Rechtsschutzversicherungen einfach erklärt: Stichentscheid und Schiedsgutachten

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Rechtsschutzversicherungen zahlen einen großen Anteil der Streitigkeiten vor Gericht. Doch was können sie und worauf müssen Verbraucher achten? Wir erklären in einer vierteiligen Serie die aus unserer Sicht interessantesten Aspekte zum Thema Rechtsschutzversicherungen.

Stichentscheid und Schiedsgutachten – Wann haben Verbraucher ein Recht darauf und was ist vorteilhafter?

Wenn der Versicherungsfall tatsächlich eintritt, kämpfen viele Verbraucher nicht nur mit der Gegenseite, sondern zu allem Überfluss auch noch mit der eigenen Versicherung. Wenn diese nicht zahlen will, ist dies mehr als nur ein Ärgernis für Versicherungsnehmer. Im letzten Artikel wurde erklärt, in welchen Fällen Versicherer die Leistung verweigern dürfen. Nun wird erklärt, welche Möglichkeiten Versicherungsnehmer haben, sich gegen eine solche Verweigerung zur Wehr zu setzen.

Stichentscheid und Schiedsgutachten

Behauptet der Versicherer, es liege wegen Mutwilligkeit oder geringer Erfolgsaussichten kein Versicherungsfall vor, gibt es zwei vorgesehene Möglichkeiten für Verbraucher, gegen diese Meinung vorzugehen: den Stichentscheid und das Schiedsgutachten.

Beim Stichentscheid bewertet der Anwalt des Versicherungsnehmers, ob geringe Erfolgsaussichten oder Mutwilligkeit vorliegen. Seine Bewertung ist sowohl für Versicherungsnehmer als auch für den Versicherer bindend. Beim Schiedsgutachten beauftragt die Rechtsanwaltskammer am Wohnsitz des Versicherungsnehmers einen Anwalt der Kammer mit der Erstellung eines Gutachtens. Dessen Ergebnis ist für den Versicherer bindend, für den Versicherungsnehmer jedoch nicht. Dieser kann, sollte er mit dem Ergebnis nicht zufrieden sein, immer noch Deckungsklage erheben.

Verfahren meist vertraglich geregelt

Welches Verfahren angewandt wird, ist meist vertraglich geregelt. Verbraucher sollten deswegen bereits bei Vertragsschluss überlegen, welches Verfahren sie für vorteilhafter halten. Schiedsgutachten haben den Vorteil, dass Verbraucher nach der Mitteilung der Meinung des Anwaltes immer noch klagen können. Bei einem Stichentscheid besteht diese Möglichkeit nicht. Auch ist die Entscheidung dabei stärker von beiden Ansichten (z. B. durch argumentative Auseinandersetzung) geprägt als bei einem zwingenden Entscheid durch eine Person.

Verbraucher sollten also gut abwägen, welches Verfahren sie für vorteilhafter halten.

Fehlerhafte Belehrung über Rechte von Verbrauchern führt zu Deckung

Doch auch, wenn das vertraglich vorgeschriebene Verfahren zu dem Ergebnis kommt, dass kein Versicherungsfall vorliegt, können Verbraucher sich wehren.

Dazu sollten sie besondere Acht auf den Schriftverkehr mit dem Versicherer legen. Die Rechtsprechung hat wiederholt Versicherer zur Kostendeckung verurteilt, wenn diese eine fehlerhafte Verfahrensbelehrung an Versicherungsnehmer geschickt haben. Versicherer müssen, auch wenn der Versicherungsnehmer anwaltlich vertreten wird, über das Verfahren belehren. Außerdem müssen Schiedsgutachten und Stichentscheid mit einer ausreichenden Begründung erfolgen. Fehlt diese, so sind nicht bindend.

Auch der Stichentscheid selbst kann trotz seiner Bindungswirkung infrage gestellt werden. Liegen offensichtliche Abweichungen von der tatsächlichen Sach- und Rechtslage, etwa die Verkennung einer eingetretenen Verjährung, vor, so entfällt dessen Bindungswirkung. Für Verbraucher sicherlich auch interessant sind Entscheidungen des OLG Düsseldorf und des OLG Naumburg, wonach sich Kostenbescheide direkt an den Versicherer wenden und nicht an den Versicherungsnehmer.

Was sollten Verbraucher beachten?

Versicherungsnehmer sollten, falls der Versicherer nicht zahlen möchte, den Schriftverkehr genauestens überprüfen. Fehlt es an einer Belehrung oder einem Hinweis, die Kosten nicht zahlen zu wollen, so können sich Versicherungsnehmer häufig wehren.

Auch, ob sie lieber einen Stichentscheid oder ein Schiedsgutachten als Verfahren wählen, sollten sie gut überlegen. Durch die Bindungswirkung eines Stichentscheides ist das Schiedsgutachten meist für Verbraucher vorteilhafter.

Wer wir sind

Die Rechtsanwaltskanzlei Benedikt-Jansen, Dorst und Kar ist auf Bank- und Kapitalmarktrecht spezialisiert. Herr Rechtsanwalt Benedikt-Jansen ist seit 13 Jahren Vertrauensanwalt der Schutzgemeinschaft für Bankkunden e. V., einem staatlich anerkannten Verbraucherschutzverband zur Bekämpfung unredlicher Finanzdienstleister (z. B. aus dem Bankensektor, Kapitalanlagesektor, Versicherungen etc.). Die Schutzgemeinschaft für Bankkunden hat seit dem Jahr 2004 zehntausende Fälle rechtsmissbräuchlicher Vertragspraktiken (insbesondere unwirksame Vertragsklauseln) erfolgreich bekämpft. Seit 2010 ist Herr Benedikt-Jansen Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht. Er verfügt über einen außergewöhnlich umfangreichen Schatz an Erfahrungen auf dem Gebiet des bankenrechtlichen Verbraucherschutzes. Für weitere Informationen oder Fragen stehen er und sein Team Ihnen auf seiner Homepage zur Verfügung.


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