Fallstricke eines Klageverfahren gegen die (teilweise) Ablehnung der Überbrückungshilfe (ÜBH) IV

  • 5 Minuten Lesezeit

Ein Beitrag von Rechtsanwältin und Steuerberaterin Elisa Roggendorff (roggendorff@lfr-law.de)


Aufgrund der im März 2020 ausgebrochenen Corona-Pandemie und der Maßnahmen zur Eindämmung dieser, waren im gesamten Bundesgebiet Wirtschaftsteilnehmer in ihrer Existenz bedroht; Staatliche Hilfsprogramme sollten die wirtschaftlichen Folgen der Pandemiebekämpfung - schnell und unbürokratisch- abmildern. Ab Juni 2020 wurde an betroffene Unternehmen Überbrückungshilfe gewährt.

Überbrückungshilfen dienten dazu, von der Corona-Krise besonders betroffenen Unternehmern und Soloselbstständige eine weitere Liquiditätshilfe durch Erstattung von Fixkosten zukommen zu lassen. Anders als bei den Soforthilfen der ersten Krisenmonate müssen Unternehmer und Selbstständige bei Antragstellung durch den prüfenden Dritten auf Corona-Überbrückungshilfen nachweisen, dass der Umsatzrückgang signifikant und coronabedingt war. Bestimmte Fixkosten wurden abhängig davon erstattet. 

Wurde bei den bisherigen Überbrückungshilfen überwiegend über die Höhe und die Angemessenheit der Fixkosten gestritten, steht nun erstmals die „Coronabedingtheit der Umsatzrückgänge“ im Vordergrund der verwaltungsrechtlichen Streitigkeiten. Das ist für viele Betroffenen auch deshalb überraschend, da in den übrigen Förderperioden – unabhängig von Schließungsanordnungen- die Coronabedingtheit der Umsatzeinbrüche nicht zur Diskussion stand. Viele Unternehmer, die fest auf die Bewilligung vertraut hatten, haben nun für April- Juni eine Teilablehnung der Gewährung der Überbrückungshilfe erhalten. Insbesondere in den Bundesländern, in denen keine Widerspruchsverfahren durchgeführt werden kann, verbleibt nur ein Monat zur Erhebung einer Klage. Wir verschaffen einen kurzen Überblick über die Fallstricke einer Klage:


1. Was ist die statthafte Klageart?

Wird ein solcher Antrag auf Überbrückungshilfe abgelehnt, so kann Klage in Form von einer Versagungsgenklage, § 42 Abs. 1 Halbs. 2 Alt. 1 § VwGO beim örtlich zuständigen Verwaltungsgericht eingereicht werden. Jedoch ist das Klageverfahren auf Überbrückungshilfen mit mehreren Problemen behaftet, die den Erfolg einer solchen Klage erschweren.


2. Begründen die FAQ unmittelbar Rechte und Pflichten?

Förderrichtlinien, wie es die Überbrückungshilfen sind, begründen als ermessenslenkende Verwaltungsvorschriften nicht wie Gesetze und Rechtsverordnungen unmittelbar Rechte und Pflichten, sondern entfalten erst durch ihre Anwendung Außenwirkung[1]. Bei den Überbrückungshilfen handelt es sich also um eine Billigkeitsleistung nach Art. 53 BayHO, die ohne Rechtsanspruch im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel gewährt wird[2].


3. Wie viel Entscheidungskompetenz hat das Gericht?

Das Gericht ist somit grundsätzlich an den Zuwendungszweck gebunden, wie ihn der Zuwendungsgeber versteht[3]. Dieser entscheidet über die Zuwendung auf der Grundlage der einschlägigen Förderrichtlinie und der allgemeinen haushaltsrechtlichen Bestimmungen im billigen pflichtgemäßen Ermessen und im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel[4]. Für die gerichtliche Prüfung einer Förderung ist deshalb entscheidend, wie die Behörde des zuständigen Rechtsträgers die Verwaltungsvorschrift im maßgeblichen Zeitpunkt in ständiger Praxis gehandhabt hat und in welchem Umfang sie infolgedessen durch den Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) gebunden ist.[5] Außerdem kann das Gericht die Entscheidung der Behörde auf Ermessensfehler gem. § 144 VwGO prüfen[6].


4. Darf die Bewilligungsbehörde die in den FAQ benannten Voraussetzungen nachträglich anders interpretieren?

Zuwendungsrechtlich kommt es nicht auf eine Auslegung der streitgegenständlichen Zuwendungsrichtlinie in grammatikalischer, systematischer oder teleologischer Hinsicht an oder, welche Bedeutung die in der Richtlinie verwendeten Begriffe im Verständnis der Klägerseite oder im allgemeinen Sprachgebrauch üblicherweise haben, sondern allein dem Verständnis und der ständigen Verwaltungspraxis der Behörde entspricht[7]. Dies scheint jedoch vor allem dann für den Kläger kritisch zu werten sein, wenn der Beklagte sich für die Ablehnung der Gewährung von Überbrückungshilfen ohne Weiteres auf seine gängige Verwaltungspraxis bezieht. Aus Klägersicht und im Einklang mit Art. 25 Abs. 1 BayVwVfG scheint diese Entscheidung mangels Erklärung und Transparenz seitens der Behörde willkürlich zu sein. Ein Verstoß gegen Art. 25 Abs. 1 BayVwVfG liegt jedoch nicht vor, da der Kläger die Darlegungslast trifft und ein effektiv und zügig durchgeführtes Massenverfahren wie den Corona-Überbrückungshilfen gewährleistet werden soll[8].


