen zu Last gelegt wird. Verbrechen sind gemäß § 12 StGB (Strafgesetzbuch) rechtswidrige Taten, die im Mindestmaß mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bedroht sind. Darunter zählen fast alle Sexualdelikte und Bandendelikte sowie Mord und Totschlag.
  • Der Beschuldigte befindet sich in Untersuchungshaft. 
  • Oder wegen der Schwere der Tat oder der Schwierigkeit der Sach- oder Rechtslage erscheint die Mitwirkung eines Verteidigers geboten oder der Beschuldigte kann sich nicht selbst verteidigen. In diesen Fällen gibt das Gesetz dem Richter einen Spielraum, dem Beschuldigen einen notwendigen Verteidiger beizuordnen.

Als Faustformel kann man sich merken, dass ein Fall der notwendigen Verteidigung vorliegt, sobald es um 1 Jahr Freiheitsstrafe geht oder wenn der Beschuldigte in Untersuchungshaft sitzt. Allerdings gibt es wesentlich mehr Situationen, in denen eine Pflichtverteidigung geboten scheint. Dies wird der erfahrene Strafverteidiger/Fachanwalt für Strafrecht wissen und dementsprechend eine Pflichtverteidigung beantragen.

Arbeitet der Pflichtverteidiger für das Gericht oder den Mandanten?

Diese Frage höre ich immer wieder. Um sie zu beantworten, stelle ich die beiden häufigsten Beiordnungssituation kurz dar:

Der Mandant kommt mit seinem Anliegen zum Strafverteidiger und schließt mit diesem ein Mandatsverhältnis ab. Der Anwalt beantragt bei Gericht, dem Beschuldigten beigeordnet zu werden. Hier ist es verständlich, denke ich. 

Es gibt aber auch Fälle, da kümmert sich der Beschuldigte in keiner Weise um sein Verfahren. Das Gericht bekommt dann die Anklageschrift von der Staatsanwaltschaft und stellt fest, dass ein Fall der notwenigen Verteidigung vorliegt. Nun fragt das Gericht den Beschuldigten auf dem Schriftweg, ob dieser einen Verteidiger hat. Wenn der Beschuldigte keinen Anwalt hat oder nicht antwortet, so bestellt das Gericht nach freiem richterlichen Ermessen (also unabhängig und selbstbestimmend) einen Verteidiger für den Beschuldigten. 

Nach welchen Kriterien der Richter den Verteidiger aussucht, bleibt unergründlich, denn der Richter hat ja das freie Ermessen und die richterliche Unabhängigkeit. 

Das sind die Fälle, von denen ich manchmal höre, dass sich der Beschuldigte fragt, wer für wen gearbeitet hat. Selbstverständlich wäre der Verteidiger berufsrechtlich verpflichtet gewesen, ausschließlich für den Beschuldigten zu arbeiten, unabhängig wer dessen Rechnung dann bezahlt. 

Zusammenfassend muss daher empfohlen werden, sofort bei Einleitung eines Ermittlungsverfahrens zum Strafverteidiger/Fachanwalt für Strafrecht zu gehen. 

Ich helfe Ihnen gerne.


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