Pkw-Beschreibung im Internet ist einklagbar - Angaben im Internet als Beschaffenheitsvereinbarung

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Das Landgericht Karlsruhe hat in einem Urteil vom 15. Februar klargestellt, dass Angaben in einem Kaufangebot im Internet auch dann eine Beschaffenheitsvereinbarung darstellen, wenn in den anschließenden Kaufverhandlungen auf die entsprechenden Merkmale nicht mehr Bezug genommen wird (AZ: 1 S 59/09).

Üblicherweise wird der Kauf von Gebrauchtfahrzeugen zwischen Privatpersonen anhand von Musterverträgen abgewickelt. Darin werden durch Formulierungen wie „Gekauft wie besehen” Gewährleistungsrechte des Käufers ausgeschlossen. Kleine Tricks des Verkäufers bleiben daher häufig ungesühnt, der Käufer muss den Wagen behalten, auch wenn dieser nicht ganz so hervorragend ist, wie der Verkäufer dies angekündigt hatte.

Im verhandelten Fall hat das Landgericht Karlsruhe dem Missbrauch einen Riegel vorgeschoben und aus zwei Gründen gegen den Verkäufer entschieden. Zum einen hatte er die Angaben (hier: die Ausstattung mit ABS) nicht erst mündlich bei den Verkaufsverhandlungen, sondern bereits in der Kaufannonce im Internet gemacht. Darauf konnte sich, so das Gericht, der klagende Käufer verlassen. Zum anderen war der Gewährleistungsausschluss bei dem Kauf gar nicht rechtskräftig vereinbart worden. Der Käufer/Kläger hatte nämlich den vorformulierten Kaufvertrag überhaupt nicht unterschrieben. Daher galt der Kaufvertrag als mündlich geschlossen, also ohne Vereinbarung des Gewährleistungsausschlusses.

Auszug aus der Urteilsbegründung

Dem Kläger steht nämlich - wie vorn AG zutreffend ausgeführt - gegen die Beklagte grundsätzlich ein Anspruch auf Rückabwicklung des Kaufvertrags vom 13.10.2007 aus §§ 433, 434 Satz l, 437 Nr. 2, 323, 346 Abs. 1 BGB zu. Dies führt dazu, dass der Kläger vom Beklagten den Kaufpreis in Höhe von 1.200 Euro Zug um Zug gegen Rückgabe des streitgegenständlichen Fahrzeugs zurückverlangen kann, allerdings unter Abzug eines Wertersatzes in Höhe von 26,20 Euro‚ den der Kläger seinerseits gem. § 346 Abs. 2 Nr. 2 BGB für die zwischenzeitlich mit dem Pkw gefahrenen Kilometer an den Beklagten zu leisten hat.

1. Dass ein Vertrag zwischen den Parteien zustande gekommen ist, ist - soweit ersichtlich - zwischen den Parteien nicht (mehr) streitig, wird aber jedenfalls auch mit der Berufung von keiner Seite angegriffen. Ein Agenturgeschäft (vgl. BGH v. 26. 1. 2005 DAR 2005, 206) liegt hier letztlich nicht vor, auch wenn gewisse Ähnlichkeiten vorhanden sind.

2. Die Angaben auf dem Internetausdruck erscheinen dem Gericht auch durchaus geeignet als Beschaffenheitsvereinbarung i. S. d. § 434 Abs. 1 Satz 1 BGB (vgl. insoweit auch LG Ellwangen, Urteil vorn 13. 6. 2008 - 5 0 60/08 - veröffentlicht bei Juris). Es ist zwischen einer Beschaffenheitsgarantie gern. § 444 BGB (vergleichbar mit der früheren „Zusicherung einer Eigenschaft"), an die höhere Anforderungen zu stellen sind, und einer Beschaffenheitsvereinbarung gern. § 434 Abs. 1 Satz 1 BGB zu unterscheiden (vgl. BGH DAR 2007, 265). Der Internetausdruck bzw. die Angaben im Internet richteten sich im Zweifel an jeden Kaufinteressenten, damit auch an den Kläger Ob auf ihn im Rahmen der Verhandlungen ausdrücklich Bezug genommen wurde, ist nicht maßgeblich. Der Kläger hat darüber hinaus im Rahmen seiner persönlichen Anhörung am 9. 12. 2009 ausdrücklich angeführt, dass er über die im Internet ausgestellte Fahrzeugbeschreibung (mit Händlerangaben, vgl. Anl. K 1) an den Zeugen H. gekommen sei.

Ob und inwieweit hier eine Beschaffenheitsgarantie i. S. d. § 444 BGB vorgelegen hat, kann nach Auffassung des Gerichts dahin stehen (vgl. insoweit BGH v. 29. 11. 2006 DAR 2007, 265) weil ohnehin ein Gewährleistungsausschluss nicht wirksam vereinbart wurde. Der schriftliche Kaufvertrag wurde nämlich nicht von beiden Seiten unterzeichnet; der Kläger hat sich hierauf nicht eingelassen. Wenn unter diesen Um ständen - bei nicht unterzeichnetem schriftlichen Kaufvertrag - der Beklagten das Fahrzeug gleichwohl vorbehaltlos an den Kläger übergeben hat (lassen), kann eine Einigung auf den schriftlichen Kaufvertragsinhalt (darunter „wie gesehen so gekauft") nicht angenommen werden.

