Recht auf blockweise Verringerung der Arbeitszeit (hier: 6 Monate pro Jahr arbeitsfrei)?
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Hat man als Arbeitnehmer ein Recht darauf, seine Arbeitszeit dergestalt zu reduzieren, dass man in bestimmten Monaten des Jahres gar nicht arbeitet? Das Landesarbeitsgericht Hamm meint: Ja.
Zum Hintergrund:
Gemäß § 8 Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) kann ein Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis länger als sechs Monate besteht und der bei einem Arbeitgeber angestellt ist, der regelmäßig mehr als 15 Arbeitnehmer (ohne Azubis) beschäftigt, verlangen, dass seine vertraglich vereinbarte Arbeitszeit verringert wird.
Der Arbeitnehmer muss die Verringerung seiner Arbeitszeit und den Umfang der Verringerung spätestens drei Monate vor deren Beginn in Textform geltend machen. Er soll dabei die gewünschte Verteilung der Arbeitszeit angeben.
Der Arbeitgeber hat der Verringerung der Arbeitszeit zuzustimmen und ihre Verteilung entsprechend den Wünschen des Arbeitnehmers festzulegen, soweit betriebliche Gründe nicht entgegenstehen. Ein betrieblicher Grund liegt insbesondere vor, wenn die Verringerung der Arbeitszeit die Organisation, den Arbeitsablauf oder die Sicherheit im Betrieb wesentlich beeinträchtigt oder unverhältnismäßige Kosten verursacht.
Eine Ablehnung der Verringerung der Arbeitszeit oder ihrer Verteilung hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer spätestens einen Monat vor dem gewünschten Beginn der Verringerung in Textform mitzuteilen. Ansonsten gilt die Verringerung der Arbeitszeit und ihre Verteilung der Arbeitszeit entsprechend den Wünschen des Arbeitnehmers als festgelegt.
Der Fall:
Ein Mitarbeiter war als Messgehilfe in Vollzeit mit einer tariflichen Wochenarbeitszeit von 39 Stunden bei einem Arbeitgeber tätig. Mit Schreiben vom 20.09.2017 stellte er einen Antrag auf Reduzierung seiner tariflichen Arbeitszeit nach § 8 TzBfG ab dem 01.01.2018 auf 50%. Dabei gab er eine Präferenz der Arbeitszeitverteilung an, bei der er von Januar bis April und November bis Dezember vollzeitbeschäftigt und von Mai bis Oktober vollständig freigestellt wäre. Hintergrund des Teilzeitwunsches des Mitarbeiters war, dass er sich sozialen Projekten im Zusammenhang mit in den Sommermonaten stattfindenden Pilgerreisen in Spanien widmen wollte. Der Arbeitgeber führte mit dem Mitarbeiter keine Verhandlungen über den geäußerten Teilzeitwunsch. Er meinte, dass das geltende Tarifrecht als Organisationskonzept mit einer wöchentlichen Arbeitszeit dem Teilzeitwunsch des Mitarbeiters entgegenstehe. Die Arbeitswoche sei der Bezugsrahmen und zugleich die Grenze für die Verteilung der Arbeitszeit. Zwar könne innerhalb einer Woche Teilzeit geleistet werden, aber eben keine „Nullzeit“. Das TzBfG stelle auch kein „Sonderurlaubs- oder Sabbaticalgesetz“ dar und beinhalte kein „Blockfreistellungsmodell“ und keinen Anspruch auf eine „Nullzeit“. Dementsprechend versuchte der Arbeitgeber auf den Antrag des Mitarbeiters hin auch nicht, im Rahmen interner oder externer Stellenausschreibungen oder durch Anfragen bei der Agentur für Arbeit eine entsprechende Ersatzkraft zu finden. Am 23.11.2017 lehnte der Arbeitgeber den Teilzeitantrag ab. Der Mitarbeiter klagte auf die Reduzierung der Arbeitszeit, wie von ihm beantragt.
Die Entscheidung:
Das Gericht gab dem Mitarbeiter Recht und verurteilte den Arbeitgeber zur Arbeitszeitreduzierung wie von dem Mitarbeiter beantragt.
Die Reduzierung der Arbeitszeit kann sich grundsätzlich auch auf eine Freistellung für volle Monate am Stück oder im Wechsel mit voller monatlicher Arbeitszeit ebenso wie auf die Freistellung während einzelner Monate oder rund um den Jahreswechsel beziehen, so das Gericht. Dass dies für bestimmte Wochen, Monate oder länger zu „Nullzeiten“ führen kann, steht dem grundsätzlichen Bestehen eines solchen Anspruchs im Rahmen des § 8 TzBfG nach Auffassung des Gerichts nicht entgegen.
Betriebliche Gründe standen dem Teilzeitbegehren des Mitarbeiters aus Sicht des Gerichts nicht entgegen. Die tarifvertragliche Rechtslage selbst stelle kein Organisationskonzept i. S. d. Teilzeitrechts dar, sondern lediglich den rechtlichen Rahmen der geltenden Arbeitszeit. Der Verringerungsanspruch beziehe sich aber gerade auf diese Regelarbeitszeit, die auf Tag, Woche, Monat oder Jahr bezogen sein könne. Es sei gerade Gegenstand des Teilzeitanspruchs, das bisherige Arbeitszeitmodell gegebenenfalls zu ändern. Wäre dem nicht so, schiede von vornherein jede Teilzeitregelung aus. Die tarifvertragliche Wochenarbeitszeit als solche könne den gesetzlichen Teilzeitanspruch des Mitarbeiters dem Grunde nach nicht einschränken. Andere dem Teilzeitwunsch entgegenstehende betriebliche Gründe, etwa die Nichtverfügbarkeit einer Ersatzkraft, hatte der Arbeitgeber nicht vorgebracht (Landesarbeitsgericht Hamm, Urt. v. 29.01.2020, Az. 6 Sa 1081/19).
Hinweis für die Praxis:
Die Gerichtsentscheidung zeigt, dass man Anträge von Arbeitnehmern auf blockweise Reduzierung der Arbeitszeit nicht einfach als Quatsch abtun darf, sondern ernst nehmen muss. Der hier betroffene Arbeitgeber hätte in Reaktion auf den Teilzeitantrag umgehend intern und extern nach einer Ersatzkraft für den Mitarbeiter in den Monaten Mai bis Oktober suchen müssen. Wegen der ungewöhnlichen Arbeitszeitverteilung hätte sich vermutlich kein (geeigneter) Kandidat gefunden. In diesem Fall hätte der Arbeitgeber den Teilzeitantrag wegen Fehlens einer Ersatzkraft ablehnen können.
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