Q & A zu Massenentlassungen

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Q & A zu Massenentlassungen 

Massenentlassungen sollten nur als ultima ratio ernsthaft in Erwägung gezogen werden. Verantwortungsbewusste Arbeitgeber schöpfen im Regelfall zuvor alle milderen Mittel, beispielsweise Kurzarbeit, aus. Das Kurzarbeitergeld federt Härten im Regelfall ausreichend ab, so dass es lediglich in seltenen Fällen (z.B. um einige Arbeitsplätze zu retten die bei einer wirtschaftlichen Überlastung sonst sicher zusätzlich wegfallen würden) erforderlich ist, in Massen zu entlassen.   

Dies vorausgeschickt gehe ich im Folgenden auszugsweise auf einige Besonderheiten ein, die es bei Massenentlassungen zu beachten gilt. Es kann bspw. notwendig sein, eine Massenentlassungsanzeige vorzunehmen. Hierbei gilt es, Schwellenwerte zu beachten. Zudem ist eine – gerichtlich überprüfbare – Sozialauswahl vorzunehmen.

Wie wird die Berechnung der Mitarbeiteranzahl bei Massenentlassungsanzeigen vorgenommen und wie wird der Schwellenwert ermittelt ?

Bei den genannten Zahlen zur Ermittlung des Schwellenwertes sind zunächst alle Arbeitnehmer mitzurechnen, also auch Auszubildende und Volontäre.

Dagegen gilt aber der Massenentlassungsschutz nicht (diese Personen sind also auch nicht mitzurechnen) für Vorstandsmitglieder, GmbH-Geschäftsführer, vertretungsberechtigte Gesellschafter von Personalgesellschaften, ferner nicht für Geschäftsführer, Betriebsleiter und ähnliche leitende Personen, soweit diese zur selbstständigen Einstellung oder Entlassung von Arbeitnehmern berechtigt sind, ebenso nicht für Heimarbeiter, Handelsvertreter und andere arbeitnehmerähnliche Personen.

Arbeitnehmer, die außerordentlich aus wichtigem Grunde (fristlos) entlassen wurden, werden ausnahmsweise nicht mitgerechnet. Solche fristlosen Kündigungen bleiben möglich. Nur dann, wenn die außerordentliche Kündigung auf einem wirtschaftlichen Grund beruht, muss sie nach Sinn und Zweck des § 17 KSchG mitgezählt werden.

Nicht berücksichtigt werden zudem Arbeitsverhältnisse, die wegen Ablauf der Befristung enden.

Den Entlassungen stehen andere Beendigungen des Arbeitsverhältnisses gleich, die vom Arbeitgeber veranlasst werden, z. B. Kündigung durch Arbeitnehmer, wenn der Arbeitgeber eine konkrete Kündigungsabsicht einschließlich des vorgesehenen Kündigungstermins mitgeteilt hat oder auch die mit Aufhebungsverträgen bezweckten Massenentlassungen. Die Vorschriften über die Massenentlassung gelten auch bei Änderungskündigungen, wenn sie infolge der Nichtannahme der angebotenen neuen Arbeitsbedingungen durch die Arbeitnehmer zu deren Entlassung führen.

Vom Arbeitgeber beabsichtigte ordentliche Kündigungen zählen mit, unabhängig davon, ob es sich um betriebsbedingte, verhaltensbedingte oder personenbedingte Kündigungen handelt.

Nach § 17 Absatz 1 Satz 2 KSchG sind auch Eigenkündigungen des Arbeitnehmers oder Aufhebungsverträge bei der Anzahl der Entlassungen einzurechnen, wenn der Arbeitnehmer einer ansonsten erforderlichen betriebsbedingten Kündigungen zuvor kommt (BAG v. 28.06.2012 - 6 AZR 726/10).

Steht im Zeitpunkt der Massenentlassungsanzeige noch nicht fest, ob Arbeitnehmer in eine Transfergesellschaft wechseln, so sind auch diese zu berücksichtigen (BAG v. 28.06.2012 - 6 AZR 726/10).

