Rechtsmissbrauch OLG Hamm I-4 U 217/09 (Dürr, vertreten durch Weiß&Partner)

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Das OLG Hamm hat mit Urteil vom 2.3.2010 (I-4 U 217/09) (LG Hagen) rechtskräftig entschieden, dass die zahlreichen Abmahnungen der unter BAG´s and more firmierenden Händlerin aus Bad Wildungen im Zeitraum von Oktober 2008–Februar 2009 rechtsmissbräuchlich im Sinne des § 8 IV UWG sind. Vertreten wurde sie von den Anwälten Weiß & Partner (ratgeberrecht.eu), durch RA Frank Weiß und RA Alexander Bräuer. Im Nachgang dieser Entscheidung hat die Abmahnerin ihren Anwälten unverzüglich das Mandat entzogen und auch selbst den Rechtsmissbrauch eingeräumt. Zudem haben die Abmahnerin und ihr ehemaliger Mitarbeiter die sie ehemals vertretende Kanzlei schwer belastet. Nach dem Vortrag der Abmahnerin wusste die beauftragte Kanzlei von vornherein, dass sie rechtsmissbräuchlich vorging. Besonders pikant ist an dem Vorgang, dass die Anwälte der Abmahnerin eine der Kanzleien mit dem größten Abmahnblog bzw. „Abmahnwarner" im Internet sind und sich in ihrer Selbstdarstellung wie folgt positionieren:

Die Verteidigung gegen Abmahnungen und unberechtigten Forderungen aus Internetgeschäften gehört zum Kerngeschäft der Kanzlei Weiß & Partner. Um vor allem in Bezug auf Massenabmahnungen und sogenannte „Vielfachabmahner" derartige u. U. rechtsmissbräuchliche Abmahnungen besser erkennen und hiergegen fachgerecht vorgehen zu können, sind wir auf die Mithilfe der Internet- und Händlercommunity angewiesen... Sie dient lediglich dazu ... eine Einschätzung über die Versendung von Massenabmahnungen und die damit einhergehende Frage der Rechtsmissbräuchlichkeit zu ermöglichen."

Mit Blick auf die Erklärungen der Abmahnerin und deren Mitarbeiter sind inzwischen sämtliche gerichtlichen Titel und Unterlassungserklärungen, die im Namen der Abmahnerin erwirkt wurden, nichtig und können somit nicht mehr gegen die Abgemahnten verwendet werden. Im Ergebnis stellte sich deshalb nur noch die Frage nach den Kosten, die aufgrund dieses Vorgangs entstanden sind. Aufgrund der zahlreichen Indizien, die die alten Anwälte der Abmahnerin schwer belasten, hatten zahlreiche Geschädigte nicht nur die Abmahnerin, sondern vor allem auch deren Anwälte auf Schadensersatz verklagt, weil die Abmahnerin den Gesamtschaden nie ausgleichen konnte. 

Grundsätzlich schien die Sache für die Abgemahnten durchaus aussichtsreich, weil der ganze Vorgang einfach zu viele Auffälligkeiten hatte. Wir konnten seinerzeit beweisen, dass Weiß & Partner verschiedentlich falschen Vortrag gehalten hatten, insbesondere zu den bei der Abmahnerin angeblich entstandenen Kosten. Dass hier etwas "hinten und vorne nicht stimmte", wurde in Einzelfällen besonder deutlich, so z. B. in dem Fall des Abgemahnten, der auch das Rechtsmissbrauchsurteil vor dem OLG Hamm erwirkte. Er wurde Anfang November 2008 erstmals abgemahnt, hierzu erging eine erste einstweilige Verfügung. Am 05.12.2009 erhielten die Anwälte der Abmahnerin von ihr eine E-Mail, mit der sie zu einer weiteren Abmahnung des bereits Abgemahnten beauftragt wurden, nämlich des Verstoßes, der Gegenstand des einstweiligen Verfügungsverfahrens vor dem OLG Hamm war. Diese Abmahnung wurde zunächst zurückgehalten. Eine inhaltlich identische Abmahnaufforderung ging den Anwälten der Abgemahnten sodann noch am 29.12.2008 und am 21.01.2009, auch jeweils per E-Mail, zu. Tatsächlich wurde die Abmahnung dann am 28.01.2009 ausgesprochen. Erst am 16.02.2009 wurde dann die einstweilige Verfügung vor dem LG Hagen beantragt. Hierbei muss man wissen, dass diese einstweilige Verfügung nur unter der Voraussetzung erlassen werden durfte, dass die Sache noch dringlich ist. In diesem Zusammenhang spricht man vom sogenannten Verfügungsgrund. Ein solcher wäre hier nur dann anzunehmen gewesen, wenn zwischen der Kenntnis des Verstoßes und dem Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung nicht mehr als ein Monat verstrichen wäre. Selbst soweit dies bei einigen Gerichten anders gehandhabt wird, kommt es hier nicht darauf an, denn der Verstoß war der Abmahnerin und ihren Anwälten bereits seit 2 ½ Monaten bekannt und vor allem hieß es im Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung seitens der Anwälte:

