Razzia bei kinox.to-Betreibern – Was die Nutzer jetzt zu befürchten haben
- 3 Minuten Lesezeit
Nach Informationen des SPIEGEL – http://www.spiegel.de/netzwelt/netzpolitik/kinox-to-grossrazzia-mit-durchsuchungen-in-vier-bundeslaendern-a-999250.html – hat eine Spezialeinheit der Polizei ein Wohnhaus in Lübeck gestürmt. In dem Haus sollen die 21 und 25 Jahre alten Betreiber von kinox.to bei ihren Eltern gewohnt haben. Sie sind auf der Flucht. Zwei weitere führende Köpfe der Plattform wurden offenbar im Raum Düsseldorf festgenommen. Nach Angaben der GVU sollen auch die Seiten Movie4k.to, Boerse.sx und mygully.com von den Beschuldigten betrieben worden sein.
Noch sind die jeweiligen Plattformen größtenteils online (mygully scheint down zu sein), es ist jedoch davon auszugehen, dass die Staatsanwaltschaft auch schon bald Zugriff auf die jeweiligen Server haben wird. Nach Informationen von tarnkappe.info – https://tarnkappe.info/meinung-der-bust-von-mygully-und-kinox/ – wurden auch die Portale Freakshare und Bitshare von den Gesuchten betrieben. befürchtet, dass die Seiten weiter als so genannter Honeypot betrieben werden. D.h., die Staatsanwaltschaft würde die Seiten weiter betreiben und registrieren, welche Nutzer sich derzeit noch einloggen. Theoretisch ist ein solches Vorgehen zwar denkbar, aus Sicht der anwaltlichen Praxis aber eher ungewöhnlich. Was die Nutzer der Plattformen zu befürchten haben, erläutert der Kölner IT-Anwalt Christian Solmecke:
„Aus meiner Sicht haben die Nutzer von kinox.to schon keine Straftat begangen, da der reine Konsum von Streamingdiensten nicht rechtswidrig ist – https://www.wbs-law.de/internetrecht/streaming-legal-oder-illegal-49412/. Das gilt jedenfalls immer dann, wenn keine Kopie des Streams auf dem eigenen Rechner hergestellt wird. Darüber hinaus ist die GVU – die hier offenbar die Strafanzeige erstattet hat – auch dafür bekannt, normalerweise das Übel an der Wurzel zu packen. Das heißt, dass die Gesellschaft in der Regel gegen die großen Fische vorgeht, was sie mit den jetzigen Durchsuchungen auch beweisen hat.“
Letztlich müsse man sich auch fragen – so Solmecke weiter – welche Daten auf den Servern von kinox.to bzw. den angeschlossenen Streamingplattformen überhaupt gespeichert worden sind. Zwar sei ein Nutzer über seine IP-Adresse jederzeit identifizierbar, jedoch würden viele Server die IP-Adressen überhaupt nicht speichern. Selbst wenn dem so wäre, stellt sich die Frage, ob die jeweiligen Internet-Zugangsprovider – also z.B. die Deutsche Telekom – ebenfalls die IP-Adresse ihrer Kunden gespeichert haben. Ist das nicht der Fall, ist eine Zuordnung der IP-Adresse nicht mehr möglich. Betroffen sein könnten also wenn überhaupt nur Nutzer, die in den letzten Tagen die Plattform kinox.to genutzt haben.
Die Filmindustrie vertritt – anders als Rechtsanwalt Christian Solmecke – die Auffassung, dass schon das Zwischenspeichern eines Films im flüchtigen Speicher eines Computers (RAM) als illegale Kopie anzusehen ist. In Folge der RedTube-Abmahnungen tendierten allerdings etliche Gerichte dazu, den Konsum von Streams nicht als Urheberrechtsverletzung anzusehen. Sollte es jedoch trotzdem zu Abmahnungen kommen, müssten die betroffenen Nutzer dann mit so genannten Unterlassungserklärungen versprechen, künftig keine Filme mehr zu vervielfältigen und darüber hinaus Schadensersatzansprüche zahlen. Der Schadensersatzanspruch setzt sich zusammen aus den Anwaltsgebühren, die auf ca. 155 Euro gedeckelt sein dürften und dem tatsächlich entstandenen Schaden, der sich z.B. an den Kosten eines Kinobesuchs bzw. am Ausleihen einer DVD mit ca. 10 Euro orientieren dürfte. Wesentlich höhere Schadensersatzansprüche und Anwaltskosten werden zwar in den tausenden Filesharing-Verfahren in Deutschland angesetzt. Beim Filesharing liegt jedoch – anders als bei kinox.to – der Hauptvorwurf darin, dass ein Film nicht nur heruntergeladen sondern in den Tauschbörsen auch automatisch (und oft unbewusst) der gesamten Welt wieder angeboten wird.
Auch in Folge der Ermittlungen gegen den kinox-Vorgänger kino.to hat zwar die Generalstaatsanwaltschaft Dresden seinerzeit das Vorgehen gegen so genannte zahlende Premium-Nutzer angekündigt – https://www.wbs-law.de/internetrecht/jetzt-also-doch-staatsanwalt-ermittelt-gegen-nutzer-von-kino-to-rechtsanwalt-christian-solmecke-erlautert-was-die-betroffenen-zu-befurchten-haben-20611/ – , diese Drohung dann aber letztlich – wohl auch aufgrund der rechtlichen Unklarheiten – nicht wahr gemacht. Ermittelt wurde jedoch gegen die Uploader – https://www.wbs-law.de/medienrecht/strafrecht/kino-to-mutmaslicher-uploader-festgenommen-40316/ – und gegen die Vermarkter von kino.to – https://www.wbs-law.de/abmahnung-filesharing/kino-to-ermittlungsbehorden-haben-werbevermarkter-im-visier-26892/. Die Betreiber wurden seinerzeit zu langjährigen Haftstrafen – https://www.wbas-law.de/urheberrecht/kino-to-prozess-beendet-26200/ – verurteilt.
Problematischer könnte die Rechtslage sich übrigens für die Nutzer der offenbar ebenfalls von den kinox.to Betreibern gegründeten Download-Portale bzw. Foren mygully.com und boerse.sx sein. Hier ging es nicht darum, dass Filme gestreamt wurden, sondern illegale Inhalte wie Musik, Filme, Bücher oder Software über so genannte One-Click-Hoster heruntergeladen worden sind. Sollte die Staatsanwaltschaft die Namen dieser Nutzer herausbekommen, ist mit Abmahnungen der jeweiligen Rechteinhaber zu rechnen.
Artikel teilen: