Rechtsschutz gegen Erschließungsbeitragsbescheide und Ausbaubeitragsbescheide

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Für den erstmaligen Bau und den nachträglichen Ausbau öffentlicher Straßen erheben die Gemeinden von den Straßenanliegern Erschließungsbeiträge bzw. Ausbaubeiträge nach dem Baugesetzbuch bzw. dem Kommunalabgabengesetz. Sie haben dabei die Möglichkeit, die Kosten nicht erst nach der Fertigstellung der Straße von den Anliegern anzufordern, sondern bereits ab dem Beginn der Maßnahme sogenannte Vorausleistungen zu erheben. In den heutigen Zeiten knapper öffentlicher Kassen machen die Gemeinden in der Regel hiervon Gebrauch, um Finanzierungskosten zu vermeiden.

Gegen einen Erschließungs- oder Ausbaubeitragsbescheid ebenso wie gegen einen Vorausleistungsbescheid kann sein Adressat Widerspruch einlegen. Enthält der Bescheid eine ordnungsgemäße Rechtsbehelfsbelehrung, die angibt, innerhalb welcher Frist, in welcher Form und bei welcher Behörde dies zu geschehen hat, endet die Widerspruchsfrist einen Monat nach Erhalt des Bescheides. Ist die Belehrung hingegen unzutreffend oder fehlt sie gänzlich, beträgt die Frist ein Jahr. Legt der Adressat nicht fristgerecht gegen den Bescheid Widerspruch ein, wird dieser bestandskräftig.

Das heißt, es tritt eine Bindungswirkung ein, auch wenn der Bescheid inhaltlich falsch sein sollte. Gleiches gilt für den Fall, dass der Beitragspflichtige im Laufe des Widerspruchsverfahrens den Widerspruch zurücknimmt, etwa nach einem Hinweis der Behörde, diese habe den Widerspruch geprüft und sei zu der Auffassung gelangt, dass dieser unbegründet sei. Bevor der Anlieger in einer solchen Situation sich dazu entscheidet, den Widerspruch zurückzunehmen, ist es empfehlenswert, zunächst die Rechtmäßigkeit des Bescheides und damit die Erfolgsaussichten des Widerspruchs prüfen zu lassen. Ist der Widerspruch erst einmal zurückgenommen, ist eine spätere Überprüfung des Bescheides durch das Verwaltungsgericht ausgeschlossen.

Im Beitragsrecht führt jedoch das Einlegen des Widerspruchs nicht dazu, dass der festgesetzte Beitrag vorläufig, d.h. bis zur Entscheidung über den Widerspruch, nicht gezahlt werden müsste. Vielmehr ordnet § 80 Abs. 2 Nr. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) an, dass der Widerspruch in diesen Fällen keine aufschiebende Wirkung hat. Das bedeutet, dass der Beitrag innerhalb der in dem Bescheid gesetzten Frist zu entrichten ist und die Gemeinde anderenfalls Vollstreckungsmaßnahmen einleiten kann. Da erfahrungsgemäß zwischen dem Zeitpunkt der Festsetzung einer Vorausleistung und der endgültigen Abrechnung der Baumaßnahme viele Jahre vergehen können, besteht das Interesse der Anlieger darin, nicht über einen solch langen Zeitraum teilweise erhebliche Beiträge vorzufinanzieren, die entweder schon dem Grunde nach oder in der angeforderten Höhe nicht gerechtfertigt sind.

Daher räumt § 80 Abs. 4 VwGO die Möglichkeit ein, dass die Behörde auf Antrag die Vollziehung des Bescheides aussetzen kann. Entspricht sie einem solchen Antrag nicht, kann der Widerspruchsführer bei dem Verwaltungsgericht die Anordnung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs beantragen (§ 80 Abs. 5 VwGO, um einstweilen den Beitrag nicht zahlen zu müssen. Ein solcher Antrag hat nach ständiger Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz dann Erfolg, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheides bestehen. Das Gericht nimmt in diesen Fällen nur eine überschlägige Überprüfung vor, d.h. schwierige Rechtsfragen werden in diesem Verfahren nicht geklärt, sondern bleiben dem normalen Klageverfahren vorbehalten. Umso wichtiger ist daher eine rechtlich fundierte Begründung eines entsprechenden Antrags.

Wird der Widerspruch eines Anliegers durch Widerspruchsbescheid ganz oder teilweise zurückgewiesen, kann dieser Klage zum Verwaltungsgericht erheben. Dies hat – bei ordnungsgemäßer Rechtsbehelfsbelehrung – innerhalb eines Monats nach Zustellung des Widerspruchsbescheides zu geschehen. Hat die Behörde ohne zureichenden Grund in angemessener Frist nicht über den Widerspruch entschieden, kann der Betroffene die sogenannte Untätigkeitsklage gem. § 75 VwGO erheben. In diesem Fall braucht der Erlass eines Widerspruchsbescheides nicht abgewartet zu werden, was für den Betroffenen sowohl einen Zeitgewinn als auch eine Kostenersparnis bedeutet, denn der Erlass eines Widerspruchsbescheides löst eine Verwaltungsgebühr aus. Im Regelfall wird die Untätigkeitsklage ab einer Dauer des Widerspruchsverfahrens von drei Monaten als zulässig erachtet. Diese Frist hängt jedoch stets von den Umständen des Einzelfalles ab.

Im Hinblick auf die Vielzahl von Rechtsschutzmöglichkeiten gegen Beitragsbescheide ist es empfehlenswert, bereits möglichst früh durch kompetente Beratung zu klären, welche Vorgehensweise gewählt werden soll. Dabei sollte auch geprüft werden, ob bzw. welche Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit des Beitragsbescheides bestehen. Insoweit kann sich die Rechtswidrigkeit eines Bescheides bereits aus formalen Gesichtspunkten (z.B. mangelnde Bestimmtheit) ergeben, darüber hinaus sind die von der Verwaltung angesetzten Kosten stets auf ihre Beitragsfähigkeit zu überprüfen. Ferner stellt sich die Frage, ob das Abrechnungsbiet richtig angenommen wurde, d.h. ob die Kosten auf die richtigen Anlieger umgelegt werden. Im Ausbaubeitragsrecht kommt nicht zuletzt der Höhe des Gemeindeanteils bzw. des Anliegeranteils eine rechtlich und wirtschaftlich entscheidende Bedeutung zu.

Um eine dahingehende Überprüfung des Beitragsbescheides zu ermöglichen, empfiehlt es sich, zumindest zunächst zur Fristwahrung Widerspruch einzulegen, um sonst drohende Rechtsnachteile zu vermeiden.


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