„Unverzüglich nach Kenntnis von den Rechtsverletzungen ließ die Antragstellerin mit Anwaltsschreiben vom 28.01.2009 die Antragsgegnerin ...abmahnen."

und wenig später: 

„Der Verfügungsgrund ist unproblematisch, da der Antragstellerin die Verletzungen erst seit wenigen Tagen vor der Abmahnung bekannt sind."

Diese Ausführungen sind objektiv falsch. Die Anwälte der Abmahnerin wussten dies auch, denn die entsprechenden Abmahnaufträge waren dem Partner und Namensgeber der Kanzlei persönlich übersendet worden. Dennoch täuschte dieser Partner das Gericht bei der Beantragung der einstweiligen Verfügung in der bezeichneten Weise, um den gerichtlichen Titel gegen den Abgemahnten zu erwirken. Im Zuge der Verhandlung über den Widerspruch zur einstweiligen Verfügung gegen den Abgemahnten trugen wir in der mündlichen Verhandlung auch vor, dass die einstweilige Verfügung anzunehmender Weise nicht mehr dringlich gewesen sei, es fehlte uns jedoch der Beweis. Dem widersprachen die Anwälte der Abmahnerin vehement. Auch im Berufungsverfahren wurde dieser Verdacht schriftsätzlich vorgetragen (dass OLG Hamm weist darauf auch in seinem Urteil hin), dennoch erfolgte keine Richtigstellung durch die Anwälte der Abmahnerin. Offenkundig gingen diese davon aus, dass es schon nicht herauskommen würde.

Die Ironie des Vorgangs ist, dass die Anwälte Frank Weiß und Alexander Bräuer der Abmahnerin selbst die entscheidenden E-Mails im Schadensersatzverfahren des Abgemahnten gegen sie selbst vorgelegt haben, um zu dokumentieren, dass ihnen nichts vorzuwerfen sei. Dabei hatten sie offenbar „nur" übersehen, dass hierdurch zwar in der Tat eine Beauftragung aus dem Lager der Abmahnerin deutlich wurde, sich aber an anderer Stelle ein Problem ergeben könnte, nämlich in Bezug auf die Wahrhaftigkeit ihres eigenen Vortrags für den Rechtsmissbrauch ihrer Mandantin...

Letztlich haben Abgemahnte ihre Schadensersatzklagen verloren, kamen Weiß&Partner abgesehen von einem Imageschaden noch ohne eigene haftungsrechtliche Konsequenzen davon. Aber heutzutage sind Gerichte fraglos kritischer geworden. Sollte ihnen also etwas Vergleichbares passieren, lohnt es sich, solche Fälle sorgfältig zu prüfen. 

Das, was das OLG Hamm mit Urteil vom 02.03.2010, I-4 U 217/09, entschied, gab selbstverständlich nur einen Bruchteil dessen wieder, was dann noch bekannt wurde, einige Auszüge aus dem Urteil:

Aus den Gründen

Die Berufung ist begründet, weil der Ast. der geltend gemachte Anspruch auf Unterlassung nicht zusteht. Dieser fehlt wegen rechtsmissbräuchlichen Verhaltens schon die Antragsbefugnis. ...

1. Von einem Missbrauch i. S. d. § 8 Abs. 4 UWG ist auszugehen, wenn das beherrschende Motiv des Gläubigers bei der Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs sachfremde Ziele sind. Als typischen Beispielsfall eines sachfremden Motivs nennt das Gesetz das Gebührenerzielungsinteresse. ...

2. Die Ast. ist Mitbewerberin des Ag. ... 

...Das gilt insb. dann, ... wenn die Abmahntätigkeit so umfangreich ist, dass sie in keinem vernünftigen Verhältnis zu der gewerblichen Tätigkeit des Abmahnenden mehr steht. 

