PKV: Kosten einer Präimplantationsdiagnostik (PID) bei In-vito-Fertilisation (IVF) mit ISCI

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Präimplantationsdiagnostik bei Kinderwunschbehandlung 

Private Krankenversicherung muss Kosten für Präimplantationsdiagnostik (PDI) bei Kinderwunschbehandlung nicht erstatten.

Wird bei einer Kinderwunschbehandlung begleitend zu einer In-vito-Fertilisation (IVF) mit intracytoplasmatischer Spermieninjektion, der sog. ICSI, eine Präimplantationsdiagnostik durchgeführt, sind diese Kosten nicht vom privaten Krankenversicherer zu erstatten. Dies hat der Bundesgerichtshof mit Urteil vom 20.05.2020 zum Az. IV ZR 125/19 entschieden.

Präimplantationsdiagnostik wegen Zellweger-Syndroms

In dem zugrundeliegenden Rechtsstreit waren beide Partner Träger des Zellweger-Syndroms. Hierbei handelt es sich um eine genetisch bedingte und stets tödlich verlaufende Stoffwechselerkrankung mit diversen schwerwiegenden Erkrankungen. Da bereits zuvor ein gemeinsames Kind nur wenige Monate nach seiner Geburt an dieser Krankheit verstorben und zwei weitere Schwangerschaften nach Feststellung des Zellweger-Syndroms abgebrochen worden waren, wurde die Gendiagnostik nach Zustimmung der Ethikkommission durchgeführt. 

Durch die Präimplantationsdiagnostik und Blastozystenkultur ließen sich die Embryonen ermitteln, die den Gendefekt trugen, welcher das Zellweger-Syndrom verursacht und konnten für die weitere Verwendung bei der IVF-Behandlungen ausgeschlossen werden. 

Versicherer lehnt die Kostenerstattung für PID ab 

Der Versicherer lehnte die Kostenübernahme für die durchgeführte Behandlung in Höhe von etwa 7.500,00 EUR ab mit der Begründung, dass es sich um keine medizinisch notwendige Heilbehandlung handele und mit dem Zellweger-Syndrom kein erhöhtes Abortrisiko verbunden sei. 

Bundesgerichtshof bestätigt Entscheidungen der Vorinstanzen

Sowohl das Landgericht als auch das Oberlandesgericht Koblenz hatten den Anspruch des Klägers verneint. Die Revision beim Bundesgerichtshof hatte keinen Erfolg. 

Kostenübernahme der IVF/ICSI-Behandlung

Bestätigt wurde erneut, dass die Unfähigkeit auf natürlichem Weg ein Kind zu zeugen eine Krankheit im Sinne der Bedingungen darstellt, sofern diese auf körperlichen Ursachen beruht. Wird also eine organisch bedingte Unfruchtbarkeit durch eine In-vito-Fertilisation in Verbindung mit einer ICSI vorgenommen, handelt es sich hierbei um eine medizinisch notwendige Heilbehandlung, sodass die Kosten hierfür zu erstatten sind (bitte beachten sie hierzu den Hinweis am Ende des Beitrags). Die hierdurch entstanden Kosten waren auch vom Versicherer übernommen worden

Keine Kostenerstattung für PID und Blastozystenkultur

Nach den Ausführungen des Bundesgerichtshofs stellen die PID und die Blastozystenkultur, anderes als die IVF/ICSI-Behandlung, keine Heilbehandlung dar. dies deshalb nicht weil hierdurch keine Änderung des Gesundheitszustands bewirkt wird. Während eine Heilbehandlung darauf abzielt, eine Krankheit zu erkennen, zu heilen oder zu lindern, also eine Veränderung des Gesundheitszustands zu bewirken, sondern darauf, Embryonen zu erkennen, die den Gendefekt, welcher das Zellweger-Syndrom verursacht, zu erkennen. Durch die PID werde künftiges Leiden eines eigenständigen Lebewesens vermieden, nicht jedoch ein Leiden eines Elternteils oder auch beider Eltern behandelt. Darüber hinaus fehl es nach der Entscheidung auch an der medizinischen Notwendigkeit einer Blastozystenkultur und PID in Kombination einer IVF/ICSI-Behandlung. 

Hinweis

Ob eine IVF/ICSI als medizinisch notwendige Heilbehandlung einzuordnen ist, ist grundsätzlich anhand des Einzelfalles zu entscheiden und wird von den Erfolgsaussichten abhängen. Diese sind nach der Entscheidung des Bundesgerichtshof vom 21.09.2005, Az. IV ZR 113/04) Nicht mehr gegeben, wenn die Wahrscheinlichkeit, dass ein Embryotransfer zur gewünschten Schwangerschaft führt, signifikant absinkt und eine Erfolgswahrscheinlichkeit von 15 % nicht mehr erreicht wird. Ermittelt wird dies anhand des IVF-Registers. Weiter ist zu prüfen, ob die persönlichen Erfolgsaussichten aufgrund individueller Umstände höher oder niedriger einzustufen sind, die es die im IVF-Register für die Altersgruppe ermittelten Durchschnittswerte ergeben. Lesen Sie hierzu meinen Beitrag vom 18.05.2020. 

Aufgrund meiner Erfahrung und langjährigen Tätigkeit als Fachanwältin für Versicherungsrecht auf Seiten der Versicherungsnehmer stehe ich Ihnen bundesweit für eine fachkundige Überprüfung und Durchsetzung Ihrer Leistungsansprüche gern zur Seite.


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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