Was hat es mit dem 30-Tages-Rückblick auf sich?

Um festzustellen, ob geplante Entlassungen anzeigepflichtig sind, muss jeweils ein Zeitraum von 30 Kalendertagen im Hinblick auf die Vergangenheit und auf die Zukunft betrachtet werden ausgehend vom frühesten Entlassungszeitpunkt. Mit diesem Rückblick kann ausgeschlossen werden, dass Entlassungen, die ursprünglich nicht anzeigepflichtig waren, durch neu hinzu kommende Entlassungen im Nachhinein anzeigepflichtig werden. Zu beachten ist, dass eine Entlassungsanzeige nie nachgeholt werden kann.

Wie kann eine Massenentlassungsanzeige legal umgangen werden mit dem Ziel einige Arbeitsplätze zu retten, die anderenfalls sicher zusätzlich wegfallen würden ?

Da auf den Beendigungszeitpunkt (z.B. Ausspruch der Kündigung, Abschluss des Aufhebungsvertrag) abzustellen ist, liegt keine anzeigepflichtige Massenentlassung vor, wenn der Ausspruch der Kündigung so gestaffelt wird, dass im 30-Tageszeitraum der Schwellenwert nicht erreicht wird, aber alle Arbeitsverhältnisse wegen unterschiedlicher Kündigungsfristen am selben Tag enden.

Wenn ein Mitarbeiter selbst kündigt, ist er dann mit in die Sozialauswahl einzubeziehen? Was gilt, wenn ein Aufhebungsvertrag geschlossen wird oder Mitarbeiter sich noch in der Probezeit befinden oder wenn verhaltens- oder personenbedingt gekündigt wird? 

Wenn ein Mitarbeiter selbst kündigt, ist er nicht mit in die Sozialauswahl einzubeziehen. Gleiches gilt wenn ein Aufhebungsvertrag geschlossen wird, wenn verhaltens- oder personenbedingt gekündigt wird etc. und auch für Arbeitnehmer die gar keinen Kündigungsschutz haben (z.B. solche, die sich noch in der Probezeit befinden) , weil ihnen immer zuerst gekündigt werden muss.

Was gilt hinsichtlich der bei Massenentlassungen vorzunehmenden Sozialauswahl bei Mitarbeitern, die aus der Elternzeit kommen und die noch besonderen Kündigungsschutz genießen bzw. was gilt, wenn dieser besondere Kündigungsschutz abgelaufen ist?

Solche Mitarbeiter sind von der Sozialauswahl ausgenommen. Schwangere und junge Mütter bis zum vierten Monat nach der Entbindung und schwerbehinderte Arbeitnehmer sind im Allgemeinen nicht in die Sozialauswahl mit einzubeziehen. Das gilt auch für andere ordentlich unkündbare Arbeitnehmer, d.h. für Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnis durch Vorschriften des Sonderkündigungsschutzes in gesteigerter Weise gegen ordentliche Kündigungen geschützt ist.

 

Sind Schwerbehinderte in die Sozialauswahl einzubeziehen ?

Allerdings ist der Arbeitgeber dazu berechtigt, auch schwerbehinderte Arbeitnehmer in die Sozialauswahl einzubeziehen. Wenn er schwerbehinderte Arbeitnehmer in die Sozialauswahl mit einbeziehen möchte, braucht er allerdings die Zustimmung des Integrationsamtes zur Kündigung des Schwerbehinderten und bei der Sozialauswahl muss der Arbeitgeber dann die Schwerbehinderung gemäß § 1 Abs.3 KSchG zugunsten des Schwerbehinderten berücksichtigen.

 

Welche Möglichkeit besteht, wenn der Arbeitgeber unsicher ist, ob er eine Massenentlassungsanzeige lancieren muss ? 

 Wenn Zweifel bestehen ob eine Massenentlassungsanzeige notwendig ist, kann ein entsprechendes Negativtestat bei der Agentur für Arbeit angefordert werden.     


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