Qualifiziertes Arbeitszeugnis - Bewertung

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Im zweiten Teil werfen wir einen Blick auf die Bewertung der Leistung und des Verhaltens in einem Arbeitszeugnis unter besonderer Berücksichtigung der anzulegenden Notenskala.


Es gilt:

Das qualifizierte Arbeitszeugnis ist leistungsgerecht und wohlwollend abzufassen.


Leistungsgerecht meint, dass das Zeugnis vom Bewertungsmaßstab so abzufassen ist, dass es notenmäßig der Beurteilung entspricht, die sich der Arbeitnehmer durch seine tägliche Arbeit verdient hat.

Zu beachten ist jedoch, dass der/die Arbeitnehmer(in) keinen Anspruch auf einen bestimmten Wortlaut oder eine bestimmte Formulierung hat. Der Arbeitgeber bestimmt auch, welche Leistungen oder Eigenschaften des Arbeitnehmers er mehr hervorheben möchte.

Eingeschränkt wird das Obige aber dadurch, dass das Zeugnis wohlwollend zu sein hat. Dies bedeutet, dass das Zeugnis das Fortkommen des Arbeitnehmers nicht ungerechtfertigt erschweren soll, was durch einen gewissen Wortlaut oder eine gewählte Formulierung durchaus passieren kann oder auch dadurch, wenn die Bewertung ein gewisses Mindestmaß an Umfang unterschreitet (dies gilt besonders dabei, dass die Leistungsbewertung zur Tätigkeitenauflistung in einem gewissen Verhältnis zueinander stehen muss). Denn wenn das Zeugnis im Vergleich zur Auflistung nur wenig zur Leistung sagt, kann der Adressat eines Zeugnisses (der künftige Arbeitgeber, bei dem man sich beworben hat) zu dem Schluss kommen, dass der Arbeitnehmer zwar viel gemacht, aber im Ergebnis nichts geleistet hat.

Einem solchen Eindruck ist zwingend entgegen zu wirken.


Wichtig ist, dass das Zeugnis dahingehend zu überprüfen ist, dass zum Einen Einzelbewertungen zueinander und zum anderen Einzelbewertungen zur Gesamtbewertung nicht in einem Widerspruch stehen dürfen, da diese Widersprüche in aller Regel zu Lasten der Arbeitnehmerin/ des Arbeitnehmers aufgelöst werden.

Des Weiteren ist auch darauf zu achten, dass die positiven Hervorhebungen dem Gesamtbild entsprechen. Denn auch hier kann es durchaus sein, dass, ob beabsichtigt oder nicht, Formulierungen gewählt werden, die Überpositivistisch sind und dazu führen können, den/die Arbeitnehmer(in) lächerlich zu machen bzw. durch eine Überspitzung genau das Gegenteil auszusagen.

Als weiterer wichtiger Punkt ist herauszustellen, dass Einzelbewertungen, die einer durchschnittlichen Bewertung entsprechen sollen, nach Rspr. des BAG den zeitlichen Zusatz „immer, stets oder jederzeit“ beigefügt haben müssen. Fehlt dieser, ist in aller Regel nicht von einer durchschnittlichen Bewertung auszugehen, da aufgrund des sog. „beredten Schweigens“ von Abstrichen am Zeitmoment zu nehmen ist und somit die Aussage dahintersteht:

„Der/die Arbeitnehmer(in) hat zwar (gute) Leistungen erbracht, dies aber nicht durchgehend.“

Eine solche dahinterstehende Aussage ist im Bewerbungsverfahren selbstverständlich nicht unbedingt förderlich.

Gesamtbewertungsmaßstab (in absteigender Reihenfolge):

Der/die Arbeitnehmer(in) hat die ihr/ihm übertragenen Aufgaben jederzeit zu unserer vollsten Zufriedenheit erledigt.

