Recht im Zusammenhang mit dem Coronavirus

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Gesetzes zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht

Die mit der COVID-19-Pandemie notwendig gewordenen Maßnahmen zur Eindämmung haben drastische Auswirkungen auf Unternehmen und Bürger, insbesondere auf die wirtschaftlichen und finanziellen Grundlagen.

Nachdem die Fraktionen der CDU/CSU und SPD am 24.03.2020 zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie einen Gesetzesentwurf im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht vorgelegt haben (Deutscher Bundestag, Drucksache 19/18110), wurde dieser dann durch den Bundestag am 25.03.2020 ohne Änderungen angenommen.

I. Welche Probleme bestehen und welche Ziele verfolgt das Gesetz?

1. Probleme im Zivilrecht:

Miete, Darlehen, Grundversorgung für Verbraucher und Kleinstunternehmen

Im Bereich des Zivilrechts geht es um das Problem der Erfüllung vertraglicher Ansprüche aus Dauerschuldverhältnisses, also weiterlaufender Verbindlichkeiten. Das neue Gesetz zur Abmilderung der Folgen von COVID-19-Pandemie soll verhindern, dass Bürger und Kleinstunternehmen von der Grundversorgung auf Grund von Zahlungsunfähigkeit durch die Auswirkungen der Maßnahmen der COVID-19-Pandemie abgeschnitten werden, ihre Wohnungen oder Gewerberäume verlieren oder Darlehensverträge gekündigt und Sicherheiten verwertet werden.

2. Probleme im Insolvenzrecht

Das Insolvenzrecht sieht eigentlich vor, dass nicht nur Gläubiger einen Insolvenzantrag stellen können, sondern dass auch Unternehmen, Gesellschaften und Vereine selbst verpflichtet sind, bei Insolvenzreife einen Antrag zu stellen. Diese Pflicht ist straf- und haftungsbewehrt. Zudem besteht ein Zahlungsverbot und es könnten bei Nichteinhaltung erhaltene Zahlungen und Leistungen in einem späteren Insolvenzverfahren von Vertragspartnern zurückgefordert werden. Ein weiteres Problem ist der Erhalt von Sanierungskrediten, da auf Grund der Auswirkungen der Covid-19-Pandemie keine verlässlichen Prognosen erstellt werden können. Das Gesetz zur Abmilderung der Folgen von COVID-19-Pandemie enthält Regelungen, um die Fortführung von Unternehmen zu ermöglichen bzw. zu erleichtern.

3. Probleme im Gesellschaft-, Genossenschafts-, Vereins-, Stiftungs- und Wohnungseigentumsrecht

Für verschiedene Rechtsformen gibt es bestimmte rechtliche Vorgaben z.B. zur Beschlussfähigkeit, Einberufung von ordentlichen und derzeit z.T. existenziell notwendigen außerordentlich einzuberufenden Versammlungen, welche durch die Maßnahmen zur Eindämmung der Covid-19-Pandemie nicht umsetzbar sind. Hier beinhaltet das Gesetz zur Abmilderung der Folgen von COVID-19-Pandemie zahlreiche Erleichterungen, um die Handlungsfähigkeiten der einzelnen Rechtsformen trotz der Einschränkungen durch die COVID-19-Pandemie zu erhalten.

4. Probleme im Strafverfahrensrecht

Die Auswirkungen der Covid-19-Pandemie treffen auch die Gerichte und Staatsanwaltschaften. Auf Grund von gesetzlich vorgeschriebenen Fristen, die deshalb nicht einzuhalten sind, könnte es zu diversen Aussetzungen und vollständigen Neuverhandlungen von Prozessen kommen. Das neue Gesetz zur Abmilderung der Folgen von COVID-19-Pandemie soll dies verhindern.

II. Welche Lösungen sieht die Gesetzesänderung vor?

Zur Abmilderung der Auswirkungen der Maßnahmen zur Eindämmung der COVID-19-Pandemie sieht das neue Gesetz folgende befristete Regelungen vor:

1. Lösungen im Zivilrecht

(Miete, Darlehen, Grundversorgung für Verbraucher und Kleinstunternehmen)

Mieter sollen auf Grund von durch die Covid-19-Pandemie verursachten Mietschulden aus dem Zeitraum 01.04.2020 bis 30.06.2020 nicht gekündigt werden können. Die Pflicht zur Zahlung der Miete entfällt hierdurch nicht! Entsprechendes gilt für Pachtverhältnisse.

Sofern die Leistungserbringung/Zahlung auf Grund der Auswirkungen der COVID-19-Pandemie nicht ohne Gefährdung des angemessenen Lebensunterhalts für sich oder seine unterhaltsberechtigten Angehörigen bzw. der wirtschaftlichen Grundlagen des Erwerbsbetriebes zu erbringen wäre, haben Verbraucher und Kleinstunternehmer bis zum 30.06.2020 ein Leistungsverweigerungsrecht betreffend Dauerschuldverhältnisse die vor dem 08.03.2020 geschlossen wurden und für die Grundversorgung, also die Daseinsvorsorge bzw. die Fortsetzung des Erwerbsbetriebes wie z.B. Strom, Gas, Telekommunikation, erforderlich sind;

auch können sodann bei Verbraucherdarlehensverträge, die vor dem 15.03.2020 geschlossen wurden, die zwischen dem 01.04.2020 und 30.06.2020 fälligen Zins- und Tilgungsleistungen ab Eintritt der Fälligkeit für 3 Monate gestundet werden. In dem Zeitraum einer solchen Stundung kann der Darlehensgeber den Vertrag nicht kündigen. Für den Zeitraum nach dem 30.06.2020 sollen durch Gespräche über die Möglichkeiten, einvernehmliche Regelungen getroffen werden.

