Praktikanten und Lohnwucher

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Nicht jeder als Praktikant bezeichnete Beschäftigte ist auch ein solcher. Nicht selten wird die Zwangslage junger Menschen im Hinblick auf ungünstige Situationen am Ausbildungs-/Arbeitsmarkt ausgenutzt.

Hintergrund ist, dass die Bedeutung von Praktika für den Berufseinstieg oftmals sehr groß ist. Denn zum einen entsteht durch Praktika häufig erst der Kontakt zum anschließenden Arbeitgeber und zum anderen erweitern die Praktika die Bewerbungschancen.

Es gibt Unternehmen, in denen ohne Praktikum, Volontariat oder Lehre keine Arbeitnehmer eingestellt werden. Früher wurden mit ausgebildeten Berufseinsteigern auf 2 Jahre befristete Arbeitsverträge als z.B. Trainingsmaßnahme geschlossen.

Heutzutage sind es Praktikantenverträge. Diese enthalten oft eine Regelung der Vergütung zwischen 0 und 600 €.

Allerdings ist festzustellen, dass bei der Vielzahl der Verhältnisse, die als Praktika bezeichnet werden, der Begriff Praktikant inflationär benutzt wird und sich häufig ein anderes Verhältnis dahinter verbirgt.

Eine gesetzliche Definition oder Regelung des Praktikantenverhältnisses existiert nicht. Daher ist auch der Rechtsstatus von Praktikanten weitgehend ungeklärt.

Es gibt 3 Gruppen von den Praktikanten. Bei der ersten Gruppe handelt es sich um Rechtsverhältnisse, bei denen nicht die Arbeitsleistung, sondern der Lernzweck im Vordergrund steht. Bei der zweiten Gruppe geht es darum, das Berufsleben kennen zu lernen. Hier sind keine gesetzlichen Vergütungen vorgesehen.

Probleme gibt es bei der dritten Gruppe von Praktikanten. Hier wird formell ein unentgeltliches Praktikum vereinbart, tatsächlich wird jedoch von den Praktikanten echte Arbeitsleistung erbracht.

Wichtig ist, dass dann der „Praktikant"  gleichwohl einen durchsetzbaren Anspruch auf die übliche Vergütung hat. Voraussetzung dafür ist, dass nicht der Ausbildungszweck im Vordergrund steht.

Nur wenn in einem Praktikantenverhältnis ein Ausbildungszweck im Vordergrund steht, ist es gerechtfertigt, die Vergütung der Höhe nach auf eine Aufwandsentschädigung oder Beihilfe zum Lebensunterhalt zu beschränken.

Ergibt eine Gegenüberstellung der Anteile „Ausbildungszweck" und „für den Betrieb erbrachte Leistungen und Arbeitsergebnisse" ein deutliches Überwiegen der Arbeitsleistung, ist ein Anspruch auf übliche Vergütung gegeben.

Denn in dem vorgenannten Fall verstößt die vereinbarte Praktikantenvergütung gegen die guten Sitten und stellt einen Fall des unzulässigen Lohnwuchers dar. Das hat zur Folge, dass die übliche Vergütung zugrunde zu legen und zu bezahlen ist.

Rechtsanwalt Volker Weinreich

Fachanwalt für Arbeitsrecht


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