Publity AG: Praktischer Totalverlust für Anleger droht!

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Angesichts der angekündigten drastischen Kapitalreduzierung der publity AG um bis zu 98 % und der unsicheren Rückzahlung ihrer Unternehmensanleihe 2020/2025 müssen sich Investoren mit ihren rechtlichen Möglichkeiten auseinandersetzen. Dies umfasst die Prüfung von Schadenersatzansprüchen gegen Anlageberater, die möglicherweise nicht adäquat über die Risiken informiert haben, Fehlerprüfung der Prospekte hinsichtlich mangelhafter Risikoaufklärung sowie Klagen auf eine höhere Abfindung im Rahmen des StaRUG-Verfahrens. 

Die jüngsten Entwicklungen rund um die publity AG und ihre geplante Restrukturierung nach dem Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetz (StaRUG) werfen gravierende Fragen für die Anleger auf. Angesichts der angekündigten drastischen Reduzierung des investierten Kapitals um bis zu 98 % müssen sich betroffene Investoren mit ihren rechtlichen Möglichkeiten auseinandersetzen. Ein Überblick über die Rechtslage und mögliche Schritte für Anleger der publity AG, die in die Unternehmensanleihe 2020/2025 investiert haben.

Die Selbstdarstellung der publity AG

Die publity AG, ein Büroimmobilien-Investor, stellt sich auf ihrer Website als ein Unternehmen dar, das langfristige Investitionen in den Büroimmobilienmarkt tätigt und Wert auf eine nachhaltige Entwicklung legt: 

"High Performance Investors"

Sie betont, dass das Unternehmen mit einer breiten Expertise und einem umfassenden Netzwerk erfolgreich auf dem Immobilienmarkt agiert. Die Restrukturierungsmaßnahmen und die Umstände der finanziellen Schieflage stellen jedoch einen deutlichen Gegensatz zu dieser Selbstwahrnehmung dar. Es stellt sich die Frage, inwieweit das Unternehmen seine Anleger über die tatsächlichen Risiken aufklärt und ob es seine eigenen Finanzierungsprobleme möglicherweise zu spät kommuniziert hat.

Die publity AG hat in ihrer Kommunikation mit den Anlegern in der Vergangenheit mehrfach betont, dass ihre Strategie auf einer Stabilisierung der Unternehmensfinanzen und einer langfristigen Rentabilität beruht. Doch die aktuellen Entwicklungen zeigen, dass diese Strategie offenbar nicht aufgegangen ist und die Anleger mit Verlusten rechnen müssen. Die mögliche Verletzung von Aufklärungspflichten und die Art und Weise der Kommunikation in der Vergangenheit könnten daher ebenfalls juristisch aufbereitet werden

Die aktuelle Lage der publity AG

Nun hat die publity AG am 24. März 2025 bekannt gegeben, dass die Rückzahlung ihrer Unternehmensanleihe 2020/2025 (ISIN DE000A254RV3, WKN A254RV) zum ursprünglich geplanten Termin am 19. Juni 2025 nicht gesichert ist. Stattdessen plant das Unternehmen eine umfassende Restrukturierung, um seine finanzielle Lage zu stabilisieren und seine Verschuldung zu reduzieren. Dies führt zu einer dramatischen Abwertung für die Anleihegläubiger: Voraussichtlich sollen diese lediglich mit 2 bis 3 Prozent des Nennbetrags ihrer Investition abgefunden werden. Dies entspricht einem Verlust von 97 bis 98 Prozent des investierten Kapitals.

Zudem hat die publity AG in einer Mitteilung angedeutet, dass die Anleihegläubiger im Rahmen eines StaRUG-Verfahrens (unter dem Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetz) einbezogen werden sollen. Dieser Schritt bedeutet eine erhebliche Belastung für die betroffenen Anleger, die mit einem Verlust ihrer Investition in nahezu vollständiger Höhe rechnen müssen.