Das Leistungsverweigerungsrecht bzw. die Möglichkeit der Stundung des Darlehens besteht allerdings nicht, sofern dieses für den Gläubiger oder Darlehensgeber selbst zu einer Gefährdung des angemessenen Lebensunterhalts für sich oder seine unterhaltsberechtigten Angehörigen bzw. der wirtschaftlichen Grundlage seines Erwerbsbetriebes führen würde.

Das Gesetz zur Abmilderung der Folgen von COVID-19-Pandemie sieht hier zunächst eine Befristung bis zum 30.06.2020 vor, diese kann jedoch – soweit erforderlich - durch die Bundesregierung bis zum 30.09.2020 verlängert werden. Weiterhin soll die Bundesregierung ermächtigt werden, die Regelungen betreffend Verbraucherdarlehensverträge auch auf Kleinstunternehmen sowie kleinere und mittlere Unternehmen durch Rechtsverordnung auszuweiten.

2. Lösungen im Insolvenzrecht

Im Bereich des Insolvenzrechts werden – soweit die drohende Insolvenz auf den Auswirkungen der Maßnahmen zur Eindämmung der COVID-19-Pandemie beruht - die Insolvenzantragspflicht und Zahlungsverbote bis zum 30.09.2020 ausgesetzt und für einen Zeitraum von 3 Monaten ebenfalls das Gläubigerantragsrecht. Zahlungen, Leistungen und Sicherheiten aus diesem Zeitraum sind in einem späteren Insolvenzverfahren nicht anfechtbar. Durch die Einschränkungen von den Haftungs- und Anfechtungsrisiken soll der Abbruch von Geschäftsverbindungen vermieden und die Möglichkeit für Sanierungskredite eröffnet bzw. genügend Zeit für die Inanspruchnahme von staatlichen Hilfen gegeben werden.

Weiterhin soll das Bundesministerium der Justiz und Verbraucherschutz ermächtigt werden, durch Rechtsverordnung die Befristung zu verlängern, jedoch höchstens bis zum 31.03.2021.

3. Lösungen im Gesellschafts-, Genossenschafts-, Vereins-, Stiftungs- und Wohnungseigentumsrecht

In Artikel 2 des Gesetzes zur Abmilderung der Folgen von COVID-19-Pandemie sind verschiedene Maßnahmen zur Bekämpfung der Auswirkungen der COVID-19-Pandemie für den Erhalt der Handlungs- und Beschlussfähigkeit der einzelnen Rechtsformen ausgearbeitet worden. So können Versammlungen z.B. ohne einer physischen Präsenz über Telekommunikationsmöglichkeiten abgehalten werden und Beschlüsse können durch Abgabe schriftlicher Stimmen gefasst werden. Organe bleiben auch über ihre eigentliche Amtszeit hinaus im Amt bis zur Abbestellung oder bis zur Bestellung eines Nachfolgers.

Das Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz soll diese Änderungen falls notwendig durch Rechtsverordnung verlängern können, jedoch längstens bis zum 31.12.2021.

4. Lösungen im Strafverfahrensrecht

Damit es durch die Auswirkungen der Covid-19-Pandemie nicht zu Aussetzungen und Neuverhandlungen von Strafprozessen kommt, wird im Gesetz zur Abmilderung der Folgen von COVID-19-Pandemie ein weiterer Hemmungstatbestand für Unterbrechungsfristen geschaffen, welcher alle Gründe erfasst, die einer Durchführung der Verhandlung auf Grund von Infektionsschutzmaßnahmen entgegenstehen. Dieser verlängert sowohl die Fristen für die bisher geltenden Unterbrechungen von Hauptverhandlungen als auch die der Urteilsverkündungen.

III. Fazit

Sofern die Zahlungsunfähigkeit bzw. wirtschaftlich schwierige Lage auf Grund der Maßnahmen zur Eindämmung der COVID-19-Pandemie entstanden ist, was ggf. jedoch nachgewiesen werden muss,

  • besteht für Verbraucher und Kleinstunternehmen befristet ein weitreichender Kündigungsschutz, Stundungsmöglichkeiten sowie Leistungsverweigerungsrechte,
  • für Unternehmen, Gesellschaften, Vereine, u.a. werden zur Erleichterung des Fortbestehens das Insolvenzrecht sowie diverse formelle Handlungsvorschriften gelockert bzw. ausgesetzt.

Weiterhin werden zur Vermeidung von Nachteilen durch die Auswirkungen der Covid-19-Pandemie in der Strafgerichtsbarkeit Fristen verlängert.



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