Prozesskostenhilfe bei Klagen im Arbeitsrecht – das müssen Sie als Arbeitnehmer beachten!

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Kündigung erhalten oder kein Lohn gezahlt – das ist zu tun

Wenn Sie eine Kündigung vom Arbeitgeber erhalten haben, müssen Sie schnell reagieren und nach § 4 Satz 1 KSchG innerhalb von 3 Wochen Kündigungsschutzklage vor dem Arbeitsgericht erheben, da ansonsten die Wirksamkeit der Kündigung von Gesetzes wegen gemäß § 7 KSchG fingiert wird.

Auch können für eine Lohnklage, also wenn Sie Ihren ausstehenden Lohn vom Arbeitgeber einfordern wollen, bestimmte Ausschlussfristen gelten, soweit diese im Arbeits- oder Tarifvertrag vereinbart wurden.

Klage vor dem Arbeitsgericht

Wenn die Klage vor dem Arbeitsgericht erst einmal eingelegt ist, fallen zwar zunächst keine Gerichtsgebühren an, jedoch wenn das Verfahren durch Urteil beendet wird. Wenn Sie sich durch einen Anwalt oder eine Anwältin vertreten lassen, kommen zusätzlich Anwaltsgebühren hinzu. Zwar sieht § 11 Abs. 1 S. 1 ArbGG keine zwingende Anwaltsvertretung vor. Jedoch geht man ohne anwaltliche Vertretung bewusst das Risiko ein, Fehler zu machen, die später für den Ausgang des Prozesses entscheidend sein können.

Recht auf Prozesskostenhilfe

Wer jedoch die Kosten für einen Gerichtsprozess nicht aufbringen oder diese nur zum Teil oder in Raten zahlen kann, kann nach § 114 ZPO Prozesskostenhilfe (PKH) beantragen. Ein Anspruch auf PKH besteht somit nur dann, wenn die voraussichtlichen Prozesskosten des Antragstellers aufgrund seines geringen Einkommens und Vermögens nicht getragen werden können und der Gerichtsprozess nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit verloren geht.

Insbesondere bei dieser zweiten Voraussetzung für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe muss das Gericht eine Voreinschätzung vornehmen. Es muss, wenn es über den Antrag auf Prozesskostenhilfe entscheidet, die Erfolgschancen der Partei, die Prozesskostenhilfe beantragt, abwägen und die grundsätzliche Erfolgsaussicht der Klage bzw. Klageverteidigung prüfen.

Versagungsgründe für Prozesskostenhilfe

Verweigert werden darf die Prozesskostenhilfe nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes, wenn ein Erfolg in der Hauptsache zwar nicht schlechthin ausgeschlossen, die Erfolgschance aber nur eine entfernte ist (vgl. BVerfG, 13. Juli 2005, 1 BvR 175/05, NJW 2005, 3489). Steht bereits bei Beantragung von Prozesskostenhilfe fest, dass der Prozess z. B. wegen eines Verfahrensfehlers oder aufgrund der eindeutigen Beweislage nicht gewonnen werden kann, versagt das Gericht die Prozesskostenhilfe und weist den Antrag auf Prozesskostenhilfe in einem Beschluss zurück. Dies kann insbesondere der Fall sein, wenn die Klagefrist von 3 Wochen für eine Kündigungsschutzklage überschritten oder eine im Arbeits- oder Tarifvertrag wirksam vereinbarte Ausschlussfrist versäumt wurde.

Darüber hinaus kann Prozesskostenhilfe auch abgelehnt werden, wenn Sie Gewerkschaftsmitglied sind, selbst wenn Sie nach Stellung des PKH-Antrags aus der Gewerkschaft ausgetreten sind. Denn nach einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichtes (vgl. BAG, Beschluss vom 18.11.2013, 10 AZB 38/13) ist es einem Gewerkschaftsmitglied zumutbar, durch Inanspruchnahme gewerkschaftlichen Rechtsschutzes sein Vermögen einzusetzen.