Ursachen der finanziellen Schieflage der publity AG

Die Schwierigkeiten der publity AG sind nicht allein durch die Restrukturierung der Anleihe bedingt. Bereits im Januar 2025 hatte das Unternehmen angekündigt, dass für das Geschäftsjahr 2024 ein erheblicher Jahresfehlbetrag von 185 bis 210 Millionen Euro zu erwarten sei. Diese Zahl zeigt, dass die publity AG mit einer schweren finanziellen Krise kämpft. Ein wesentlicher Faktor für diese Schieflage ist die Beteiligung an der PREOS Global Office Real Estate & Technology AG, die sich derzeit in einem Insolvenzverfahren befindet. Diese Beteiligung hat sich offenbar als finanzielle Belastung für die publity AG herausgestellt, was auch zu den Verlusten beigetragen hat.

Möglichkeiten für Anleger

Für die Anleger, die nun mit nahezu vollständigem Kapitalverlust konfrontiert sind, gibt es mehrere rechtliche Optionen. Zunächst sollten sie sich der Tatsache bewusst sein, dass ihre Investition mit einem hohen Risiko verbunden war, das im Vorfeld ordnungsgemäß kommuniziert worden sein sollte – zumindest im Rahmen einer professionellen Anlageberatung.

  • Prüfung von Schadenersatzansprüchen gegen Anlageberater

Anleger, die sich von einem Anlageberater zur Investition in die Anleihe der publity AG haben überreden lassen, sollten prüfen, ob ihnen Schadenersatzansprüche gegen ihren Berater zustehen. Ein wesentlicher Aspekt in diesem Zusammenhang ist die Frage, ob der Berater die Anleger ordnungsgemäß über die Risiken der Investition informiert hat.

Insbesondere hätten die Anlageberater auf die Risiken hinweisen müssen, die mit der Anleihe der publity AG verbunden sind. Dazu gehören sowohl die Risiken der allgemeinen Marktbedingungen als auch die spezifischen Risiken im Zusammenhang mit der finanziellen Lage des Unternehmens, insbesondere die Beteiligung an der PREOS AG, die sich in einer Insolvenz befindet. Wurden diese Risiken nicht ausreichend thematisiert oder gar verschwiegen, kann sich für die Anleger ein Schadenersatzanspruch ergeben. Ein solcher Anspruch könnte dazu dienen, die Verluste zumindest teilweise auszugleichen.

  • Schadensersatzansprüche aufgrund von fehlerhafter Prospekterstellung

Eine weitere Möglichkeit für Anleger besteht darin, die Prospekte, die für die Anleihebegebung erstellt wurden, auf etwaige Fehler prüfen zu lassen. Wenn das Unternehmen im Rahmen der Prospektinformationen unzureichend oder fehlerhaft über Risiken aufgeklärt hat, könnten auch hier Ansprüche auf Schadensersatz bestehen. Dies gilt insbesondere dann, wenn im Prospekt das Risiko einer späteren Restrukturierung oder einer Insolvenz des Unternehmens nicht ausreichend transparent dargestellt wurde.

  • Klage auf Rückzahlung oder eine höhere Abfindung

Eine weitere Option für die betroffenen Anleger könnte die Klage auf eine höhere Abfindung im Rahmen des StaRUG-Verfahrens sein. Hierbei ist jedoch zu beachten, dass das StaRUG in der Regel den Interessen aller Gläubiger dient und die Chancen auf eine höhere Abfindung in einem solchen Verfahren von vielen Faktoren abhängen, wie etwa der Bereitschaft anderer Gläubiger zur Zustimmung zu den Restrukturierungsplänen.

Fazit

Anleger der publity AG, die von den drohenden Verlusten betroffen sind, sollten ihre rechtlichen Optionen sorgfältig prüfen lassen. Neben Schadenersatzansprüchen gegen Anlageberater und die Prüfung der Prospektfehler bieten sich gegebenenfalls auch andere rechtliche Schritte wie Klagen auf eine höhere Abfindung im StaRUG-Verfahren an. Es empfiehlt sich, frühzeitig rechtlichen Rat einzuholen, um die bestmögliche Vorgehensweise zu ermitteln. Die rechtlichen Optionen sollten individuell bewertet werden, da jede Situation unterschiedliche Aspekte der Risikoinformation und Beratung betreffen könnte.

Rechtsanwalt Johannes Goetz, Partner der Kanzlei Klamert & Partner PartGmbB, München, ist seit über 10 Jahren im Bank- und Kapitalmarktrecht außergerichtlich und gerichtlich tätig und konnte bereits in vielen Fällen geschädigten Anlegern helfen. Eine Ersteinschätzung erfolgt kostenfrei. 



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