3. Legt man dies im vorliegenden Fall zu Grunde, ist davon auszugehen, dass das maßgebliche Motiv der Ast. bei der Rechtsverfolgung des Ag. das Gebührenerzielungsinteresse war. Die Ast. hat im Rahmen einer regelrechten Abmahnwelle in der Zeit von Mitte Oktober 2008 bis Mitte Februar 2009 etwa 60 Abmahnungen ausgesprochen, die der Ag. in verschiedenen Listen erfasst hat. Sie hat die während dieser Zeit abgemahnten Mitbewerber auch gerichtlich auf Unterlassung und auf Zahlung von Vertragsstrafen in Anspruch genommen. Abmahnungen vor dieser Zeit sind nicht vorgetragen oder bekannt geworden; Abmahnungen nach dieser Zeit gab es nur noch vereinzelt. Das Vorliegen einer solchen Abmahnwelle allein reicht zwar aus den o. g. Gründen für sich noch nicht aus für die Annahme eines Rechtsmissbrauchs.

...

4. Als zusätzlicher Umstand, der neben der Vielzahl und auffälligen Häufung der Abmahnungen für einen Rechtsmissbrauch spricht, ist zunächst das wirtschaftlich wenig vernünftige Verhältnis zwischen dem Umsatz der Ast. und dem sich als Folge der Abmahnwelle ergebenden und vom Ag. aufgelisteten Kostenrisiko zu sehen. Die Ast. übt zwar nach ihrem Vorbringen verschiedene Geschäftstätigkeiten aus; entscheidend ankommen kann es allerdings nur auf den Verkauf von Taschen, Rucksäcken und Reisegepäck online, weil sie nur insoweit in Konkurrenz zum Ag. tritt. Die Kostenrisiken der aufgelisteten Abmahnungen sind hoch und werden durch die Kosten von Rechtsstreiten auch als Folge von „Gegenabmahnungen" der zuvor Abgemahnten, zu denen es hier auch schon vor der hier streitgegenständlichen Abmahnung des Ag. am 28.1.2009 vermehrt gekommen ist, schwer überschaubar. Gerade wenn wegen der Häufung der Abmahnungen der Einwand des Rechtsmissbrauchs erhoben wird, kann dieser auch in Fällen zum Erfolg führen, in denen der mit der Abmahnung geltend gemachte Anspruch an sich sachlich gerechtfertigt ist. Das Kostenrisiko belastet die Ast. vor allem auch vor dem Hintergrund, dass sie von ihren Prozessbevollmächtigten in keinem Falle von den Rechtsverfolgungskosten freigestellt wird. Der Ag. hat zum Umsatz der Ast. über die Handelsplattform eBay zur entscheidenden Zeit der Abmahnwelle vorgetragen und insoweit auch einen Umsatz i. H. v. € 38.539,- für die Zeit der etwa drei Monate ... genannt. Denen ist die Ast. in ihrem Vortrag jedenfalls nicht mit anderen Zahlen in Bezug auf den Zeitraum Oktober 2008 bis Januar 2009 entgegengetreten. Lediglich in der eidesstattlichen Versicherung v. 5.3.2009 hat die Ast. für Dezember 2008 einen Umsatz von mehr als € 16.000,-, für Januar 2009 von mehr als € 15.000,- angegeben. Sie hat dann zu den Umsatzzahlen von Februar 2009 (mehr als € 23.000,-) und den Folgemonaten Stellung genommen und pauschal einen Jahresumsatz v. € 400.000,- genannt, ohne dabei Einzelheiten zu erwähnen oder Belege beizubringen. Dieser Umsatz lässt sich mit ihrer eigenen Erklärung, dass nur in umsatzstarken Monaten ein Umsatz v. € 35.000,- pro Monat erzielt werde, nicht in Übereinstimmung bringen.

...

5. Es kommt aber noch hinzu, dass die Art und Weise der Verfolgung gleichfalls für ein Gebühreninteresse spricht. ... Dies gilt umso mehr, wenn in den vorformulierten Unterlassungserklärungen erhebliche Vertragsstrafen für jeden Fall der Zuwiderhandlung versprochen werden und der Internetauftritt – wie im Fall L. geschehen – alsbald nach Abgabe der Unterlassungserklärung kontrolliert wird. ...

