P&R Insolvenz: Wie sieht es mit den Anfechtungsansprüchen aus?

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Bei Insolvenzen mit Schneeballsystemen stellt sich die Frage der Anfechtung von Zahlungen des Unternehmens an die Anleger. Bei unechten Gewinnen werden diese unentgeltlichen Leistungen ähnlich wie Schenkungen gleichgestellt. Die nachfolgend beschriebene Fallgestaltung ergibt sich vor dem Hintergrund der geänderten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zur Unentgeltlichkeit rechtsgrundloser Leistungen. Nach dem jetzt maßgeblichen BGH-Urteil vom 22. Juli 2021 - IX ZR 26/20 - (Infinus/Fubus – Dresden) für die Frage der Rückforderung von Auszahlungen an die Anleger durch den Insolvenzverwalter infolge von Anfechtungen gemäß §§ 134, 143 InsO bei einem Schneeballsystem hat sich das Blatt zugunsten der Geschädigten gewendet. 

Wenn der Zahlende (das insolvente Unternehmen) gewusst hat, dass er zur Leistung nicht verpflichtet ist, hat er keinen Rückforderungsanspruch, § 814 BGB. Hierbei handelt es sich um die sogenannte Kondiktionssperre (Leistung in Kenntnis der Nichtschuld). 

Die Kenntnis des zahlenden (später insolventen) Unternehmens oder seiner Vertreter setzt voraus, dass diese die unterlassene bilanzielle Wertberichtigung einer Forderung kannten. 

Ob der Zahlende das Schneeballsystem kannte oder nicht, ist nach dem BGH-Urteil vom 22. Juli 2021 - IX ZR 26/20 – unwichtig.

Die in der Insolvenz befindliche Emittentin muss also Zahlungen an die Anleger in Kenntnis der unzutreffenden Bilanzierung vorgenommen haben. Dieser bilanzieller Mangel besteht im Regelfall aus der unterlassenen Wertberichtigung von Forderungen durch Abschreibung.

Eine genaue Kenntnis dieses Mangels in der Person des Vertreters des insolventen Unternehmens ist allerdings nicht erforderlich. Ausreichend ist eine „Parallelwertung in der Laiensphäre“ auf der Grundlage von Erkenntnissen überhöhter Werte in der Aktiva bzw. im Unternehmen, die tatsächlich nicht vollständig realisierbar sind. Daraus ergibt sich das Wissen unzureichender bilanzieller Wertberichtigungen. Ausreichend ist auch die Kenntnis überhöhter Provisionen.

In dem BGH-Urteil vom 22. Juli 2021 - IX ZR 26/20 wird ausgeführt:

„Auch diese Bilanzierungsregeln mussten die für die Schuldnerin verantwortlich Handelnden nicht in allen Einzelheiten kennen. Für die Parallelwertung in der Laiensphäre reicht es aus, dass sie wussten, dass die Auszahlung der für die Vermittlung verdienten hohen Provisionsraten davon abhängig war, dass der vermittelte Versicherungsnehmer, eine Gesellschaft der I. , für die Dauer der Zahlung der Provisionsraten monatlich die hohen Versicherungsprämien zahlte. Wenn sie darüber hinaus wussten, dass der Versicherungsnehmer die Prämien voraussichtlich nicht über den (langen) Zeitraum der Provisionszahlungen werde aufbringen können, wussten sie auch, dass der Provisionsanspruch der Schuldnerin gegen den Versicherer zweifelhaft war. 

Dann aber wussten sie in einer Parallelwertung in der Laiensphäre, dass die Bilanzierung des Provisionsanspruchs in voller Höhe ohne jede Abschreibung fehlerhaft war und den tatsächlichen Wert des Anspruchs nicht wiedergab,“ Urteil des Bundesgerichtshofes vom 22. Juli 2021 - IX ZR 26/20.

Betroffene Gläubiger des P&R-Komplexes können sich zwecks kostenfreier anwaltlicher Beratung registrieren lassen. Schauen Sie bitte nach Absendung Ihrer Daten in Ihr E-Mail-Postfach.  

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