Pflichtverteidigung: Fakten und Vorurteile

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Ein Pflichtverteidiger ist ein Anwalt zweiter Klasse - dieses Vorurteil ist verbreitet. Es ist jedoch falsch. Pflichtverteidigung ist so hochwertig wie Wahlverteidigung.

 Aber: Seinen Pflichtverteidiger sollte der Betroffene selbst auswählen!

Doch was ist ein Pflichtverteidiger?
Hier hilft §140 StPO: Die Norm regelt den Fall der notwendigen Verteidigung. Liegt eine notwendige Verteidigung vor und hat ein Beschuldigter noch keinen Anwalt, wird ihm ein Pflichtverteidiger beigeordnet.
Das Gesetz legt fest, wann Verteidigung notwendig ist: Zum Beispiel, wenn in der ersten Instanz vor dem Oberlandes-, Land- oder Schöffengericht verhandelt, ein Verbrechen zur Last gelegt wird oder die Sach- oder Rechtslage schwierig ist.

§141 StPO regelt den Zeitpunkt, in dem der Pflichtverteidiger zu bestellen ist. Beispielsweise, wenn der Beschuldigte zur Erklärung über die Anklageschrift aufgefordert wird.

Wichtig: Der Beschuldigte hat ein eigenes Antragsrecht. Nach Eröffnung des Tatvorwurfs kann er die Bestellung eines Pflichtverteidigers beantragen. Vorausgesetzt natürlich, ein Fall der notwendigen Verteidigung liegt vor.

Ganz wichtig: Jeder Beschuldigte hat das Recht, seinen Pflichtverteidiger auszusuchen. Das sollte unbedingt in Anspruch genommen werden. Ansonsten wählt das Gericht - nicht immer eine zufriedenstellende Lösung.

Ist ein Pflichtverteidiger kostenlos?

Auch dieses Vorurteil hält sich hartnäckig. Fakt ist: Pflichtverteidigung kostet Geld. Das Gericht bestellt den Pflichtverteidiger. Deshalb übernimmt die Staatskasse zunächst die Kosten. Wird der Angeklagte allerdings verurteilt, holt sich die Justiz das Geld vom Verurteilten zurück. Dieser muss seinen Pflichtverteidiger also später, nach dem Verfahren, bezahlen.

Eine Ausnahme kennt das Jugendstrafrecht: Hier kann das Gericht davon absehen, dem Verurteilten die Kosten der Pflichtverteidigung aufzubürden.

Auch Prozesskostenhilfe gibt es im Strafrecht für den Beschuldigten nicht. Möglich ist, einen Beratungshilfe-Schein zu beantragen. Dieser umfasst nur eine Beratung bei einem Strafverteidiger. Weitere Verteidigungsleistungen wie Akteneinsicht sind nicht abgedeckt.

Kostenlos ist Pflichtverteidigung bei Freispruch oder Einstellung des Verfahrens, wenn die Kosten der Staatskasse auferlegt werden.


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