Produktfehler Hüft-TEP: 25.000 Euro

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Mit Vergleich vom 10.12.2015 hat sich ein Medizinprodukte-Hersteller verpflichtet, an meine Mandantin einen Abfindungsbetrag in Höhe von 25.000 Euro zu zahlen.

Die 1955 geborene Angestellte erhielt am 17.02.2011 links eine künstliche Hüfte. Nach einer Rehabilitationsmaßnahme ging es ihr gesundheitlich besser. Mitte 2012 stellten sich plötzlich Gelenksbeschwerden an allen großen Gelenken im Körper ein. Es kam zu Schmerzen in der linken Hüfte, die CRP-Werte waren erhöht. Ein im November 2012 durchgeführter Bluttest zeigte erheblich verschlechterte Nierenwerte. Wegen einer 20-fach erhöhten Konzentration von Kobalt im Blut im Vergleich zu den zugelassenen Normwerten ergab sich die Indikation zur Wechseloperation.

Am 07.04.2014 erfolgte ein Schaft- und Kopfwechsel der Hüft-TEP links. Danach kam es zu erheblichen Rückenbeschwerden, die auch durch eine Anschlussheilbehandlung nur teilweise gelindert wurden. Im November 2014 erfolgte aufgrund eines L5-Syndroms links bei foraminärer Stenose LWK4/5 links eine mikrochirurgische Exstirpation eines Bandscheibenvorfalles der Etage LWK4/5. Es schloss sich eine erneute Reha-Maßnahme an. Mit Bescheid vom 23.07.2015 wurde ein GdB von 70 mit dem Merkzeichen „G“ bewilligt.

Die Mandantin hatte dem Hersteller vorgeworfen, dass die vertriebenen Komponenten der Hüft-TEP fehlerhaft gewesen seien. Ihr stünde ein Anspruch nach § 1 Abs. 1 ProdHaftG i.V.m. § 4 Abs. 2 ProdHaftG zu. Gemäß § 3 ProdHaftG sei ein Produkt fehlerhaft, wenn es nicht die Sicherheit biete, die unter Berücksichtigung aller Umstände berechtigterweise erwartet werden könne. Die Blutwerte belegten, dass die Komponenten nicht diese Sicherheit geboten hätten. Als Patientin habe sie davon ausgehen können, dass es nicht zu einer erhöhten Kobaltkonzentration im Blut im Vergleich zu den zugelassenen Normwerten komme. Es bestünde ein Ursachenzusammenhang zwischen der Fehlerhaftigkeit der Komponenten, der Explantation der Prothesenteile am 07.04.2014 sowie der anschließenden Bandscheibenvorfälle wegen der operationsbedingten Fehlbelastung. Die Mandantin machte daraufhin Schmerzensgeld, Verdienstschaden sowie Haushaltsführungsschaden geltend.

Die Gegenseite hatte eingewandt: Anhand der medizinischen Unterlagen sei nicht nachgewiesen, dass die geschilderten Beeinträchtigungen und Schmerzzustände kausal mit der notwendigen Revisionsoperation in Verbindung zu bringen seien. Wegen der erheblichen orthopädischen Vorerkrankungen (vorbestehende Wirbelsäulenerkrankung, die eine Bandscheiben-OP notwendig machte, Hüftgelenksarthrose rechts, welche einen Hüftgelenksersatz notwendig mache) sei davon auszugehen, dass durch die Austauschoperation verursachte Beeinträchtigungen im Wege der überholenden Kausalität zurückgetreten seien. Das sei auch einem Reha-Entlassungsbericht zu entnehmen. Die länger anhaltende Arbeitsunfähigkeit und der Haushaltsführungsschaden seien auf die Grunderkrankung, nicht jedoch auf die medizinisch notwendige Revisionsoperation, zurückzuführen.

Zur Vermeidung eines umfangreichen Rechtsstreites mit den Risiken der Beweislast im Rahmen der Kausalität haben sich die Parteien auf den Betrag in Höhe von 25.000 Euro geeinigt.

Christian Koch, Fachanwalt für Medizinrecht



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