Vorsicht Falle! Neues zum Vorbeschäftigungsverbot bei befristeten Arbeitsverträgen
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Die befristete Einstellung eines Arbeitnehmers ohne sachlichen Befristungsgrund (ein solcher wäre z.B. die Vertretung eines abwesenden Mitarbeiters oder ein vorübergehend erhöhter Arbeitskräftebedarf) ist von Gesetzes wegen nur zulässig, wenn der betreffende Arbeitnehmer in der Vergangenheit nicht schon einmal bei dem gleichen Arbeitgeber angestellt war. Wird dieses sog. "Vorbeschäftigungsverbot" nicht beachtet, entsteht automatisch ein unbefristetes Arbeitsverhältnis (vgl. § 14 Abs. 2 Satz 2 Teilzeit- und Befristungsgesetz - TzBfG).
Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hatte das Gesetz jahrelang so ausgelegt, dass nur eine Vorbeschäftigung innerhalb der letzten drei Jahre zur Unwirksamkeit der sachgrundlosen Befristung führt. Anfang des Jahres 2019 hat das BAG jedoch - einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts folgend - entschieden, dass es seine bisherige „3-Jahres-Rechtsprechung“ nicht mehr aufrechterhält und dass es auch keinen Vertrauensschutz in die bisherige Rechtsprechung gibt. Seitdem gilt: nur wenn ein früheres Arbeitsverhältnis sehr lang zurückliegt, ganz anders geartet oder nur von sehr kurzer Dauer war, kann eine befristete Anstellung ohne Sachgrund ausnahmsweise zulässig sein. Wann eine Vorbeschäftigung „sehr lange“ zurückliegt, entschied das BAG zunächst nicht. Ein Zeitraum von acht Jahren war aber jedenfalls nicht „sehr lange“ (Bundesarbeitsgericht, Urt. v. 23.01.2019, Az. 7 AZR 733/16). In späteren Fällen entschied das BAG dann, dass eine Vorbeschäftigung vor 15 Jahren nicht „sehr lange“ zurückliegt, wohl aber eine Vorbeschäftigung vor 22 Jahren (BAG, Urt. v. 17.04.2019, Az. 7 AZR 323/17 und Urt. v. 21.08.2019, Az. 7 AZR 452/17).
Wie aber kann man sich als Arbeitgeber davor schützen, unwissentlich einen Arbeitnehmer einzustellen, der vor vielen Jahren schon einmal im Unternehmen beschäftigt war? Viele Arbeitgeber verwenden dazu einen Passus in den befristeten Arbeitsverträgen, wonach der neu eingestellte Arbeitnehmer versichert, in der Vergangenheit noch niemals bei diesem Arbeitgeber beschäftigt gewesen zu sein.
Ein aktuelles Urteil zeigt jedoch, dass dieser Weg nicht rechtssicher ist.
Der Fall: Eine Arbeitnehmerin war bereits von April 1999 bis Ende Juli 2000 für 16 Monate befristet als Montagekraft für Scheinwerfer bei einem Arbeitgeber angestellt gewesen. Fünf Monate nach dem Tätigkeitsbeginn ging ihr Arbeitsverhältnis durch Betriebsübergang auf ein anderes Unternehmen über. Nach dem Befristungsablauf Mitte des Jahres 2000 schied die Arbeitnehmerin zur Kindererziehung länger aus dem Erwerbsleben aus. Im Jahr 2014 bewarb sie sich erneut für eine inhaltsgleiche Tätigkeit bei demselben Arbeitgeber. In ihrem Lebenslauf war die Vorbeschäftigung bei dem Arbeitgeber nicht aufgeführt. Im Personalbogen gab sie an, bereits in der Unternehmensgruppe des Arbeitgebers beschäftigt gewesen zu sein. Nach einer Vorbeschäftigung bei dem Arbeitgeber selbst war in dem Personalbogen nicht gefragt. In dem sodann befristet (ohne Sachgrund) geschlossenen Arbeitsvertrag, den die Arbeitnehmerin unterschrieb, hieß es:
„Sie bestätigen, bisher in keinem befristeten oder unbefristeten Arbeitsverhältnis (einschließlich Ferienbeschäftigung) zu uns gestanden zu haben“.
Auf das Arbeitsverhältnis fand ein Tarifvertrag mit verlängerten Befristungsmöglichkeiten Anwendung, weshalb es in der Folge sechs Mal bis zu einer Gesamtdauer von vier Jahren verlängert wurde. Als das ohne Sachgrund befristete Arbeitsverhältnis am 30.09.2018 auslief und nicht mehr verlängert wurde, klagte die Arbeitnehmerin gegen die Befristung mit dem Argument, sie habe wegen der Vorbeschäftigung in den Jahren 1999/2000 nicht nochmals befristet ohne Sachgrund angestellt werden können. Sie verlangte deshalb ihre unbefristete Weiterbeschäftigung. Der Arbeitgeber sah dies anders und verwies auf den Passus im Arbeitsvertrag, wonach die Arbeitnehmerin versichert hatte, noch nie zuvor in einem Arbeitsverhältnis mit dem Arbeitgeber gestanden zu haben.
Das Gericht gab der Arbeitnehmerin Recht. Die sachgrundlose Befristung war wegen der Vorbeschäftigung vor 15 Jahren unwirksam. Das frühere Arbeitsverhältnis war nicht ganz anders geartet als die nunmehrige Beschäftigungen, da die aktuelle Tätigkeit der Arbeitnehmerin nahezu deckungsgleich mit ihrer ursprünglichen Tätigkeit war. Die Vorbeschäftigung war nach Ansicht des Gerichts auch nicht von sehr kurzer Dauer, selbst wenn man nur auf den fünfmonatigen Zeitraum bis zum Betriebsübergang abstellen würde. Schließlich lag die Vorbeschäftigung bei Orientierung an den Vorgaben des BAG auch noch nicht sehr lange zurück, nämlich nicht länger als 20 Jahre.
Die Arbeitnehmerin konnte sich nach Meinung des Gerichts auch auf die Unwirksamkeit der Befristung berufen, obwohl sie unterschrieben hatte, bisher in keinem befristeten oder unbefristeten Arbeitsverhältnis mit dem Arbeitgeber gestanden zu haben. Die betreffende Klausel in dem von dem Arbeitgeber vorformulierten Arbeitsvertrag war nämlich nach Ansicht des Gerichts als sog. Tatsachenbestätigung gemäß § 309 Nr. 12 Buchst. b BGB unwirksam. Auch die Vertragsklausel führte daher nicht zur Wirksamkeit der Befristung (Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg, Urt. v. 11.03.2020, Az. 4 Sa 44/19).
Sollte sich diese Rechtsprechung durchsetzen, bleibt künftig als einziger Ausweg zum Schutz vor der Unwirksamkeit von Befristungen wegen des Vorbeschäftigungsverbots eine sorgfältige Dokumentation von Vorbeschäftigungen und die – im vorliegenden Fall fehlende – explizite Frage nach einer Vorbeschäftigung beim Vertragsarbeitgeber außerhalb von Allgemeinen Geschäftsbedingungen wie z.B. in einem Bewerber-Fragebogen.
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