Pneumothorax durch Akupunktur: 18.000 Euro

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Mit Vergleich vom 04.08.2021 hat sich die Haftpflichtversicherung eines Krankenhauses verpflichtet, an meine Mandantin 18.000 Euro und meine außergerichtlichen Gebühren zu zahlen.

Die 1964 geborene Angestellte litt unter Fibromyalgie und starken Rückenschmerzen. Sie wurde stationär in einer Klinik für Schmerztherapie behandelt. Um die Rückenschmerzen in der Brustwirbelsäule zu lindern, erfolgte durch den Oberarzt der Klinik eine Akupunktur-Behandlung. Er forderte die Mandantin auf, sich auf einer Untersuchungsliege auf den Bauch zu legen. Anschließend setzte er unter anderem zwei Akupunktur-Nadeln jeweils rechts und links auf Höhe der Skapulae (hinterer Teil des knöchernen Schultergürtels).

Nach der Behandlung entfernte der Oberarzt die Nadeln. Die Mandantin litt plötzlich unter starkem Husten, Atemnot, Schmerzen in Brust und Rücken. Nach Röntgenkontrolle wurde die Diagnose eines Pneumothoraxes rechts gestellt. Die Mandantin wurde mit dem Rettungswagen in eine andere Klinik zur weiteren Behandlung verlegt. Die Ärzte legten ihr rechts und links eine Bülow-Drainage an. Während der gesamten stationären Behandlung litt sie unter starken Schmerzen in der rechen Körperhälfte. Bei Anlage der Bülow-Drainage wurde ein Nerv der Rippe verletzt. Der rechte Arm und der gesamte rechte Schulterbereich brannten wie Feuer. Die Bülow-Drainagen wurden nach 12 Tagen entfernt. Danach litt die Mandantin unter starken Schmerzen an beiden Lungenflügeln, einer Minderbelastbarkeit, erheblicher Atemnot und Panikattacken. Es verblieben zwei Narben rechts und links am Brustkorb durch die Schläuche der Bülow-Drainagen. Sie musste in der Folgezeit konsequente Atemgymnastik durchführen.

Ich hatte dem Arzt vorgeworfen, die Mandantin vor der Akupunktur-Behandlung nicht über die Risiken dieses Verfahrens aufgeklärt zu haben. Der Mandantin sei das Risiko eines Pneumothoraxes überhaupt nicht bekannt gewesen. Die vorherigen Akupunktur-Behandlungen hätten lediglich an Füßen, Beinen und Händen stattgefunden.

Ich habe dem Oberarzt zudem vorgeworfen, die Akupunktur-Nadeln rechts und links unter der jeweiligen Skapula fehlerhaft zu tief gesetzt zu haben. Wenn die empfohlene Stichtiefe und die Stichrichtung sowie die anatomischen Verhältnisse beim Patienten nicht beachtet würden, komme es zu Verletzungen innerer Organe. Der Arzt habe dadurch fehlerhaft die Brustwand verletzt, so dass ein offener Pneumothorax entstanden sei. Bei einem Pneumothorax dringt Luft von außen durch die verletzte offene Brustwand zwischen die Lungenflügeln ein. Tritt Luft in den Spaltraum zwischen Rippenfell und Lunge ein, fällt die Lunge zusammen. Der Patient kann nicht mehr atmen. Hätte der Arzt die körperlichen Verhältnisse der Mandantin vor der Akupunktur nach dem Facharztstandard geprüft, hätte er den Pneumothorax nicht verursacht.

Ich habe ein Schmerzensgeld in Höhe von mindestens 10.000 Euro geltend gemacht (OLG Celle, Urteil vom 10.06.2004, AZ: 14 U 136/03; LG Gießen, Urteil vom 05.02.2001, AZ: 2 O 311/99). Hinzu kamen ein Verdienstschaden in Höhe von 3.066,56 Euro, ein Haushaltsführungsschaden in Höhe von 8.451,32 Euro.

Nach umfangreichen Verhandlungen habe ich mich mit der gegnerischen Haftpflichtversicherung auf einen Betrag von 18.000 Euro mit einem Steuervorbehalt geeinigt. Die Haftpflichtversicherung hat meine anwaltlichen Gebühren komplett übernommen (2,2-Geschäftsgebühr und 1,5-Vergleichsgebühr).

Christian Koch, Fachanwalt für Medizinrecht & Verkehrsrecht

Foto(s): adobe stock Fotos


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