Die Ast. hat auch bei der Geltendmachung der Anwaltskosten unterschiedliche Streitwerte angesetzt. Im Fall L. hat die Ast. ihrer Kostenerstattungsforderung zudem zunächst einen völlig überhöhten Streitwert v. € 55.000,- zu Grunde gelegt. Dabei soll es sich um einen Schreibfehler gehandelt haben. ...

Auffällig ist aber in jedem Fall auch die Höhe der in Rechnung gestellten Gebühr. Nach st. Rspr. des Senats ist eine 1,3-fache Gebühr für solche Abmahnungen angemessen (vgl. Köhler/Bornkamm, a.a.O., § 12 Rdnr. 1.94). Nur eine solche Gebühr wird nach der Erfahrung des Senats auch üblicherweise in Rechnung gestellt. Eine Gebühr von 1,8, die sogar über der Mittelgebühr liegt, kann dagegen nur ausnahmsweise bei Darlegung eines besonderen Prüfungsumfangs oder einer besonderen Schwierigkeit etwa in Markenrechtsverfahren zugebilligt werden. Davon kann im vorliegenden Fall ersichtlich keine Rede sein. Die Abgemahnten werden in der Abmahnung von einer Kontaktaufnahme zu der Ast. abgehalten. Außerdem wird ihnen in der Abmahnung eine Kostennote übersandt, die sie binnen einer bestimmten Frist auszugleichen haben. Deutlicher kann man kaum machen, dass der Anwalt die Zahlung der Gebühren, die sich aus seinem Verhältnis zu seinem Mandanten ergibt, in Wirklichkeit von dem Abgemahnten erwartet. ...

Dieser Eindruck wird noch dadurch bestärkt, dass jedenfalls im Fall T. nach Durchführung des Verfügungsverfahrens und Ablehnung der Abgabe einer Abschlusserklärung kein Hauptverfahren mehr betrieben worden ist. Einen ganz auffälligen Umstand stellt es auch dar, dass die Ast. sich ganz allgemein und in dieser Form sicher zu Unrecht schon in der Abmahnung eines Schadensersatzanspruchs berühmt, da für einen konkreten Schaden der Ast. hier nichts ersichtlich ist. Gerade der Hinweis auf den Schadensersatzanspruch soll den abgemahnten Mitbewerber vielmehr weiter einschüchtern und dazu bringen, die Unterwerfungserklärung abzugeben und die Anwaltsgebühren zu zahlen. Hinzu kommt, dass ohne jede Darlegung einer Schadenswahrscheinlichkeit eine Verpflichtung zur Auskunft als sicher gegeben dargestellt und Auskunft mit dem Abmahnschreiben sogar schon gesondert verlangt wird. Das erstaunt angesichts der Tatsache, dass im Rahmen solcher Internetverstöße in den seltensten Fällen Auskunfts- und Schadenersatzansprüche geltend gemacht werden und dann gegeben sind und dass unstreitig auch hier in keinem Fall ein Auskunftsanspruch später gerichtlich geltend gemacht worden ist.

6. Hinzu kommen Auffälligkeiten aus den Parallelverfahren in Zusammenhang mit der Geltendmachung von Vertragsstrafen, nachdem sich die Risiken aus den oben schon erwähnten Haftungsfallen verwirklicht haben. In verschiedenen Fällen hat die Ast. aus einem einheitlichen Verstoß gegen eine Unterlassungsverpflichtung viele Einzelverstöße gemacht und auf diese Verstöße überhöhte Vertragsstrafenansprüche gestützt. Die sich dadurch ergebenden Beträge hat die Ast. dann aber nicht in vollem Umfang gerichtlich geltend gemacht, sondern erheblich geringere Beträge, über die sie sich dann verglichen hat mit dem Ergebnis, dass schließlich ein noch geringerer Betrag gezahlt werden musste. Es hat den Anschein, als ob die Ast. die Unterlassungsschuldner mit den hohen und im Fall W. existenzbedrohenden Vertragsstrafen einschüchtern will, um sie dann wie bei einem Rabattsystem zur freiwilligen oder vergleichsweisen Zahlung weit geringerer Beträge zu veranlassen. Das war insb. i. R. d. Klage gegen die Firma L. so. Nach einer Kontrolle am 25.10.2008 nach der Abgabe der Unterlassungserklärung am 23.10.2008 entdeckte die Ast., dass die Unterlassungsschuldnerin bei mindestens 64 Internetangeboten weiterhin über das Widerrufsrecht unvollständig belehrte.