Im Zweifel greifen deshalb die gesetzlich vorgesehenen Regeln ein. Darüber hinaus wäre aber auch - selbst wenn der schriftliche Kaufvertrag vom Kläger unterzeichnet worden wäre - ein Widerspruch zwischen den Angaben auf dem Internetausdruck und der Formulierung in dem schriftlichen Kaufvertragsentwurf vorhanden, so dass wahrscheinlich auch in diesem Fall ein etwaiger Haftungsausschluss dahingehend auszulegen wäre, dass er sich nicht auf die Beschaffenheitsangaben bezieht (vgl. insoweit ebenso BGH a.a.O. (zitiert nach Juris) Rdn. 31).

Die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass er selbst den Internetausdruck nicht erstellt und ins Auto gelegt hat, liegt bei dem Beklagten. Die Parteien haben damit eine bestimmte Beschaffenheit des Fahrzeugs vereinbart, die sich auf die im Internet und auf dem im Fahrzeug befindlichen Ausdruck genannten Merkmale bezog, darunter auch die Ausstattung mit ABS.

3. Der Einwand des Beklagten, der Kläger habe sich, weil er das Fahrzeug vor Ort besichtigt habe, überhaupt nicht auf die Angaben auf dem Internetausdruck verlassen (dürfen), greift nicht durch. Der BGH (a.a.O. Rdn. 27) hat ausdrücklich festgehalten, dass der. Käufer sich auf die Angaben des Verkäufers unter Umständen auch dann verlassen muss, wenn er selbst nicht über die notwendige Sachkunde verfügt, um deren Richtigkeit überprüfen zu können. So sei ein privater Kaufinteressent regelmäßig auch bei einer Besichtigung oder Probefahrt nicht in der Lage festzustellen, ob die Laufleistung dem Tachometerstand des angebotenen Fahrzeugs entspricht. Gleiches gilt für die Frage, ob ABS vorhanden ist oder nicht; dementsprechend hat das AG erstinstanzlich ein Sachverständigengutachten eingeholt.

Gleichfalls greift der Einwand des Beklagten nicht, dass der Kläger aufgrund der Vielzahl an leicht erkennbaren geringfügigen Abweichungen der Internetangaben von der Realität (so z.B. bzgl. der Hauptuntersuchung, der Abgasuntersuchung, des Datums der Erstzulassung des Fahrzeugs und bzgl. der elektrischen Fensterheber) nicht mehr darauf habe vertrauen können, dass die übrigen Angaben stimmen würden. Zum einen kann von einem Käufer nicht verlangt werden, dass er zu seinem eigenen Schutz sämtliche Angaben des Verkäufers, soweit dies überhaupt möglich ist, vor Ort direkt überprüft, um sich etwaige Gewährleistungsansprüche zu erhalten; vielmehr fällt es in den Verantwortungsbereich eines Verkäufers, die Richtigkeit seiner Angaben zu überprüfen und für etwa vorhandene Abweichungen gerade zu stehen.

Dies gilt umso mehr, als zwischen den Parteien unstreitig ist, dass im vorliegenden Fall jedenfalls nicht sämtliche Angaben auf dem Internetausdruck falsch waren. Von dem Kläger konnte unter diesen Umständen nicht verlangt werden, dass er sich - getreu dem Motto „Such den Fehler" - auf die Suche nach Abweichungen begeben würde, zumal die Angaben aus dem Internet sich mit den Angaben auf dem Ausdruck deckten. Es ist auch überhaupt nicht klar, sondern wurde lediglich von der Beklagten als Behauptung in den Raum gestellt, dass dem Kläger die anderen Abweichungen bereits bei Abschluss des Kaufvertrags aufgefallen waren. Der Kläger selbst hat jedenfalls im Rahmen seiner persönlichen Anhörung ausgesagt, dass er vor allem ein Auto mit ABS hätte haben wollen; die anderen Angaben seien für ihn nicht so wichtig gewesen.

Dahin stehen kann unter diesen Umständen, ob und inwieweit im vorliegenden Fall der Kläger durch den Beklagten - welcher sich das Verhalten des Zeugen H. unter Umständen als eigenes zurechnen lassen müsste - über bestimmte Beschaffenheiten des Fahrzeugs sogar arglistig getäuscht wurde. Diese Annahme liegt wegen der Häufung sowie der Geringfügigkeit der falschen Angaben - die ein systematisches Vorgehen und kein Versehen vermuten lassen - durchaus nahe, erscheint andererseits wegen der leichten Überprüfbarkeit der Abweichungen, die bereits beim Kauf aufgefallen sein könnten und deshalb das Vorliegen eines Irrtums beim Kläger in Frage stellen, als zweifelhaft.

(Quelle: autorechtaktuell.de)


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