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Reiterin stürzt vom Pferd – vorbeifahrendes Auto als Unfallursache?

  • 2 Minuten Lesezeit
anwalt.de-Redaktion

Unfälle haben oft mehrere mögliche Ursachen, sodass die Entscheidung, wer für den entstandenen Schaden aufzukommen hat, nicht immer leicht ist. So musste das Oberlandesgericht (OLG) Celle nun zwischen den Gefahren abwägen, die von einem Tier bzw. einem Kraftfahrzeug ausgehen.

Schwere Verletzungen nach Sturz vom Pferd

Eine Frau war mit ihrem Pferd ausreiten, als dieses scheute und sie aus dem Sattel warf. Am Boden liegend wurde die Pferdeliebhaberin dann durch Huftritte des Pferdes schwer im Gesicht verletzt.

Nach Ansicht der Reiterin war an dem Unfall ein Autofahrer schuld, der zu schnell und zu dicht an ihr und dem Pferd vorbeigefahren sein soll. Dabei war der Weg ausdrücklich nur für den land- und forstwirtschaftlichen Verkehr freigegeben.

Kein nachweisbares Verschulden

Der Fahrer des Kfz hingegen sah keinen Zusammenhang zwischen ihm und dem Unfall. Er gab an, das Pferd und die Reiterin zwar gesehen, aber gar nicht passiert zu haben. Stattdessen sei er mit seinem Auto schon 10 bis 15 Meter vor der Unfallstelle abgebogen.

Ein konkretes Verschulden an dem Unfall konnte letztlich weder der Reiterin noch dem Autofahrer nachgewiesen werden. Allerdings ist allgemein anerkannt, dass sowohl von einem Pferd als auch von einem Automobil Gefahren ausgehen, für die grundsätzlich jeweils die Halter einzustehen haben.

Nicht umsonst darf ein Auto ohne Haftpflichtversicherung gar nicht betrieben werden. Eine Tierhalterhaftpflichtversicherung ist dagegen nicht grundsätzlich vorgeschrieben, auch wenn sie sicher empfehlenswert ist. In diesem Fall aber trafen die schweren Folgen des Unfalls ohnehin allein die reitende Pferdehalterin.

Schadenersatz und Schmerzensgeld

Die verunglückte Frau verlangte vom Fahrzeughalter bzw. dessen Kfz-Haftpflichtversicherung Schadenersatz von knapp 75.000 Euro und zusätzlich ein Schmerzensgeld von mindestens 100.000 Euro. Außerdem wollte sie vom Gericht festgestellt haben, dass ihr in gleicher Weise alle zukünftigen Schäden ersetzt werden, die noch in Zusammenhang mit dem Unfall entstehen.

Das Landgericht (LG) hatte die entsprechende Klage zunächst abgewiesen. Die Richter des OLG entschieden im Rahmen der Berufung allerdings, dass eine Haftungsquote von 50 Prozent angemessen sei.

Dabei berücksichtigten sie auf der einen Seite die Betriebsgefahr des Kfz und auf der anderen Seite die Tiergefahr des Pferdes. Für beides müssen die jeweiligen Halter bzw. deren Versicherungen verschuldensunabhängig einstehen. Das heißt, sie haften – egal ob ihnen ein eigenes Fehlverhalten nachgewiesen werden kann oder nicht.

Haftungsaufteilung auch für weitere Folgen

Das bedeutet, nach dem Urteil des OLG erhält die verunglückte Reiterin die Hälfte des ihr entstandenen Schadens ersetzt. Das gilt auch für weitere Folge- bzw. Spätschäden, die erst später eintreten, aber immer noch Folgen des Unfalls sind.

Die andere Hälfte muss sie grundsätzlich selbst bezahlen. Dabei ist allerdings auch noch zu berücksichtigen, dass wohl die Sozialversicherung, insbesondere die Krankenversicherung, einen Großteil der Kosten trägt. Wie viel sie nun tatsächlich bekommt, muss abschließend das Landgericht (LG) entscheiden.

Fazit: Pferde sind scheue Tiere. Autofahrer sollten daher stets langsam und vorsichtig fahren, wenn Pferde in der Nähe sind. Das eigentliche Risiko, verletzt zu werden, kann dem Reiter aber niemand abnehmen.

(OLG Celle, Teilurteil v. 20.01.2016, Az.: 14 U 128/13)

(ADS)

Foto(s): ©Fotolia.com

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