Die Ast. berief sich als Folge davon auf einen Anspruch i. H. v. jedenfalls 64 x € 1.500,-, also von € 96.000,-, wenn nicht noch eines erheblich höheren Anspruchs, weil sie auch zwischen den drei eBay-Shops der damals Bekl. noch differenzierte. Jedenfalls ging sie von 64 fehlerhaften Widerrufsbelehrungen bei Internetangeboten und damit 64 Verstößen aus.

Diese Auffassung war unrichtig, wie der Ast. als Kl. sowohl das LG als auch der Senat bescheinigt haben, als sie schließlich eine zehnfach verwirkte Vertragsstrafe i. H. v. € 15.000,- einklagte. ... Ähnlich ging die Ast. auch im Fall W. vor. Insoweit war eine Vertragsstrafe v. € 25.000,- geltend gemacht worden und es kam zu einem Vergleich auf Zahlung v. € 6.300,-. Ggü. der S. GmbH waren geltend gemacht € 15.003,-, eingeklagt wurden € 10.002,- und zugesprochen schließlich € 5.001,-. Auch die Tatsache, dass die Ast. die im Fall W. ausgeurteilte Vertragsstrafe spenden wollte und nach Vergleichsabschluss auch den überschießenden Teilbetrag tatsächlich gespendet hat, besagt nichts Entscheidendes gegen sachfremde Motive. Denn zu dieser Besonderheit ist es erst zu einem Zeitpunkt gekommen, als die Ast. von dem intensiven Widerstand der Abgemahnten in Zusammenhang mit dem Vorwurf des Rechtsmissbrauchs Kenntnis hatte und in diesem Zusammenhang auch die geltend gemachten Vertragsstrafen erwähnt worden waren. Auch dann, wenn von Mitbewerbern überhöhte Vertragsstrafen verlangt werden, die nicht behalten, sondern gespendet werden, kann es sich um einen Fall von einem sachfremden Kostenbelastungsinteresse handeln, möglicherweise mit dem Ziel eines eigennützigen Interesses an einer Marktbereinigung. Im Fall W. hat die Ast. unstreitig sogar mit einer Zuwiderhandlung gegen die Unterlassungspflicht ggü. einem anderen Mitbewerber Handel treiben wollen ... Auch das ist selbst dann auffällig, wenn der Mitbewerber W. seinerseits besonders massiv gegen die Ast. vorgegangen ist, nachdem diese ihn abgemahnt hatte.

...

7. In dieses Gesamtbild passt auch das Verhältnis der Ast. zu ihren Anwälten. Zur Zeit der Abmahnwelle waren die Prozessbevollmächtigten jedenfalls in erster Linie für die Ast. tätig, wie man ihren Aktenzeichen aus der Aufstellung des Ag. entnehmen kann. Auch wenn für Absprachen über Kosten nichts ersichtlich ist, ist auffällig, dass die ausgesprochenen Abmahnungen nicht zeitnah der Mandantin in Rechnung gestellt werden, sondern erst nach Abschluss der jeweiligen Verfahren. Das hindert die Ast. aber nicht, den Abgemahnten i. R. d. Abmahnung Kostenrechnungen übersenden zu lassen, obwohl sie nur ihren Aufwendungsersatzanspruch geltend machen kann. Sie begehrt quasi vorab die Erstattung von Gebührenforderungen, die noch nicht fällig sind. So wie die Prozessbevollmächtigten nach Versendung des Abmahnschreibens ggü. den Abgemahnten abrechnen konnten, hätten sie es auch ggü. der Ast. tun können. Diese wird allerdings mit den Kosten noch nicht einmal im Wege einer Vorschusszahlung belastet.

.... Auffallend ist insoweit, dass die Ast. jedenfalls nicht besonders auf einen Abschluss der Verfahren drängt und deshalb auch im Hinblick auf die schwebenden Verfahren überhaupt noch nicht mit den Abmahnkosten belastet worden ist.

8. Unstreitig haben die Ast. oder ihre Anwälte aber auch verschiedentlich die Kontrolle über ihre Abmahnverfahren bereits verloren. Sie haben in den Fällen O. und A. Abmahnungen vertauscht und bei dem Verfahren gegen L. den Streitwert völlig überhöht angegeben. Bei einem Verfahren vor dem LG Lüneburg haben sie nicht mehr gewusst, einen Unterlassungsanspruch mit einem bestimmten Inhalt in einem Verfahren vor dem LG Essen anerkannt zu haben.

9. ...


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