(sehr gut)

Der/die Arbeitnehmer(in) hat die ihr/ihm übertragenen Aufgaben jederzeit zu unserer vollen Zufriedenheit erledigt.

(gut)

Der/die Arbeitnehmer(in) hat die ihr/ihm übertragenen Aufgaben zu unserer vollen Zufriedenheit erledigt.

(vollbefriedigend bis befriedigend)

Der/die Arbeitnehmer(in) hat die ihr/ihm übertragenen Aufgaben jederzeit zu unserer Zufriedenheit erledigt

(befriedigend)

Der/die Arbeitnehmer(in) hat die ihr/ihm übertragenen Aufgaben zu unserer Zufriedenheit erledigt.

(ausreichend)

Der/die Arbeitnehmer(in) hat die ihr/ihm übertragenen Aufgaben im Großen und Ganzen zu unserer Zufriedenheit erledigt.

(mangelhaft)

Der/die Arbeitnehmer(in) hat die ihr/ihm übertragenen Aufgaben zu erledigen versucht/ sich stets bemüht.

(ungenügend)


Selbstverständlich ist im Hinblick auf die Gesamtbewertungssätze darauf hinzuweisen, dass diese durchaus anders formuliert sein können. In aller Regel findet sich aber eine gleiche oder zumindest ähnliche Formulierung, wie die Obige.

Zur Bewertung des Sozialverhaltens

Häufig wird von den Arbeitgebern die Einzelbewertung(en) des Sozialverhaltens vergessen. Diese Einzelbewertung wird in aller Regel durch den Standartsatz dargestellt:


Aufgrund seiner/ihrer höflichen, zuvorkommenden und freundlichen Art wurde (er/sie/divers) allseits/ von den Vorgesetzten, Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und Kunden/Patienten (sehr) geschätzt.


Natürlich kann es insoweit noch besondere Hervorhebungen im Hinblick auf Teamwork, besonderen Umgang mit Kunden/Patienten etc. geben, wobei insoweit zu beachten ist, dass dies nicht derart verstanden oder dargestellt werden darf, dass der Umgang „zu freundschaftlich“ war, da dies wiederum negativ ausgelegt werden könnte.

Auch im Hinblick auf die Bewertung des Sozialverhaltens ist es gängige Praxis, dass eine Gesamtbewertung im Zeugnis zu finden ist (in absteigender Reihenfolge).

Ihr/ Sein Verhalten zu Vorgesetzten, Arbeitskolleginnen und -kollegen und zu Kunden/Patienten

war stets vorbildlich

= sehr gut

war vorbildlich/ ausnahmslos einwandfrei/ stets einwandfrei

= gut bis vollbefriedigend

war einwandfrei

= befriedigend

war ohne Tadel

= ausreichend

gab zu keiner Klage Anlass

= mangelhaft

Zu dem/der Arbeitnehmer(in) ist uns nichts Nachteiliges bekannt geworden

= ungenügend


Zum Schluss ist nochmals hervorzuheben, dass bei qualifizierten Arbeitszeugnissen häufig der wohl bekannte „Teufel“ im Detail steckt, sodass es sinnvoll ist ein Arbeitszeugnis durch einen fachkundigen Rechtsanwalt überprüfen zu lassen und sofern erforderlich einen Berichtigungsanspruch des Zeugnisses beim Arbeitgeber geltend zu machen.


Sind Sie mit Ihrem Arbeitszeugnis unzufrieden oder erfüllt Ihr Arbeitgeber nicht Ihren Anspruch auf Erteilung eines Arbeitszeugnisses, dann melden Sie sich bei mir.

Im Rahmen einer Erstberatung wird eine erste Einschätzung zu Ihrem Arbeitszeugnis vorgenommen, wie sich Ihr Arbeitszeugnis notenmäßig darstellt und berate Sie dabei, ob und in welcher Form und Umfang sich ein weiteres Vorgehen gegen Ihren Arbeitgeber lohnt.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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