5. Besteht ein Anspruch auf Gewährung der Subvention?

Ein Anspruch auf Förderung besteht danach über den Grundsatz der Selbstbindung der Verwaltung und den Gleichheitssatz dann, wenn die in den Richtlinien dargelegten Fördervoraussetzungen vorliegen und vergleichbare Anträge in ständiger Förderpraxis der Behörde gewährt worden sind[9]. Auch das ist für den Kläger nicht immer leicht, da dieser nicht unbedingt einen vergleichbaren Antrag ausfindig machen kann bzw. andere Unternehmer aus Sorge vor Rückforderungsbescheide nicht als Zeugen bereitstehen.


6. Auf welchen Zeitpunkt ist abzustellen, auf den Schluss der mündlichen Verhandlung oder auf den Erlass des Bescheids?

Der maßgebliche Zeitpunkt für die Bewertung der Voraussetzungen der Gewährung der Überbrückungshilfe ist nicht der Zeitpunkt der Antragstellung und auch nicht der Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts maßgebend sondern der Zeitpunkt des Erlasses des streitgegenständlichen Bescheides (vgl. VGH München, B. v. 18.5.2022 -6 ZB 20.438 – juris m. w. N.), sodass -abgesehen von vertiefenden Erläuterungen – ein neuer Tatsachenvortrag oder die Vorlage neuer Unterlagen im Klageverfahren grundsätzlich irrelevant sind (vgl. VG Weimar, U. v. 17.9.2020 -8 K 609/20 – Rn. 26; VG München, B. v. 25.6.2020 – M 31 K 20.2261 – Rn. 19). Auch der Fakt, dass nichts mehr nachgereicht werden kann, ist für den Kläger unvorteilhaft, da er so nicht mehr beweisen kann einen Anspruch auf die Überbrückungshilfe zu haben.


Die dargestellten Aspekte erschweren ein Vorgehen gegen den ablehnenden Bescheid. Viele Betroffene fragen sich zurecht, ob es überhaupt Aussicht auf Erfolg geben kann. Bei Prüfung der Erfolgsaussichten ist grundsätzlich folgendes zu beachten:

  • Prüfen Sie genau, welche Argumente der prüfende Dritte im Rahmen der Beantwortung der Rückfragen vorgebracht hat. Bitten Sie ihn den Schriftverkehr nochmals an Sie zu übersenden, soweit dies bisher nicht erfolgt ist
  • Sprechen Sie mit Ihrer Rechtsschutzversicherung. Einige wenige übernehmen Verwaltungsgerichtsverfahren im Zusammenhang mit Subventionen
  • Lassen sich Belege / Zeugen finden, dass das Unternehmen von Schließungsanordnungen betroffen war?
  • Sprechen Sie befreundete Mitbewerber an oder möglicherweise Kunden oder Lieferanten an, ob bei Ihnen der Umsatzrückgang als coronabedingt anerkannt wurde und sie ÜBH IV vollständig erhalten haben.


Beachten Sie unbedingt:

  • Klagefrist von einem Monat ab Bekanntgabe
  • In Bayern kann kein Widerspruchsverfahren durchgeführt werden
  • Im Rahmen der Klageerhebung entstehen Gerichtskosten und Anwaltskosten, selbst wenn die Klage zurückgenommen wird


LFR Wirtschaftsanwälte sind Ihr Partner.


Als qualifizierte Fachanwälte und Steuerberater vertreten wir Sie in allen verwaltungsrechtlichen, steuerrechtlichen und strafrechtlichen Fragen im Zusammenhang mit Soforthilfen und Überbrückungshilfen.

https://lfr-law.de/rain-elisa-roggendorff/

[1] VG Würzburg, Urteil v. 14.11.2022 – W 8 K 22.95.

[2] VG Würzburg, Urteil v. 14.11.2022 – W 8 K 22.95; VG Würzburg, Urteil v. 24.10.2022 – W 8 K 21.1389.

[3] VG Würzburg, Urteil v. 14.11.2022 – W 8 K 22.95.

[4] VG Würzburg, Urteil v. 14.11.2022 – W 8 K 22.95; VG Würzburg, Urteil v. 24.10.2022 – W 8 K 21.1389.

[5] VG Würzburg, Urteil v. 14.11.2022 – W 8 K 22.95.

[6] VG Würzburg, Urteil v. 14.11.2022 – W 8 K 22.95.

[7] VG Würzburg, Urteil v. 14.11.2022 – W 8 K 22.95; VG Würzburg, Urteil v. 24.10.2022 – W 8 K 21.1389.

[8] VG Würzburg, Urteil v. 14.11.2022 – W 8 K 22.95.

[9] VG Würzburg, Urteil v. 14.11.2022 – W 8 K 22.95; VG Würzburg, Urteil v. 24.10.2022 – W 8 K 21.1389.


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwältin Steuerberaterin Elisa Roggendorff

Beiträge zum Thema

Ihre Spezialisten