Gemäß § 115 Absatz 3 ZPO hat die Partei zur Prozessführung auch ihr Vermögen einzusetzen, soweit dies zumutbar ist. Zum Vermögen in diesem Sinne gehören z. B. einfache Sparguthaben, wenn diese über dem sog. Schonvermögen von 5.000,00 € (bei Einzelpersonen) liegen. In diesem Fall müssen diese Geldanlagen vorrangig zur Deckung der Prozesskosten eingesetzt werden. Auch das Bausparguthaben aus einem noch nicht zuteilungsreifen Bausparvertrag gehört zum vorrangig einzusetzenden Vermögen i. S. d. § 115 Abs. 3 ZPO (vgl. BAG, Urteil vom 26.04.2006, 3 AZB 54/04

Dasselbe gilt für Lebensversicherungen, selbst wenn hierdurch geringe Verwertungsverluste entstehen (vgl. BGH, Beschluss vom 09.06.2010 – XII ZB 55/08; OLG Saarbrücken, Beschluss vom 25.02.2010, 9 WF 23/10).

Auch als Eigentümer eines Mittelklasse-Pkws, dessen Verkehrswert über 7.500 Euro liegt (vgl. BSG, 06.09.2007, B 14/7b AS 66/06 R), kann es dem Antragsteller von PKH obliegen, den Pkw für den Prozess zu veräußern und sich ein kleineres und günstigeres Kraftfahrzeug anzuschaffen. (vgl. OLG Brandenburg, Beschluss vom 05.01.2009 WF 358/05).

Wenn Sie Eigentümer einer Immobilie (Hausgrundstück, Wohnung) sind und die Wohnfläche Ihres Hauses den angemessenen Wohnbedarf gem. §§ 90 Abs. 2 Nr. 8, 96 Abs. 2 Satz 2 i. V. m.§ 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII) überschreitet, kann Prozesskostenhilfe ebenfalls versagt werden (OLG Hamm, Beschluss vom 10.10.2014, 9 W 34/14; LAG Mainz, Beschluss vom 14.09.2011, 11 Ta 169/11). Ein zu großes Wohnhaus, welches das Schonvermögen überschreitet, muss daher für den Prozess beliehen oder im Zweifel sogar veräußert werden.

Auch an den Arbeitnehmer ausgezahlte Abfindungen, die aufgrund eines Kündigungsschutzprozesses in einem Vergleich ausgehandelt wurden, zählen in Höhe des Nettobetrages zum einzusetzenden Vermögen, sofern der Arbeitnehmer kurze Zeit nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses wieder eine neue Arbeitsstelle am gleichen Ort antreten sollte (vgl. BAG, Beschluss vom 24.04.2006 – 3 AZB 12/05).

Darüber hinaus obliegen Ihnen als Antragsteller gem. § 117 Abs. 2 ZPO auch Mitwirkungspflichten dahingehend, die in der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse gemachten Angaben vollständig durch entsprechende Belege glaubhaft zu machen. Fehlen sowohl Angaben über Einkommen oder vorhandenes Vermögen und wird auch auf Nachfrage des Arbeitsgerichts nicht erklärt und belegt, wie der gegenwärtige Lebensunterhalt bestritten wird, kann die Bewilligung von Prozesskostenhilfe verweigert werden. In diesem Fall kommt dann auch eine nachträgliche Bewilligung von Prozesskostenhilfe nicht mehr in Betracht, selbst wenn nach Ablauf einer vom Gericht gesetzten Frist erst im Beschwerdeverfahren Belege vorlegt werden, die eine Bedürftigkeit begründen (vgl. LAG Hamm, Beschluss vom 06.02.2018 – 5 Ta 51/18).

Wie Sie sehen, steckt die Beantragung von Prozesskostenhilfe voller Fallstricke. Fehler und Versäumnisse können dazu führen, dass Ihr gesamtes berechtigtes Anliegen scheitert. Möchten Sie ganz sicher gehen, können Sie sich gerne zwecks kostenloser Ersteinschätzung bei mir melden.

Weitere Einzelheiten finden Sie auch unter: https://www.prozesskostenhilfe-direkt.de.


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